28. Apr. 2025Hohe Serokonversionsrate, stabile Titer

Chikungunya-Impfung: Lebendimpfstoff verfügbar, Totimpfstoff erwartet

Seit Ende März ist ein Lebendimpfstoff gegen Chikungunya in Österreich erhältlich. Die Zulassung eines Totimpfstoffes wird noch 2025 erwartet. Der Tropenmediziner und Impfexperte Univ.-Prof. Dr. Herwig Kollaritsch fasste zusammen, was von den Vakzinen zu erwarten ist und wem sie in Zukunft empfohlen werden sollen.

Nahaufnahme einer Mücke der Art Aedes aegypti, die sich von menschlichem Blut ernährt und möglicherweise Krankheiten wie
Abbildung: Bonsales/stock.adobe.com

Die Infektion mit dem Chikungunya-Virus geht mit hohem Fieber, Gelenks-, Muskel- und Kopfschmerzen sowie Hautausschlag einher.

Bei älteren Menschen und solchen mit Grunderkrankungen sowie bei Kindern sind auch schwere Verläufe möglich. Darüber hinaus können Beschwerden wie Arthralgien, Myalgien und Asthenie nach durchgemachter Infektion persistieren. «Eine große Anzahl von Patienten leidet über einen langen Zeitraum unter den Folgen dieser Krankheit», betonte Univ.-Prof. Dr. Herwig Kollaritsch, der viele Jahre am Institut für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin der MedUni Wien tätig war und nach wie vor Mitglied des Nationalen Impfgremiums ist (1). «Das sollte man in die Bewertung der Impfung miteinfließen lassen.»

Kriterien für eine gute Chikungunya-Vakzine

Was würden wir von einem guten Chikungunya-Impfstoff erwarten? Einen raschen Immunitätsaufbau, eine lang dauernde Immunität gegen alle kursierenden Varianten und eine sterilisierende Immunität, d. h. eine, welche die virämische Phase weitestgehend verhindert. Der Impfstoff muss zudem ein gutes Nebenwirkungsprofil haben, v. a. im Hinblick auf Arthritiden als postvakzinale Komplikation. Er muss billig und einfach zu lagern sein und eine lange Laufzeit haben, brachte es Prof. Kollaritsch auf den Punkt.

Der in Wien entwickelte lebend-attenuierte Einzeldosis-Impfstoff (IXCHIQ®) ist seit Juni 2024 von der EMA zugelassen und seit Kurzem in Österreich erhältlich. Für einen adjuvierten Totimpfstoff wird die Zulassung für 2025 erwartet. «Lebendimpfstoffe induzieren meist einen ausgezeichneten Schutz», erklärte Prof. Kollaritsch. Obwohl Lebendimpfstoffe heutzutage mit sehr modernen Methoden hergestellt werden, können vereinzelte Virulenzfaktoren des ursprünglichen Virus erhalten bleiben und für entsprechende Nebenwirkungen verantwortlich sein, so der Experte.

Die Sicherheitsanforderungen sind also bei Lebendimpfstoffen generell größer. Außerdem sind Lebendimpfstoffe bei stark immunsupprimierten Personen oder Graviden zumindest in der Anfangsphase nach der Zulassung nicht einsetzbar, weil noch keine Erfahrungswerte vorliegen.

Impfung wahrscheinlich langfristig wirksam

Bei dem Lebendvirus-Impfstoff wurden die wesentlichen Virulenzfaktoren eliminiert. Nach einmaliger Verabreichung fand eine sehr gute Serokonversion (fast 100 %) statt, wie Daten der Zulassungsstudie (Phase III) zeigten. Prof. Kollaritsch: «Das heißt, die Antwort auf die einmalige Impfung war ganz hervorragend und weit über dem, was die FDA als Minimum verlangt hatte.»

Im weiteren Verlauf hat man sich die neutralisierenden Antikörper über ein halbes Jahr angesehen: Am achten Tag nach der Impfung begannen die Titer zu steigen und erreichten nach vier Wochen bereits ein Maximum. Danach sanken die Titer wieder ab – wie es Prof. Kollaritsch zufolge bei jedem Impfstoff der Fall ist – und stabilisierten sich nach etwa sechs Monaten auf hohem Niveau. Dies blieb auch über die folgenden 1,5 Jahre so. Ein wichtiges Detail am Rande: Die Kurven von jüngeren (18–64 Jahre) und älteren (≥ 65) Probanden waren praktisch identisch. «Das heißt, wir haben auch eine sehr gute Immunantwort bei älteren Personen. Das ist insofern von Bedeutung, als zwei Drittel der Fernreisenden über 60 Jahre alt sind», gab Prof. Kollaritsch zu bedenken.

Und was passiert, wenn man die Geimpften nochmals impft? «Das funktioniert nicht, denn die vorhandenen Antikörper waren in der Lage, die aufgenommenen Antigene blitzartig zu neutralisieren», so der Experte. Das heißt, die Impfung muss nur einmalig gegeben werden und hält wahrscheinlich für einen sehr langen Zeitraum.

Augenmerk auf Arthralgien und Fieber

Die lokalen Nebenwirkungen entsprechen dem, was man bei einer Impfung normalerweise erwarten kann: Rötung, Schwellung, Druckschmerzhaftigkeit und Induration, meist im milden Bereich. Bei den systemischen Nebenwirkungen wurde das Augenmerk vor allem auf zwei Parameter gelenkt: Arthralgien und Fieber. «Fieber ist ein Klassiker als Nebenwirkung bei Lebendimpfstoffen, noch dazu, wenn das ursprüngliche Virus ebenfalls Fieber macht», berichtete Prof. Kollaritsch. Entsprechend sehe man einen recht deutlichen Unterschied zur Placebo-Gruppe, wenn auch das Fieber großteils im milden Bereich lag. Ähnliches gilt für die Arthralgien: «Diese sehen wir zwar etwas häufiger als Fieber, aber auch hier ist der Großteil der Fälle mild ausgeprägt und nur kurz anhaltend.»

