«Dos» und «Don’ts»
Für die Schwangerschaftsverhütung steht eine grosse Palette sicherer Kontrazeptiva zur Verfügung. Am Kongress für Praktische Gynäkologie und Geburtshilfe (KPGG) ging Dr. Nina Manz, Oberärztin an der Frauenklinik im Triemli, auf Vor- und Nachteile der Kontrazeptiva speziell für Mädchen ein und diskutierte einige Spezialfälle.
Vier von fünf Jugendlichen benutzen das Kondom. «Es ist mit Abstand Lieblings-Verhütungsmittel und das einzige Kontrazeptivum, das vor Geschlechtskrankheiten schützt, keine Nebenwirkungen hat und eine Vaterschaftsverhütung ermöglicht», erklärte Dr. Manz. Allerdings ist der Pearl-Index (PI) schlecht.
Punkto Verhütungssicherheit schneiden hormonelle Kontrazeptiva deutlich besser ab. «Kombinierte Ovulationshemmer haben auch oft noch einen Zusatznutzen», so die Expertin. Je nach Gestagen verbessern sie Akne, zyklusabhängige Beschwerden sowie Anämie und/oder Blutungsneigung. «Das Thromboserisiko ist bei unter 18-Jährigen mit 1:100 000 sehr gering», so die Expertin. Kontraindikationen wie Migräne, Rauchen und eine positive Familienanamnese müssen aber berücksichtigt werden. Ein Nachteil der Pille sind Nebenwirkungen wie Spotting, Gewichtszunahme und Kopfschmerzen.
Auch die Compliance ist ein grosses Problem, da die Pilleneinnahme häufig vergessen wird. «Mit Blick auf den noch nicht abgeschlossenen Knochenaufbau sollte unter 18-jährigen Adoleszentinnen möglichst eine Pille mit 30 µg EE verschrieben werden», betonte Dr. Manz. Das Risiko für ein Mamma- und ein HPV-assoziiertes Zervix-Karzinom steigt mit der Pille nur leicht an, für Eierstock- und Endometrium-Karzinome ist es sogar deutlich geringer als von Nichtpillenanwenderinnen.
Zervixdysplasie ist keine Kontraindikation für ein IUS
«Rein gestagenhaltige Kontrazeptiva können selbst eingesetzt werden, wenn eine kombinierte Pille kontraindiziert ist», erklärte die Expertin. Diese Monopräparate haben einen guten Pearl-Index und sind bei Dys- und Hypermenorrhoe vorteilhaft. Allerdings kann es bei einigen Jugendlichen zu Spotting und Schmierblutungen kommen. Diskutiert werden überdiese negative Effekte auf die Psyche.
Intrauterinsysteme (IUS) haben einen optimalen Pearl-Index, verursachen keine Compliance-Probleme, sind in der Langzeitanwendung kostengünstig und auch für Adoleszentinnen und Nulliparae gut geeignet, erklärte die Gynäkologin.
Eine Zervixdysplasie ist überdies keine Kontraindikation, das Risiko für entzündliche Erkrankung des Beckens und Extrauteringravidität auch nicht erhöht. Die Sicherheit von Levonorgestrel-haltigen IUS und Kupferspiralen ist vergleichbar. Eine Einlage ist aber erst nach dem ersten Geschlechtsverkehr sinnvoll. Nicht empfohlen sind Kupferball und -kette.
«Eine Notfallkontrazeption mit Levonorgestrel kann bis 72 Stunden, mit Ulipristalacetat sogar bis 120 Stunden nach einem ungeschützten Geschlechtsverkehr verabreicht werden», so die Expertin weiter. Kommt Ulipristalacetat zum Einsatz, müsse aber die Pilleneinnahme für mindestens fünf Tage unterbrochen und für 14 Tage zusätzlich mit einer Barrieremethode verhütet werden.
Kontrazeption in Spezialsituationen
Patientinnen mit Epilepsie haben gemäss Dr. Manz häufig Risikoschwangerschaften und werden auch überdurchschnittlich oft unerwünscht schwanger. Aufgrund von Wechselwirkungen senken hormonelle Kontrazeptiva und Antiepileptika gegenseitig die Wirksamkeit herab. «Für diese Patientinnen ist eine Kontrazeption mit einem rein gestagenhaltigen Präparat, mit einer kombinierten Pille im Langzyklus und vermutlich auch mit einem IUD sicher», so die Expertin. Müssen enzymreduzierende Antiepileptika eingenommen werden, sollte möglichst eine kombinierte Pille verschrieben werden, die ein Gestagen mit einer mehr als doppelten Ovulationshemmung und mindestens 30 µg Ethinylestradiol enthält.
Bei einer Anorexie sind mit Ausnahme von Depot-Gestagen alle Verhütungsmethoden geeignet. Auch adipöse Adoleszentinnen können mit allen Kontrazeptiva verhüten. Bei stark adipösen Jugendlichen steigt allerdings das Thromboserisiko an. «Kommt zum starken Übergewicht ein weiteres Problem hinzu, wie zum Beispiel Bluthochdruck, ist die Pille kontraindiziert», betonte Dr. Manz. «Hormonstäbchen sollten bei Übergewichtigen bereits nach 24 Monaten gewechselt werden. Und ab einem Körpergewicht von 90 kg bietet der Patch keine Sicherheit mehr vor einer Schwangerschaft», führte die Expertin weiter aus.