Krank nach Zeckenbiss: Es kann auch was Exotisches sein
Zecken sind Überträger einer Vielzahl von Infektionskrankheiten. Auch in Mitteleuropa geht das Spektrum möglicher „tick-borne diseases“ weit über FSME und Borreliose hinaus. Dass darunter auch einigermaßen exotische Erreger sein können, zeigt ein Fall aus dem Krankenhaus Wels-Grieskirchen.
Dr. Sebastian Prammer präsentierte im Rahmen der ÖGDV Jahrestagung den Fall einer 42-jährigen Frau, die bei der Gartenarbeit in Oberösterreich von insgesamt fünf Zecken gebissen wurde. Die Zecken wurden von der Patientin nach eigenen Angaben nach einigen Stunden entdeckt und vollständig entfernt. Die Patientin litt unter einem milden Morbus Crohn, nahm jedoch keine immunsuppressiven Medikamente ein. Sie hatte innerhalb der vergangenen Jahre Europa nicht verlassen.
Vier Tage nach den Zeckenbissen entwickelte die Patientin Fieber bis 38,5°C. Zusätzlich traten an der Stelle eines Bisses am Oberschenkel eine Rötung sowie eine kleine Erosion auf. Mit dieser Symptomatik suchte sie die Notaufnahme ihres Heimatkrankenhauses auf, wo eine Breitband-Antibiotika-Therapie mit Amoxicillin-Clavulansäure sowie eine Lokaltherapie begonnen wurden. Diese Maßnahmen brachten nicht den gewünschten Erfolg. Vielmehr entwickelte sich, ausgehend von der Läsion eine strichförmige, schmerzhafte Rötung, die sich bis in die rechte Leiste zog. Auch das Fieber persistierte, und die Patientin suchte nun auf eigene Initiative Kontakt zur zentralen Notaufnahme des Klinikums Wels, wobei die Therapie mit Amoxicillin-Clavulansäure zunächst fortgesetzt wurde. Allerdings ging das Fieber nicht zurück und es traten Fieberspitzen bis über 40°C auf. Aus der erosiven Läsion entwickelte sich eine ulzerative Läsion mit schwärzlichem Schorf im Zentrum und einer geröteten Wundumgebung. Die rechte Leiste war überwärmt, gerötet und schmerzte zunehmend. So kam die Patientin abermals in die zentrale Notaufnahme, von wo sie sofort an die dermatologische Abteilung überwiesen wurde.
Dort zeigte eine sonographische Abklärung im Verlauf der strichförmigen Rötung am rechten Oberschenkel zahlreiche, entzündlich-reaktive, vergrößerte Lymphknoten. Das subkutane Fettgewebe war ebendort reflexreich verdichtet. Es bestand also das Bild einer ausgeprägten Lymphadenopathie mit Lymphangitis. Das Labor zeigte erhöhte Entzündungsparameter mit einem CRP von 106mg/L, darüber hinaus aber keine weiteren Auffälligkeiten. Damit standen mehrere Verdachtsdiagnosen zur Wahl. Als Verursacher einer bakteriellen Superinfektion eines Zeckenbisses mit Lymphangitis kamen unter anderem eine Ricketsiose, eine Tularämie, eine Ehrlichiose oder eine Anaplasmose in Frage.