14. Apr. 2025CRP als prädiktiver Faktor

Ambulant erworbene Pneumonie: Wer profitiert von Kortikosteroiden?

Verschiedene Studien legen nahe, dass Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie einen Überlebensvorteil haben, wenn man sie mit Kortikosteroiden behandelt. Dennoch sind die Therapieempfehlungen uneinheitlich. Eine aktuelle Metaanalyse untersuchte, welche Patienten am meisten von einer solchen Behandlung profitieren. Der initiale CRP-Wert spielt dabei eine entscheidende Rolle.

Röntgenbild BRustkorb.
Foto:  – wikimedia/Jtechr

Die ambulant erworbene Pneumonie (community-acquired pneumonia, CAP) ist ein häufiger Grund für die Hospitalisierung von Patienten. Als Auslöser kommen verschiedene Erreger wie Bakterien, Viren oder Pilze infrage. Da die genaue Ursache häufig unklar bleibt, ist die Behandlung oft schwierig. Für das Krankheitsgeschehen ist zum einen die direkte Gewebeschädigung durch Pathogene verantwortlich, zum anderen aber auch die überschießende Immunreaktion des Körpers. Vor allem Letztere ist die Ursache für die hohe Mortalität der Erkrankung.

Kortikosteroide können die übermäßige Entzündungsreaktion reduzieren. Ihr routinemäßiger Einsatz bei hospitalisierten Patienten mit ambulant erworbener Pneuonie ist allerdings umstritten. Auch die klinischen Behandlungsrichtlinien beinhalten unterschiedliche Empfehlungen. So lehnt beispielsweise die amerikanische Leitlinie von 2019 den routinemäßigen Einsatz von Kortikosteroiden ab. 2023 erschien eine Leitlinie zur Behandlung einer CAP mit schwerem Verlauf. Sie wurde von der European Respiratory Society, der European Society of Intensive Care Medicine, der European Society of Clinical Microbiology and Infectious Diseases sowie der Latin American Thoracic Association veröffentlicht und befürwortet den Einsatz von Kortikosteroiden bei Patienten mit schwerer CAP.

Hier gibt es allerdings zwei grundlegende Probleme: Zum einen existiert keine einheitliche Definition für eine schwere CAP, zum anderen basiert die Annahme, dass Patienten mit schwerer CAP stärker von Kortikosteroiden profitieren, auf Vergleichen zwischen verschiedenen Studien anstatt auf Analysen innerhalb einzelner Studien. Da die verschiedenen Studien Patienten mit unterschiedlichem CAP-Schweregrad eingeschlossen hatten, ist dieser Vergleich schwierig.

Kortison-Therapie bei allen CAP-Patienten sinnvoll?

Wie effektiv eine Behandlung ist, hängt prinzipiell von verschiedenen individuellen Faktoren ab. Man spricht auch von der Heterogenität des Behandlungseffekts (HTE). Aber wie sehen Effekt und Nutzen einer Kortikosteroid-Therapie bei Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie aus? Wer profitiert davon am meisten? Und bei wem stehen eher die Risiken im Vordergrund? Gibt es Indikatoren, die den Therapieerfolg vorhersagen? Diesen Fragen ging ein Forscherteam um Jim M. Smit, Erasmus University Medical Center in Rotterdam, und Kollegen nach (1).

Die Wissenschaftler führten eine Metaanalyse mit individuellen Patientendaten aus acht randomisierten kontrollierten Studien (RCTs) durch. Die Metaanalyse umfasste Daten von 3 224 hospitalisierten CAP-Patienten. Die individuellen Patientendaten erlaubten es, die verschiedenen Behandlungseffekte innerhalb der einzelnen Studien zu vergleichen, anstatt wie bisher die Unterschiede zwischen den Studien zu betrachten. Das Ziel war es, den Behandlungseffekt einer Kortikosteroid-Therapie im Vergleich zu Placebo bei hospitalisierten CAP-Patienten zu analysieren. Weiters versuchten die Forscher individuelle Faktoren zu identifizieren, die den Nutzen oder potenzielle Risiken der Behandlung bei diesen Patienten vorhersagen können.

Die primäre Zielgröße war die 30-Tage-Mortalität. Die sekundären Endpunkte umfassten die 90-Tage-Mortalität, die Dauer des Spitalaufenthalts, den Bedarf an intensiverer Versorgung mittels Vasopressoren oder mechanischer Beatmung sowie die Wiederaufnahme-Häufigkeit ins Spital. Zudem untersuchten die Forscher die Nebenwirkungen der Behandlung wie Hyperglykämie, nosokomiale Infektionen oder gastrointestinale Blutungen.

