Nasal-Impfstoff in Entwicklung; überschüssige Corona-Impfdosen
+++ Corona-Impfstoff als Nasenspray erfolgversprechend – ECDC empfiehlt neue Covid-Impfkampagnen für Herbst – 20,9 Millionen Corona-Impfdosen lagern in Österreich – Corona-Pandemie: Rechnungshof veröffentlicht Handlungsempfehlungen +++
Corona-Impfstoff als Nasenspray erfolgversprechend
Die aktuellen Covid-19-Impfstoffe wirken gut gegen schwere Verlaufsformen, viel schlechter gegen eine Infektion mit SARS-CoV-2 selbst. Das soll sich jetzt ändern. Wissenschafter der Berliner Universitätsklinik Charité haben gemeinsam mit Schweizer Biotechnologen einen Nasal-Impfstoff aus abgeschwächten Corona-Viren entwickelt und im Tiermodell erfolgreich getestet, teilte die Universität am Montag, 3.4., mit.
Die Ergebnisse wurden in "Nature Microbiology" publiziert (https://www.nature.com/articles/s41564-023-01352-8). Der Hintergrund: Coronaviren verbreiten sich vor allem über die Luft. Wenn eine infizierte Person spricht, hustet, niest etc., scheidet sie mit ihrer Atemluft Tröpfchen mit Viren aus, die in die Atemwege anderer Menschen gelangen und diese anstecken. Deshalb wäre ein Immunschutz an den Schleimhäuten von Nase, Mund, Rachen und Lunge entscheidend, wenn es um die Verhinderung von Infektionen mit SARS-CoV-2 geht.
Die Vorteile eines Impfstoffs in Form eines Nasensprays bestehen eben darin, dass dieser direkt an der Eintrittspforte für Viren, nämlich an den genannten Schleimhäuten wirksam wird. "Genau dort benötigen wir eine lokale Immunität, wenn wir ein Atemwegsvirus frühzeitig abfangen wollen", sagte der Co-Autor der Studie, Jakob Trimpert, Institut für Virologie der Freien Universität Berlin. Im Idealfall rege ein nasaler Lebendimpfstoff direkt an der Eintrittspforte für Viren die Bildung von Antikörpern, Immunglobulinen A (IgA), an und lasse damit eine Infektion gar nicht erst zu, so Emanuel Wyler, Co-Autor vom Institut für Medizinische Systembiologie in Berlin.
IgA ist das am häufigsten vorkommende Immunglobulin in den Schleimhäuten der Atemwege. Es kann Krankheitserreger neutralisieren, indem es sich an sie bindet und sie so daran hindert, Atemwegszellen zu infizieren. Gleichzeitig stimuliert die Impfung auch systemische Immunreaktionen, was zu einem wirksamen Schutz vor einer Infektion beiträgt.
Die Wirkung des neu entwickelten nasalen Covid-19-Impfstoffs testeten die Wissenschafter an Hamstern. Das Ergebnis: Nach einer zweimaligen Gabe des Impfstoffes konnte sich das Virus in den Tieren nicht mehr vermehren. "Das Immungedächtnis wurde sehr gut angeregt, und die Schleimhäute waren aufgrund der hohen Antikörperkonzentration sehr gut geschützt", konstatierte Trimpert. So entstanden lokal – in den Schleimhäuten gebildete – Immungedächtniszellen, die bei Kontakt mit dem Virus reaktiviert wurden.
Auch im Vergleich von intramuskulär injizierten Impfstoffen und des nasalen Impfstoffs schnitt Letzterer besser ab. Dies liegt daran, dass der nasal verabreichte Impfstoff die Immunität direkt an der viralen Eintrittsstelle aufbaut und das Vakzin alle Bestandteile des Virus enthält, nicht nur das Spike-Protein (wie bei der mRNA-Impfung). So kann das Immunsystem das Virus auch an ca. 20 anderen Proteinen erkennen.
Für die neue Vakzine veränderten die Berliner Wissenschafter auch gezielt die Erbinformationen von SARS-CoV-2. Damit soll verhindert werden, dass die abgeschwächten Viren zu einer aggressiveren Variante zurückmutieren. Der Impfstoff kann auch auf neue Virusvarianten zugeschnitten werden.
