22. Okt. 2021Keine Milbe walten lassen

Krätze und Läuse erkennen und beseitigen

Werden Skabies oder Pediculosis capitis nicht adäquat behandelt, kann es rasch zu lokalen und generalisierten Symptomen kommen. Zum Glück gibt es Mittel, die die Plagegeister rasch beseitigen.

Kopflausbefall
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Hauptsymptom bei Kopflausbefall ist der Juckreiz. Der aber tritt regelmäßig erst mehrere Wochen nach der Infektion auf, sodass sich die blutsaugenden Parasiten oft bereits auf andere Personen ausgebreitet haben, so Prof. Dr. Hermann Feldmeier vom Institut für Mikrobiologie und Infektionsimmunologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin.

Meist hat ein Kind weniger als zehn Kopfläuse, was das Auffinden der kleinen Insekten und somit die Diagnose enorm erschwert. In aller Regel liefert erst das systematische Auskämmen des feuchten und mit einer Haarspülung behandelten Haars den Nachweis eines Befalls.

Finden sich dann tatsächlich Läuse oder Nissen, wird mit Dimeticonen behandelt, also rein physikalisch wirkenden, nicht resorbierbaren Substanzen. Man verteilt diese Präparate im Haar und lässt sie je nach Produkt unterschiedlich lange einwirken. Dabei breiten sich die Wirkstoffe über den Chitinkörper der Laus hinweg aus und dringen aufgrund ihrer geringen Oberflächenspannung in das Atmungssystem der Insekten ein, wo sie den Sauerstoff verdrängen und den Wasserhaushalt der Parasiten durcheinanderbringen. Die Kinder können sofort wieder in die Schule oder in den Kindergarten gehen.

Skabies verursacht vielfältige Bilder

Skabies wird durch Krätzmilben hervorgerufen. Die mit bloßem Auge kaum sichtbaren Spinnentiere verursachen zunächst einen Ausschlag, der sich zu Papeln und schließlich zu Bläschen entwickelt. Insgesamt entstehen äußerst vielfältige Bilder, wobei die Effloreszenzen einzeln oder in Clustern vorliegen können. Grundsätzlich verlangt die Diagnose der Skabies einige Erfahrung, stellt Prof. Feldmeier klar (s. Kasten). Zwar ist immer wieder von den pathognomonischen Milbengängen die Rede, doch wenn man den Patienten zu sehen bekommt, hat dieser sich wegen des ausgeprägten Juckreizes oftmals schon so intensiv gekratzt, dass die Tunnel kaum mehr zu erkennen sind, oder sie sind durch Verkrustungen oder bakterielle Superinfektionen zerstört. Wegweisend sind eher die perlmuttartig schimmernden Bläschen, die der Eintrittspforte der weiblichen Milben entsprechen, und die sogenannten Milbenhügel, eine Aufwölbung des Stratum corneum am vorderen Ende des Milbengangs.

Da es die Spinnentierchen warm mögen und dünnere Hautbereiche bevorzugen, lassen sich die Effloreszenzen am ehesten in den Interdigitalfalten von Händen und Füßen finden, an den Streckseiten der Ellenbogen und an den Knöcheln, im Leistenbereich, in Axillar- und Analfalte sowie perianal und v.a. am Penisschaft. Lymphadenopathien deuten auf bakterielle Superinfektionen hin.

Ähnliches gilt für Pusteln und gelbliche Krusten. In solchen Fällen sollte man Haut abschaben und auf Staphylococcus aureus und vor allem Streptokokken der Gruppe A untersuchen lassen. Letztere können eine Post-Streptokokken-Glomerulonephritis hervorrufen. Abhängig davon, welche Variante der Skabies vorliegt, kommen differenzialdiagnostisch u.a. ein atopisches Ekzem, Arzneimittelexantheme, ein bullöses Pemphigoid, Insektenstiche und auch eine Langerhanszell-Histiozytose in Betracht.

Krätzmilben ja oder nein?

Die International Alliance for the Control of Scabies hat Kriterien festgelegt, wann die Diagnose Skabies gestellt werden soll:

  • bei Nachweis von Milben, Milbeneiern oder Kotpäckchen in der Auflichtmikroskopie von Hautgeschabsel oder mittels Dermatoskopie
  • oder bei einem der drei Zeichen Milbengang, Effloreszenz am Penis, charakteristische Hautveränderungen an typischer Stelle und Kontakt mit Erkrankten

Verdacht auf Befall mit Krätzmilben besteht bei folgenden Merkmalskombinationen:

  • charakteristische Effloreszenzen an typischer Körperstelle, mit starkem Juckreiz
  • oder charakteristische Hautveränderungen in typischer Körperregion und Skabies bei einer Kontaktperson
  • oder atypische Hautveränderungen und/oder in atypischer Körperregion bei intensivem Juckreiz, zugleich Skabies bei einer Kontaktperson

Topische und orale Therapieoptionen

Die Behandlung der Skabies kann topisch erfolgen:

  • Permethrin: Den gesamten Körper eincremen. Das Präparat zwölf Stunden auf der Haut belassen. Nach 7–14 Tagen wiederholen. Achtung: Die Wirksamkeit von Permethrin scheint abzunehmen.
  • Benzylbenzoat: Anwenden wie Permethrin, die Einwirkzeit beträgt 8 Stunden an 3 Tagen in Folge. Nach 10 Tagen wiederholen.
  • Crotamiton: Die Anwendung erfolgt, wie beim Benzylbenzoat beschrieben, an 3–5 Tagen in Folge.

Als orales Medikament steht Ivermectin zu Verfügung. Es werden 200µg/kg KG gegeben und die Behandlung nach ein bis zwei Wochen wiederholt. Zwar soll die Substanz erst ab fünf Jahren und einem Körpergewicht über 15kg zum Einsatz kommen, doch Prof. Feldmeier berichtet, dass das Antiparasitikum mit Erfolg und ohne wesentliche Nebenwirkungen auch bei jüngeren Kindern verwendet wird.

Quelle Text und Abb.: Feldmeier H. internistische praxis 2021; 63: 616–630 © Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune