Impftag 2025: Großer Aufholbedarf
Im Vorfeld des Österreichischen Impftages 2025, der am 18. Jänner unter dem Titel „Geimpft – Geschützt – Sicher!“ als hybride Tagung stattfinden wird, gaben Expert:innen auf einer Pressekonferenz an der MedUni Wien einen Ausblick auf diese Veranstaltung und einen Einblick in die aktuelle Impf-Situation in Österreich.
Ein zentrales Thema am Österreichischen Impftag 2025 wird die Prävention von wiederkehrenden Krankheiten sein, die durch eine Impfung leicht zu verhindern wären. Dazu gehören etwa:
- Masern, bei denen Österreich im europäischen Vergleich eine sehr hohe Inzidenz hat, bezogen auf die Einwohnerzahl (2024: über 500 Fälle),
- Pertussis, wo es große Impflücken gibt: Nur rund 30% der Bevölkerung sind geimpft - Österreich ist damit Schlusslicht in der EU. Gleichzeitig gibt es eine sehr hohe Inzidenz (13.000 Fälle im heurigen Jahr).
- Poliomyelitis, wo in einigen Ländern wie Deutschland oder Polen bereits Polioviren im Abwasser nachgewiesen werden konnten und in Österreich ebenfalls Impflücken bestehen.
„Außerdem wird es um die Verbesserung der Gesundheitskommunikation und ein niederschwelliges Impfangebot, etwa am Arbeitsplatz, gehen, um den Zugang zu Impfungen für Erwachsene zu erleichtern“, erklärt Univ.-Prof. Dr. Ursula Wiedermann-Schmidt, Leiterin des Zentrums für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie der MedUni Wien.
Von großer Bedeutung seien auch neue Impfstoffentwicklungen, wie zum Beispiel ein 21-valenter Impfstoff gegen Pneumokokken, ein Fünffach-Impfstoff gegen Meningokokken oder ein Impfstoff gegen das Chikungunya-Virus. Auch ein Borreliose-Impfstoff werde entwickelt.
Aufklärung in Apotheken
Eine der Ursachen für „die traditionell leider unterirdisch schlechten Durchimpfungsraten in Österreich“ sieht Mag. Dr. Gerhard Kobinger, 2. Vizepräsident der Österreichischen Apothekerkammer, in einem Mangel an Information und führt dazu einige Beispiele an. So werde häufig nicht zwischen Impfschaden und ganz normalen Impfreaktionen wie etwa geschwollenen Einstichstellen unterschieden.
Viele Menschen gingen auch davon aus, dass in der Schwangerschaft Impfungen grundsätzlich tabu seien. Dies gilt aber nur für Impfungen mit Lebendimpfstoffen (z.B. Mumps/Masern/Röteln), nicht aber für solche mit Totimpfstoffen. Impfungen gegen Influenza, Covid-19, Pertussis und RSV werden für Schwangere laut Impfplan sogar empfohlen.
Zu beachten sei auch, dass für ältere Menschen aufgrund der Immunseneszenz kürzere Impfintervalle gelten. Kobinger weist außerdem darauf hin, dass sich die Bevölkerung in den 1.450 österreichischen Apotheken mit ihren rund 600.000 Kundenkontakten täglich zu Impfthemen beraten lassen kann.
Bedeutung des e-Impfpasses
Als einen wesentlichen Grund für die sinkende Impfakzeptanz nennt Wiedermann-Schmidt steigende Zweifel an Impfungen, wobei sich Impfmythen vor allem über Social Media stark verbreiten. „Wir sind nicht schnell genug mit Gegenargumenten und geraten so ins Hintertreffen“, beklagt die Virologin. Mit Covid habe die Impfskepsis zusätzlichen Aufschwung bekommen.
Neben verbesserter Aufklärung sieht sie im elektronischen Impfpass, der in Österreich seit Herbst flächendeckend ausgerollt wird, ein taugliches Mittel, wieder mehr Vertrauen in Impfungen herzustellen. Der e-Impfpass biete auch einen guten Überblick über bisher erfolgte Impfungen und anstehende Auffrischungstermine.
Es gibt auch positive Entwicklungen
Es bestehen hierzulande aber nicht nur Impfmängel, sondern es sind auch Fortschritte zu verzeichnen. Bei der RSV-Prävention hat Österreich zwar „einiges verschlafen“, wie MR Dr. Rudolf Schmitzberger, Leiter des Impfreferates der Österreichischen Ärztekammer, erklärt, doch seit kurzem steht der monoklonale Antikörper Nirsevimab flächendeckend zur Verfügung, um Neugeborene vor einer RSV-Infektion zu schützen.
Bei Pertussis gibt es eine Änderung im Impfplan. Die 1. Auffrischungsimpfung wurde auf das 6. Lebensjahr vorverlegt, da der Schutz weniger lang anhält als ursprünglich angenommen.
Weiters ist die HPV-Impfung in Österreich bis zum 30. Lebensjahr gratis verfügbar (derzeit bis 2025 befristet).
„Österreich hat ein gutes Gratis-Impfprogramm für Kinder und Jugendliche“, konstatiert Schmitzberger, „nicht jedoch für Erwachsene und Senioren. Ein solches sollte aber trotz der schlechten Budgetlage forciert werden.“ Damit könne man auch die Impfraten erhöhen. Die Influenza-Impfung ist heuer erstmals gratis verfügbar und hat regen Zulauf.
Mehr Info und Anmeldung zum Impftag unter www.impftag.at
5-C-Modell WHO
Eine positive Impf-Entscheidung ist laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) von fünf C-Faktoren abhängig:
- Confidence (Vertrauen): Wer Vertrauen in die Sicherheit von Impfungen hat, lässt sich auch impfen.
- Complacency (Risikowahrnehmung): Impfungen dürfen nicht als überflüssig wahrgenommen werden, etwa wenn sie gegen Krankheiten schützen sollen, die kaum noch auftreten.
- Constraints bzw. Convenience (Bequemlichkeit): Es muss so einfach wie möglich sein, sich impfen zu lassen. Dazu zählen unter anderem die Verfügbarkeit von Impfstoffen sowie eine möglichst niederschwellige Möglichkeit, sich impfen zu lassen. Bei Auffrischungsimpfungen für gesunde Erwachsene stünden auch die Apotheken als zusätzliche Anlaufstelle zur Verfügung.
- Calculation (Berechnung): Die Abwägung zwischen Nutzen und Risiken sollte im Normalfall dazu führen, sich impfen zu lassen. Ausnahmen wie etwa Vorerkrankungen sind bei der Impf-Beratung natürlich zu berücksichtigen.
- Collective Responsibility (Verantwortungsgefühl für die Gemeinschaft): Es darf nicht gelten, dass Impfungen bei einem selbst unnötig sind, wenn sich alle anderen geimpft haben.
Pressekonferenz zum Österreichischer Impftag 2025: Geimpft – Geschützt – Sicher!; Wien 9.12.2024