Jetzt soll die Vakzine mit dem Schweizer Biotech-Unternehmen RocketVax AG (Basel) weiterentwickelt werden. Demnächst ist eine klinische Phase-I-Studie am Menschen ist geplant. (Agenturen/red)
ECDC empfiehlt neue Covid-Impfkampagnen für Herbst
Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC empfiehlt für den Herbst neue Covid-Impfkampagnen, besonders für ältere Menschen und weitere Risikogruppen. Laut Überwachungsdaten werden Personen mit höherem Alter mit jeder weiteren Coronawelle mit größerer Wahrscheinlichkeit in Spitäler eingeliefert, hieß es in dem am Mittwoch, 5.4., veröffentlichten Report (http://go.apa.at/Q3n1QyUv). Eine hohe Impfrate im Herbst von Personen ab 60 Jahren könnte demnach bis zu 32 Prozent der Krankenhauseinweisungen im EU/EWR-Raum verhindern.
Die Kombination eines solchen Impfprogramms im Herbst für Personen ab 60 Jahren mit einer Immunisierungskampagne bereits im Frühjahr 2023 für Personen ab 80 Jahren dürfte bei einer sehr hohen Impfrate sogar bis zu 44 Prozent der Covid-Spitalsaufenthalte verhindern, so die ECDC. Für die Berechnungen seien eine Reihe von Faktoren berücksichtigt worden, darunter die nachlassende Wirksamkeit des Impfstoffs, die in den Auffrischungskampagnen im vergangenen Herbst/Winter adressierten Altersgruppen sowie die epidemiologische Situation im Vorjahr.
Die ECDC-Daten deuten auf eine anhaltende Übertragung von SARS-CoV-2 und daher auf ein kontinuierliches Risiko einer schweren Erkrankung für gefährdete Gruppen hin, wurde betont. Die Analyse zeige, dass die Auswirkungen der Krankheit in der Herbst-Winter-Periode viel stärker waren.
Die Länder sollten nationale Entscheidungen über die besten Impfstrategien unter Berücksichtigung der lokalen epidemiologischen Gegebenheiten treffen. Für erfolgreiche Kampagnen könnten die Gesundheitsbehörden zum Beispiel gezielte Kommunikationsstrategien entwickeln, um Risikogruppen über vertrauenswürdige Kanäle und Personen zu erreichen, empfiehlt die ECDC. So sollen nicht nur Spitalsaufenthalte, sondern auch die anhaltende Sterblichkeit durch Covid-19 verringert werden. (APA)
20,9 Millionen Corona-Impfdosen lagern in Österreich
Am Freitag, 31.3., hat Österreichs größte Corona-Impfstraße im Austria Center Vienna zum letzten Mal ihre Pforten geöffnet, die täglichen Impfzahlen gegen das SARS-CoV-2-Virus liegen inzwischen meist im dreistelligen Bereich, vergangenen Mittwoch waren es bundesweit beispielsweise 580 gewesen. Was bleibt, sind Millionen unterschiedlicher Vakzine gegen das Virus, konkret 20,9 Millionen sind es laut Informationen des Gesundheitsministeriums, davon sind 4,4 Millionen bereits abgelaufen.
Im Nachbarland Deutschland beliefen sich die Vorräte nach Angaben des Berliner Gesundheitsministeriums auf gut 116 Millionen Dosen Corona-Impfstoff (Stand: Ende Februar 2023). Hier stand jedoch auch noch die Lieferung von fast 111 Millionen weiteren Dosen mit einem Wert von rund 2,5 Mrd. Euro aus, in Österreich sind es 11,7 Millionen Dosen, die noch kommen sollen.
Abgelaufene Vakzine werden entsorgt, jedoch mit der Einschränkung, "sofern keine weitere Verlängerung der Haltbarkeit von der EMA freigegeben wird", hieß es vom Ministerium, das gegenüber der APA die heimischen Zahlen eines Berichts von orf.at bestätigte. Laut diesem werden in den Monaten April bis Juni 2023 weitere 6,8 Mio. Impfdosen ihre Mindesthaltbarkeit erreicht haben.
Damit Impfstoffe andernorts eingesetzt werden können, anstatt abzulaufen, wurden von Österreich auch 9,2 Millionen Dosen Covid-19-Impfstoffe an Drittstaaten gespendet, fünf Millionen davon 2022 (Stand: Jänner 2023) – überwiegend gingen die Impfstoffe an die internationale Initiative "COVID-19 Vaccines Global Access" (COVAX) der Vereinten Nationen.
