Virusvariante XBB.1.16 unter WHO-Beobachtung; Studie: hohe Wirksamkeit der 5. Impfung
+++ WHO nimmt Coronavirusvariante XBB.1.16 auf Beobachtungsliste – Auch fünfte Covid-Impfung laut Studie von hoher Wirksamkeit – Zum ersten Mal seit Pandemiebeginn keine Übersterblichkeit in der EU – WHO sieht dank Impfstoffen eine Million weniger Covid-Tote – Gesundheitsressort leistete in der Pandemie 8,66 Mrd. Kostenersatz +++
WHO nimmt Coronavirusvariante XBB.1.16 auf Beobachtungsliste
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die Coronavirus-Variante XBB.1.16 auf ihre Beobachtungsliste genommen. "Wir sehen Charakteristika, die auf eine erhöhte Ansteckungskapazität hindeuten", sagte WHO-Nothilfedirektor Mike Ryan am Dienstag, 18.4., in Genf. Die Symptome seien nach bisherigen Erkenntnissen gleich wie bei anderen Varianten. XBB.1.16 sei im Jänner erstmals gemeldet worden. Inzwischen mache die Variante 4,2 Prozent der 3.000 eingereichten Virussequenzen aus.
Noch vor einem Monat seien es nur 0,5 Prozent gewesen. "Diese Variante könnte sich weltweit weiter ausbreiten und zu einem Anstieg der Fälle führen", sagte Ryan. Es gebe aber zurzeit keine Anzeichen, dass sie schwerere Krankheitsverläufe verursache.
Auf der Beobachtungsliste (variants under monitoring, VUMs) sind sieben Varianten, eine weitere ist auf der nächsthöheren Stufe (variant of interest, VOI). Zurzeit sind keine besorgniserregenden Varianten aufgeführt (variant of concern, VOC).
Der Notfallausschuss, der die WHO darin berät, ob für die Corona-Pandemie weiterhin die höchste Alarmstufe gelten soll, kommt in der ersten Mai-Woche erneut zusammen. Er diskutiert, ob er der WHO die Aufhebung der "Notlage von internationaler Tragweite" (PHEIC) empfehlen soll. Nach Angaben von Ryan sind viele Länder so weit, dass sie bei hohen Impfraten relativ wenige schwere Erkrankungen verzeichnen. Für sie stelle das Coronavirus keine Notlage mehr dar, aber das gelte längst nicht für alle Länder, sagte Ryan. Innerhalb von vier Wochen seien zuletzt immer noch drei Millionen Infektionen gemeldet worden, obwohl vielerorts kaum noch getestet werde, und mehr als 23.000 Todesfälle im Zusammenhang mit SARS-CoV-2.
Zu hoffen sei, dass es in naher Zukunft möglichst wenig Virusaktivität gebe und Fallzahlen nur noch saisonal in die Höhe schnellten, ähnlich wie bei Influenza- oder RSV-Viren. "Wir werden das Virus nicht wegbekommen", sagte Ryan. Es werde auch weiterhin schwere Erkrankungen verursachen. (APA/dpa)
Auch fünfte Covid-Impfung laut Studie von hoher Wirksamkeit
SARS-CoV-2 bleibt, der hohe Nutzen an neue Virusvarianten angepasster Impfstoffe ebenso. Das hat eine israelische Studie ergeben, bei der ein Großteil der Menschen bereits zum fünften Mal mit einem Covid-19-Impfstoff immunisiert worden war. Unter Senioren wurde dadurch die Covid-19-Mortalität um 68 Prozent verringert. Die Häufigkeit von Spitalsaufnahmen sank um 72 Prozent.
Die Studie wurde letzten Donnerstag (13.4.) im Fachblatt "Lancet Infectious Diseases" (DOI: 10.1016/S1473-3099(23)00122-6) veröffentlicht. Der Hintergrund, so Ronen Arbel von der größten israelischen Krankenversicherung "Clalit Health Services" (CHS) und seine Co-Autoren in der wissenschaftlichen Zeitschrift: "Ab September 2022 wurde eine einmalige Booster-Immunisierung mit einem bivalenten mRNA-Impfstoff (Pfizer-BioNTech; Anm.) für Erwachsene empfohlen, die größtenteils bereits voll durchgeimpft worden waren und ein hohes Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf hatten." Bis dahin hatte die Mehrzahl der Bevölkerung bereits vier Impfungen erhalten, es sei allerdings mittlerweile auch in Israel zu einer gewissen Impfmüdigkeit gekommen, schrieb das Deutsche Ärzteblatt. Trotz kostenlosen Angebots für die Immunisierungen hätten sich auch in der Risikogruppe der Über-65-Jährigen nur noch 25 Prozent der bei CHS Versicherten noch einmal impfen lassen.