In den USA ist der Impfstoff bereits in breiterer Verwendung. Hier zeige sich wieder einmal, wie wichtig eine entsprechende Sicherheitsüberwachung nach der Zulassung ist, betonte Prof. Kollaritsch. Denn das «Vaccine Adverse Events Reporting System» (VAERS) hat fünf Fälle von schweren kardialen und neurologischen Ereignissen nach IXCHIQ® erfasst. Einschränkend sei zu bemerken, dass es sich bei allen Fällen um Patienten über 65 mit erheblichen Grunderkrankungen gehandelt habe, so Prof. Kollaritsch. «Es ist also schwer zu beurteilen, ob es tatsächlich einen kausalen Zusammenhang gibt. Trotzdem ist es wichtig, dass wir uns das genau anschauen.»

Infektionszahlen und Vorkommen von Chikungunya

Chikungunya kommt vor allem in Südamerika (insbesondere in Brasilien), Indonesien, Indien, Pakistan und in Subsahara-Afrika vor. Allein 2024 sind über 620 000 Chikungunya-Fälle aus 23 Ländern gemeldet worden (ECDC-Report 2024), die Dunkelziffer ist wahrscheinlich enorm.

In Europa handelt es sich überwiegend um importierte Fälle, aber aufgrund der lange dauernden virämischen Phase der Erkrankung und der Verbreitung von Aedes albopictus im südeuropäischen Raum kam es in den vergangenen Jahren auch zu kleinräumigen autochthonen Epidemien, v. a. in Italien und Frankreich. Die Europäische Union hat das Problem erkannt und bereits eine entsprechende Surveillance etabliert. Österreich verzeichnet zwei bis drei Fälle pro Jahr. Postpandemisch ist die Fallzahl deutlich in die Höhe gegangen, wie anhand deutscher Daten zu sehen ist.

Totimpfstoff hat bei Nebenwirkungen Nase vorn

Der zweite Chikungunya-Impfstoff ist ein «virus like particle», also ein Totimpfstoff. Dafür verwendet man – ähnlich wie beim HPV-Impfstoff – drei Strukturproteine, stellt sie rekombinant her und bringt sie in Lösung, wo sie sich spontan zu einem Partikel zusammenfügen, der dem Chikungunya-Virus sehr ähnlich ist. Das Ganze wird noch mit Aluminiumhydroxid adjuviert und als Einzeldosis gegeben.

Die beiden Phase-III-Studien, an denen rund 3 250 Menschen zwischen 12 und 65 und rund 400 Menschen über 65 Jahre teilnahmen, sind bereits abgeschlossen, aber noch nicht publiziert. Die Daten, die Prof. Kollaritsch vorstellte, stammen vom Advisory Committee on Immunization Practices der CDC (U.S. Centers for Disease Control and Prevention).

Ähnlich wie beim Lebendimpfstoff kommt es zu einem sehr raschen Antikörperaufbau, was bei einem adjuvierten Totimpfstoff durchaus zu erwarten ist. Auch die Seroresponserate ist sehr gut. «Sie sinkt zwar über ein halbes Jahr etwas deutlicher ab, als wir es beim anderen Impfstoff gesehen haben, aber sie bleibt durchaus in einem sehr hohen Bereich», so Prof. Kollaritsch. Ähnliches gilt auch für die hohen Antikörpertiter, die ebenfalls dazu tendieren, innerhalb eines halben Jahres abzufallen. Bei den über 65-Jährigen sind die Titer nach einem halben Jahr um ein Drittel niedriger als bei den unter 65-Jährigen. Prof. Kollaritsch: «Wenn sich diese Tendenz fortschreibt, wird man sich überlegen müssen, ob man nicht irgendwann eine Auffrischung gibt. Aber für den klassischen Reisenden, der wenige Wochen unterwegs ist, ist eine einmalige Impfung sicherlich völlig ausreichend.»

So gut wie keinen schwerwiegenden Nebenwirkungen beim Totimpfstoff

Was die Nebenwirkungen betrifft, ist man bei einem Totimpfstoff immer ein bisschen besser dran, weiß der Experte aus Erfahrung. Das spezielle Problem der Arthralgien macht im Vergleich zur Placebogruppe so gut wie keinen Unterschied. «Da hat der Totimpfstoff also sicher die Nase etwas vorne. Und auch sonst muss man sagen: Schwerwiegende Nebenwirkungen wurden so gut wie gar nicht beobachtet», so Prof. Kollaritsch. Die Daten seien allerdings mit Vorsicht zu genießen, weil sie – wie gesagt – noch nicht entsprechend validiert und publiziert sind.

Hauptszenario für eine Empfehlung wird wahrscheinlich das Reisen in Gebiete mit Ausbruchsgeschehen sein. Für endemische Gebiete ohne akutes Ausbruchsgeschehen würde sich eine Impfung möglicherweise für Risikopersonen (ältere Menschen, Menschen mit Grunderkrankungen) bezahlt machen, bzw. im Fall längerer oder wiederholter Aufenthalte. Das deckt sich mit den bereits existierenden Empfehlungen der US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention. Eine europaweite Harmonisierung der Impfempfehlungen für die Chikungunya-Impfung wäre erstrebenswert, so der Experte abschließend.