Vor etwas mehr als zwei Wochen äußerte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) in Brüssel Unzufriedenheit über die Verhandlungen über eine Vertragsänderung mit den Herstellern der Corona-Impfstoffe. Die EU-Kommission solle hier härter agieren, Österreich wolle gemeinsam mit den anderen EU-Mitgliedsländern eine Reduktion der Liefermengen und der Kosten sowie eine Verteilung der Lieferungen über mehrere Jahre erreichen. Über die Details der Verhandlungen wurde jedoch Stillschweigen vereinbart, hieß es aus dem Ministerium. "Die Hersteller haben von den öffentlichen Investitionen massiv profitiert. Jetzt wird es Zeit, die Verträge der neuen Situation anzupassen", mahnte Rauch. Die Pharmaindustrie habe mit der Impfung Milliarden verdient. (APA)
Corona-Pandemie: Rechnungshof veröffentlicht Handlungsempfehlungen
In einem Covid-19-Themenpapier hat der Rechnungshof (RH) am Dienstag, 4.4., Handlungsempfehlungen für die staatliche Krisenbewältigung veröffentlicht. Sie fußen auf Prüfungen, die das Kontrollorgan zum Thema Pandemie publiziert hat. Demnach braucht es etwa zeitgemäße Rechtsgrundlagen und präzise Förderkriterien. "Ich verstehe den Beitrag des Rechnungshofes im Herausarbeiten von Verbesserungspotenzialen", so RH-Präsidentin Margit Kraker im Vorwort.
18 Prüfungen hat der RH bereits zum Thema Corona veröffentlicht, einige weitere sind in Bearbeitung. Empfehlungen, die daraus hervorgehen, gibt es nun zum Pandemiemanagement und Covid-19-Hilfen sowie zu einem effektiven Kontrollsystem und einer krisenfesten Organisation.
In Berichten zum ersten Jahr der Pandemie stellte der RH fest, dass die Vorbereitungen für ein gesundheitsbehördliches Pandemiemanagement nicht ausreichend waren, obwohl der Handlungsbedarf bereits vor der Pandemie aufgezeigt worden war. Kritik gibt es etwa an der Gesetzeslage: Das Epidemiegesetz sowie der nationale Pandemieplan aus dem Jahr 2006 sind laut Rechnungshof nicht mehr zeitgemäß. Das Kontrollorgan empfiehlt deshalb, für geeignete Rechtsgrundlagen und Krisenpläne zu sorgen. Notwendig seien funktionierende Meldesysteme und ein klar geregeltes Zusammenspiel zwischen Gesundheitsministerium, Krankenanstalten und dem niedergelassenen Bereich. Eine allgemeine gesetzliche Regelung für eine Informations- und Zusammenarbeitsverpflichtung im Krisenfall habe hier gefehlt.
47,7 Mrd. Euro wurden bis Ende 2022 an Hilfsmaßnahmen vom Bund ausbezahlt oder genehmigt, wie aus dem Papier hervorgeht. Davon waren 14,3 Mrd. Euro Zuschüsse der eigens gegründeten Hilfsagentur COFAG, 9,8 Mrd. Euro flossen in die Kurzarbeit. Empfehlungen des RH umfassen etwa eine klare Festlegung von Zuständigkeiten, Förderzielen und Parametern, die treffsichere Gestaltung von Hilfsmaßnahmen und die präzise Definition der Förderkriterien. Teilweise unpräzise seien etwa die Kriterien für die Unternehmenshilfen der COFAG gewesen. Eine Kombination von Umsatzersatz und Kurzarbeitshilfe hätte sich nicht ausgeschlossen, was laut RH zu einer "systematischen Überförderung von Personalkosten" führte – allein im November 2020 hätte das bei 50 ausgewählten großen Unternehmen eine Überförderung von bis zu 29 Mio. Euro verursacht.
Auch beim Kontrollsystem der Hilfen meldete der RH Kritik an. Zentrale Fördervoraussetzungen seien nicht systematisch geprüft worden, etwa bei der Familienbeihilfe, die ohne Nachweise ab den ersten Pandemiemonaten bis zum März 2021 weitergewährt wurde. Der RH empfiehlt, Vorgaben für die Kontrolle der Fördervoraussetzungen festzulegen, Konzepte für die nachgelagerte Kontrolle zu entwickeln und die Transparenz der Förderungen sicherzustellen.
Auch in Krisensituationen müsse der Dienstbetrieb sichergestellt werden, verwies der RH etwa auf die mangelnde IT-Sicherheit von Mitarbeitern der öffentlichen Verwaltung im Homeoffice. Bestehende Expertise und Strukturen in der Verwaltung sollen laut RH außerdem genutzt und bei externen Beauftragungen Wissenstransfer sichergestellt werden. Zu klein sei dieser bei der COFAG gewesen, für die laut RH in hohem Maße externe Leistungen zugekauft wurden, vor allem für Rechtsberatung und Prüfung von Zuschussanträgen. Bis Mitte 2022 fielen dafür Kosten von rund 36 Mio. Euro an. (APA)