Arbel und sein Team analysierten trotzdem die Auswirkungen des bivalenten Boosters mit der Vakzine gegen die ursprüngliche SARS-CoV-2-Variante ("Wildtyp") und gegen die Omikron-Mutationen BA.4/5 in den ersten drei Monaten der Verwendung des adaptierten Impfstoffes. Die Wissenschafter verglichen jene 134.215 Versicherten, die einen bivalenten Impfstoff im Alter von durchschnittlich 76,9 Jahren erhalten hatten (für 89% war es schon die fünfte Impfung; Anm.), mit 435.304 Betagten im Durchschnittsalter von 74,7 Jahren, die sich nicht noch einmal impfen lassen hatten. Auch in dieser Gruppe hatte allerdings die Hälfte schon drei Impfungen, 40 Prozent hatten vier Impfungen erhalten. Knapp ein Drittel aller Personen, deren Daten in der Studie analysiert wurden, hatte eine Covid-19-Erkrankung durchgemacht, was ebenfalls zu Immunität führt.
Wegen des infolge der Dominanz von Omikron-Varianten zumeist milderen Infektionsverlaufes war die Zahl der Erkrankungen insgesamt gering. Trotzdem zeigten sich hohe Erfolgsraten durch die nochmalige Impfung, auch wenn es oft schon die fünfte war. Die Ergebnisse: In der Gruppe der Personen, die einen bivalenten Booster als fünften Stich erhalten hatten, wurden 32 Spitalsaufnahmen und 13 Todesfälle registriert. In der Vergleichsgruppe ohne diese Immunisierungen gab es 541 Hospitalisierungen und 172 Todesfälle.
Daraus ergab sich eine Schutzrate vor einer wegen Covid-19 erforderlichen Spitalsaufnahme von 72 Prozent. Die Mortalität war in der Gruppe der nochmals Geimpften um etwas mehr als zwei Drittel niedriger. Dazu schrieben die israelischen Wissenschafter: "Diese Resultate unterstreichen die Bedeutung der Impfungen mit dem bivalenten mRNA-Booster-Vakzin für Bevölkerungsgruppen mit einem hohen Risiko für schwere Covid-19-Krankheitsverläufe." (APA)
WHO sieht dank Impfstoffen eine Million weniger Covid-Tote
Corona-Impfstoffe haben einer wissenschaftlichen Einschätzung zufolge in Europa und Ländern der ehemaligen Sowjetunion seit Ende 2020 mehr als eine Million Leben gerettet. Das geht aus einem Bericht der Weltgesundheitsorganisation WHO hervor, der am Montag, 17.4., veröffentlicht wurde. Berechnet wurde diese Zahl auf Grundlage von Todeszahlen und verabreichten Impfdosen in 26 Ländern.
Seit Ausbruch der Corona-Pandemie vor rund drei Jahren starben in der WHO-Region Europa dem Bericht zufolge mehr als zwei Millionen Menschen nachweislich an Covid-19.
Die Wirksamkeit der Impfstoffe wurde je nach vorherrschender Corona-Variante für die jeweiligen Wellen der Pandemie unterschiedlich gewichtet. Indirekte Auswirkungen der Impfungen seien nicht berücksichtigt worden. Die meisten Menschen (96%), die durch die Impfstoffe gerettet wurden, waren laut dem Bericht älter als 60 Jahre. Besonders viele Todesfälle konnten während der Omikron-Welle verhindert werden. Die Zahl der durch Impfungen geretteten Leben in dieser Phase wurde auf knapp 570.000 geschätzt.
Der zuständige Bereichsleiter der WHO für Europa, Richard Pebody, rief ungeimpfte Menschen dazu auf, sich schützen zu lassen. "Wir sehen durch unsere Forschung, welch große Zahl an Leben durch die Covid-19-Vakzine in ganz Europa in der Pandemie gerettet wurden", sagte Pebody einer Mitteilung zufolge.
Die Region Europa der Weltgesundheitsorganisation umfasst 53 Länder, zu denen neben den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums auch Russland und mehrere Länder des Kaukasus und Zentralasiens gehören. (APA/dpa)
Zum ersten Mal seit Pandemiebeginn keine Übersterblichkeit in der EU
Zum ersten Mal seit Februar 2020 hat es in der EU keine Übersterblichkeit gegeben. Drei Jahre nach Pandemiebeginn ist laut Eurostat der Indikator im Februar 2023 mit minus zwei Prozent unter den Ausgangswert (durchschnittliche Zahl der Todesfälle im gleichen Zeitraum 2016 bis 2019) gefallen. Im Vergleich dazu betrug die Übersterblichkeitsrate im Februar 2022 plus acht Prozent (39.000 zusätzliche Todesfälle) und im Februar 2021 plus sechs Prozent (26.000 zusätzliche Fälle).
