24. Apr. 2024„Wir müssen infrage stellen, was wir in den Lehrbüchern lesen“

ÖDG: Betazellen bei Typ-2-Diabetes können sich regenerieren

Der Verlust an Betazellfunktion bei Typ-2-Diabetes ist nicht zwingend eine Einbahnstraße. Studienergebnisse zeigen, dass es möglich ist, durch Therapie die Insulinsekretion zumindest in einem gewissen Maß wiederherzustellen. Gewichtsreduktion spielt dabei eine entscheidende Rolle. Dies legen zumindest Studien zu Lebensstilinterventionen sowie zur Wirksamkeit der Inkretin-Analoga nahe.

Typ 2 Diabetes
DOC RABE Media/AdobeStock

Bis vor kurzem galt geradezu dogmatisch die Annahme, dass bei Diagnose eines Typ-2-Diabetes bereits mindestens 50% aller Betazellen unwiederbringlich verloren sind und es im weiteren Verlauf der Erkrankung zu einem progredienten Verlust des Inselorgans kommt. Damit stünde am Ende der antihyperglykämischen Therapie zwingend die Insulintherapie. Diese Annahme stütze sich auf mehrere Studien, in denen nach anfänglichen Behandlungserfolgen über die Jahre eine kontinuierliche Verschlechterung des Diabetes unter Therapie beobachtet wurde. Prim. Univ.-Prof. Dr. Bernhard Ludvik, Vorstand der 1. Medizinischen Abteilung mit Diabetologie an der Klinik Landstraße, nennt die Studien UKPDS1 und ADOPT2, die zur Definition von Typ-2-Diabetes als chronisch progressive Erkrankung beigetragen haben. Sie zeigten, dass das HbA1c der Probandinnen und Probanden nach 5 Jahren unter Therapie im Wesentlichen wieder so hoch war wie bei Einschluss in die Studie. Ludvik: „Man ging davon aus, dass nach 10 Jahren Diabetes rund 80% der Betroffenen Insulin benötigen.“

Normalisierung der Insulinsekretion nach Gewichtsreduktion

Einige in den vergangenen Jahren publizierte Arbeiten widersprechen jedoch diesem Paradigma. Ludvik führt die britische DIRECT-Studie3 (Diabetes Remission Clinical Trial) an, die die Effekte einer radikalen Gewichtsreduktion mithilfe von Formula-Diäten auf den Typ-2-Diabetes untersuchte. Dabei zeigte sich nicht nur, dass bei vielen Patientinnen und Patienten eine Normalisierung des HbA1c erreicht werden konnte, sondern es wurden auch die direkten Effekte auf Pankreas und Insulinsekretion untersucht. Dabei zeigte sich in der Bildgebung über 24 Monate bei vielen Probandinnen und Probanden eine Zunahme des bei Einschluss verkleinerten Pankreas auf ein beinahe gesundes Volumen. Parallel dazu kam es zu einer Verbesserung der Insulinsekretion, die schließlich in manchen Fällen ausgehend von klar pathologischen Werten wieder ein weitgehend normales Maß erreichte.4 Ludvik: „Wir müssen infrage stellen, was wir in den Lehrbüchern lesen.“

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