Medizinische Kollateralschäden des Corona-Lockdowns in der Klinik
Die COVID-19-Pandemie hat nicht nur die direkt von ihr betroffenen Patienten, sondern auch die Kliniken schwer getroffen – und zwar vor allem durch Kollateralschäden. Auch wenn das ganze Ausmaß der Folgen noch unklar ist, zeichnen sich gewisse Trends bereits deutlich ab.
Im Frühjahr 2020 gab es eine bundesweite Verordnung, laut der alle planbaren stationären Aufnahmen, Operationen und Eingriffe in Krankenhäusern ausgesetzt werden sollten – sofern medizinisch vertretbar. „Und die Krankenhäuser haben brav mitgemacht“, erklärte Professor Dr. Joachim Labenz vom Diakonie Klinikum Jung-Stilling in Siegen. Dazu kam, dass viele Patienten aus Sorge vor Ansteckung oder aus Rücksicht auf die eingeschränkten Kapazitäten den Arzt- oder Klinikbesuch aus eigenen Stücken vermieden. „Das muss natürlich irgendwelche Auswirkungen haben“, so der Kollege.
Tatsächlich nahm laut einer Studie mit 36 beteiligten deutschen Notaufnahmen die Zahl der Notfälle im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr um insgesamt 13 % ab. Der größte verzeichnete Rückgang betrug 38 %. Eine andere Publikation – dieses Mal aus den USA – fokussierte die abdominalen Notfälle in einem Krankenhaus der höchsten Versorgungsstufe. Vom 15. März bis 15. April 2020 wurden zwar deutlich weniger dieser Ereignisse verzeichnet als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Die Patienten, die kamen, waren jedoch schwerer krank. So stieg die Rate auffälliger CT-Befunde von 32,7 % im Jahr 2019 auf 50,5 % im Jahr 2020 an. Während eine OP im März/April 2019 noch bei 26,3 % der Patienten erforderlich war, lag die Quote 2020 bei 47,6 %.