Im Februar 2020 – also kurz vor Ausbruch von Corona – lag der Wert noch bei minus drei Prozent. Die Übersterblichkeitsrate blieb im letzten Quartal 2022 hoch und erreichte im Oktober plus zwölf Prozent, im November plus neun Prozent und im Dezember plus 19 Prozent. Das war der höchste aufgezeichnete Wert des Jahres 2022. Im Jänner 2023 war laut Eurostat ein deutlicher Rückgang auf plus drei Prozent zu verzeichnen. Die Marke fiel dann weiter auf den negativen Wert vom diesjährigen Februar.
Bei den am Dienstag, 18.4., vom europäischen Statistikamt Eurostat veröffentlichten Zahlen, die auf der wöchentlichen Erhebung von Sterbedaten basieren, zeigte sich, dass im Februar 2023 zwei Drittel der EU-Länder keine übermäßigen Todesfälle mehr verzeichnet haben. Unter den Ländern, die bei den Todesfällen noch ein Plus registrierten, wiesen Griechenland und Zypern die höchsten Übersterblichkeitsraten auf (beide plus zwölf Prozent über dem nationalen Monatsdurchschnitt für 2016 bis 2019), gefolgt von Portugal mit plus sechs Prozent, den Niederlanden und Frankreich mit jeweils plus vier Prozent, Malta mit plus zwei Prozent sowie Italien, Irland und Österreich mit jeweils plus ein Prozent.
Obwohl in den vergangenen drei Jahren fast überall in Europa eine übermäßige Sterblichkeit beobachtet wurde, variierten die Spitzenwerte und die Intensität der Ausbrüche stark zwischen den Ländern. Österreich lag im EU-Vergleich meist über dem Durchschnitt. Die größten Spitzenwerte bei den Todesfällen in der EU wurden im April 2020 (plus 25 Prozent), November 2020 (plus 40 Prozent), April 2021 (plus 21 Prozent) und November 2021 (plus 27 Plus) registriert. (APA)
Gesundheitsressort leistete in der Pandemie 8,66 Mrd. Kostenersatz
Im Lauf der Corona-Pandemie hat das Gesundheitsministerium rund 8,66 Mrd. Euro für Kostenersätze an Länder und Sozialversicherungsträger aufgewendet. Die höchsten Ausgaben entfielen auf das Testen (4,26 Mrd. ohne Schulen und Betriebe), das Impfen (1,4 Mrd.) und die Refundierung von Verdienstentgängen für an erkrankte Mitarbeiter (1,27 Mrd.) Das geht aus einem Bericht des Ressorts von Johannes Rauch hervor, der am Dienstag, 18.4., im Gesundheitsausschuss behandelt wurde.
Weitere große Posten in der Corona-Abrechnung (mit Stand Ende Dezember 2022) sind der Ankauf von Schutzausrüstung (586,2 Mio.), die Bereitstellung von Covid-19-Arzneimitteln (265,75 Mio.) sowie das Abwassermonitoring (1 Mio.).
Wegen der Kosten der Pandemie, aber auch der hohen Inflation kann der 2013 vereinbarte Kostendämpfungspfad im Gesundheitswesen nicht eingehalten werden, bestätigte Minister Rauch im Ausschuss. Die Ausgabenobergrenzen seien daher ein wichtiges Thema bei den nächsten Verhandlungen über den Finanzausgleich.
Vorgesehen wäre eine Reduktion des jährlichen Ausgabenwachstums von 3,6 Prozent (2017) auf jeweils 3,2 Prozent in den Jahren 2021 bis 2023. 2022 wurden erstmals in fast allen Bundesländern die Ausgabenobergrenzen überschritten, zeigt ein im Ausschuss behandelter Kurzbericht der Gesundheit Österreich GmbH. Nach einem Anstieg schon in den Jahren zuvor ist für 2022 mit einer noch stärkeren Überschreitung der vereinbarten Kostengrenze (um 4,27 Prozent bzw. 605 Mio. Euro) zu rechnen.
Einstimmige Zustimmung fand im Ausschuss ein Entschließungsantrag, der auf mehr Aufmerksamkeit gegenüber der Myalgischen Enzephalomyelitis bzw. dem Chronischen Erschöpfungssyndrom (ME/CFS) abzielt. Der Gesundheits- und der Wissenschaftsminister werden ersucht, sich für eine bessere diagnostische und therapeutische Versorgung durch bessere Zusammenarbeit im Gesundheitswesen einzusetzen.
An der schweren Multisystemerkrankung ME/CFS leiden nach Schätzungen zwischen 26.000 und 80.000 Personen in Österreich. Die Symptome wurden teilweise auch bei Long-Covid-Patient:innen festgestellt. ME/CFS kann zu schweren körperlichen Einschränkungen und zum Verlust der Arbeitsfähigkeit führen. (APA)