29. Juni 2020Bestimmte Fussballer sind empfänglicher für Nervenschäden

Genetisches Kopfballrisiko

Das APOE-ε4-Allel, eine Genvariante für das Apolipoprotein E, gilt als einer der wichtigsten Risikomarker für die Alzheimerkrankheit. Und offenbar erhöht der entsprechende Genotyp auch bei Sportlern, die gerne einmal den Kopf hinhalten, die Gefahr für neuronale Schäden.

Zwei Fußballer in Aktion
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Schon seit Längerem deuten Studiendaten darauf hin, dass kopfballstarke Fussballer ihre Hirngesundheit riskieren. Die häufigen Kopfballstösse können sich, auch wenn jeder einzelne nur ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma verursacht, in der Summe doch zu einer Schädigung des Denk­organs kumulieren. Dies gilt im Besonderen für diejenigen Kicker, die als Genvariante für das Apolipoprotein E das APOE-ε4-Allel in ihrem Genom haben, berichtet ein Autorenteam um Dr. Liane E. Hunter vom New Yorker Albert Einstein College of Medicine.

352 erwachsene Amateurfussballer wurden von den Wissenschaftlern über ein Jahr hinweg regelmässig befragt, wie oft sie den Ball mit dem Kopf gespielt hatten. Zugleich unterzogen sich die Frauen und Männer einem Wortgedächtnistest. Ausserdem wurden sie auf das APOE-ε4-Allel hin genotypisiert.

Im Gedächtnistest deutlich schlechter abgeschnitten

APOE-ε4-positive Spieler, die in den zwölf Monaten zuvor in Wettkampf und Training den Kopf oft und gerne eingesetzt hatten, schnitten im Gedächtnistest mehr als viermal schlechter ab als ihre ­APOE-ε4-positiven Sportsfreunde mit nur wenigen Kopfstössen. Noch deutlicher war der Unterschied gegenüber den Spielern ohne die fragliche Genvariante, die auf ihren Kopf achtgegeben hatten. Diese Kicker brachten im Gedächtnistest mehr als achtmal bessere Ergebnisse.

Belegt ist laut Dr. Hunter und Kollegen, dass auch Boxer und American-Football-Spieler mit dem APOE-ε4-Allel besonders anfällig für Hirnschäden sind. Das gilt anscheinend, sobald ein bestimmtes Mass an leichten Schädel-Hirn-Traumata überschritten ist. Womöglich liegt bei den Trägern des Allels diese Schwelle niedriger, sodass sich die subklinischen Schäden eher zu einem messbaren Symptom kumulieren. Oder es handelt sich um einen neurodegenerativen Prozess, der erst nach Überschreiten einer kritischen Marke startet, so eine andere Vermutung der Autoren. Die nachgewiesenen Defizite wären dann ein Hinweis darauf, dass der Abbau bei Personen mit der Genvariation früher beginnt.

Hunter LE et al. JAMA Neurol 2020; doi: 10.1001/jamaneurol.2019.4828