CRP-Wert prädiktiv für Kortikosteroid-Nutzen bei ambulant erworbener Pneumonie

Bei der HTE-Analyse gab es zwei Ansätze: die Risikomodellierung und die Effektmodellierung. Für die Risikomodellierung wurden die Patienten gemäß ihrem Pneumonie-Schweregrad anhand des «pneumonia severity index» (PSI) in zwei Gruppen eingeteilt. Patienten mit Pneumonie-Schweregrad I–III kamen in die Gruppe «weniger schwere CAP», Patienten mit einem Pneumonie-Schweregrad IV–V in die Gruppe «schwere CAP».

Für die Effektmodellierung entwickelten die Forscher ein Kortikosteroid-Wirkmodell, das sie mit sechs RCTs trainierten und mit zwei weiteren, später veröffentlichten RCTs extern validierten. Dieses Modell bewertete die individuellen Behandlungseffekte basierend auf mehreren Patientencharakteristika. Dabei war die Konzentration des C-reaktiven Proteins (CRP) der wichtigste Parameter, um den Nutzen von Kortikosteroiden vorhersagen zu können. Es gab zwei Gruppen: Patienten, die vermutlich von der Kortikosteroid-Behandlung profitieren, und Patienten, die vermutlich nicht davon profitieren.

Signifikante Reduktion der Gesamtmortalität

Die Ergebnisse bestätigten, dass die adjuvante Kortikosteroid-Therapie die Gesamtmortalität bei allen hospitalisierten CAP-Patienten in den eingeschlossenen RCTs signifikant reduzierte. Gleichzeitig variierte der Behandlungseffekt aber signifikant zwischen den identifizierten Subgruppen. Entscheidend waren dabei die initialen Entzündungswerte. Patienten mit hohen CRP-Werten hatten einen Überlebensvorteil. Bei den Patienten mit einem CRP-Wert > 204 mg/l war die Mortalität unter der Behandlung mit Kortikosteroiden signifikant niedriger als bei Placebo (6,1 % bei Kortikosteroiden vs. 13,0 % unter Placebo; OR 0,43; p = 0,026). Bei den Patienten mit einem CRP-Wert ≤ 204 mg/l zeigte sich hingegen kein signifikanter Nutzen (OR 0,98).

Zwischen den beiden Gruppen «weniger schwere CAP» und «schwere CAP» zeigte sich kein signifikanter Behandlungseffekt. Die Kortikosteroid-Behandlung wirkte sich positiv aus auf die 90-Tage-Mortalität, die Aufenthaltsdauer im Spital und auf der Intensivstation sowie auf die maschinelle Beatmungspflichtigkeit bzw. den Vasopressorenbedarf der Patienten.

Wichtige Nebenwirkungen der Kortikosteroid-Therapie bei CAP-Patienten

Allerdings ging die Therapie auch mit erheblichen Nebenwirkungen einher. Kortikosteroide erhöhten das Risiko für Hyperglykämien im Vergleich zu Placebo (24,8 % vs. 12,8 %) signifikant (OR 2,50; p < 0,0001). Auch die Rate an Wiederaufnahmen ins Spital war bei den Patienten, die mit Kortikosteroiden behandelt wurden, signifikant höher (7,0 %) als unter Placebo (3,7 %; OR 1,95; p = 0,0038). Bei den nosokomialen Infektionen oder gastrointestinalen Blutungen zeigte sich kein wesentlicher Unterschied.

Die Ergebnisse dieser Studie unterstreichen, wie wichtig es ist, individuelle Faktoren bei der Therapieentscheidung zu berücksichtigen. Im Unterschied zu den Empfehlungen der aktuellen Leitlinien könnte die Höhe des CRP-Werts also ein wichtiges Entscheidungskriterium für eine Behandlung mit Kortikosteroiden bei Patienten mit ambulant erworbenen Pneumonien sein. Vor allem Patienten mit schwerer Entzündung profitieren davon. Nicht sinnvoll ist es jedoch, Kortikosteroide undifferenziert und ohne Berücksichtigung des CRP-Wertes einzusetzen. Der vorgeschlagene CRP-Grenzwert liegt bei 204 mg/l, wobei der optimale Schwellenwert etwas variieren könnte. Die Autoren empfehlen, die neuen Erkenntnisse in künftige klinische Leitlinien aufzunehmen, um eine individuellere Behandlung der Patienten zu ermöglichen.