1. Juni 2014Der Cluster-Kopfschmerz

Periorbitale Kopfschmerzen mit autonomen Begleitsymptomen

Neben dem Cluster-Kopfschmerz als typischem Vertreter „trigemino-autonomer Kopfschmerzen (TAC) fallen auch die paroxysmale Hemikranie, Hemicrania continua und das SUNCT-Syndrom unter diesen Begriff, sagte Professor Dr. Dr. Stefan Evers von der Neurologie im Krankenhaus Lindenbrunn in Coggenbrügge.

Die Trigeminusneuralgie gehört dagegen nicht dazu. Kennzeichnend für alle TAC sind periorbitale Kopfschmerzen mit zusätzlichen ipsilateralen autonomen Symptomen (s. Kasten). Nur eines dieser Symptome muss erfüllt sein.

Jeder 10. Cluster-Patient hat Suizidversuch hinter sich

Der Cluster-Kopfschmerz wird im englischen Sprachgebrauch nicht umsonst auch „suicid-headache“ genannt. 65,5 % der Betroffenen haben schon einmal an Selbstmord gedacht und 9,1 % schon einen Versuch hinter sich. Mit einer Lebenszeitprävalenz von 0,1 bis 0,4 % tritt die Erkrankung so häufig auf wie die multiple Sklerose, erklärte Prof. Evers.

Männer sind viermal mehr betroffen und der Erstmanifestationsgipfel liegt bei 25 bis 30 Jahren. 85 % der Cluster-Patienten leiden unter der episodischen Form und bei 15 % sind die meist nachts auftretenden Schmerzen chronisch. Viele der Betroffenen sind schwerste Kettenraucher, wobei nicht klar ist, was hier Ursache und Wirkung ist. Ein Nikotinentzug ändert auf jeden Fall nichts am Cluster-Kopfschmerz.

Die Diagnose Cluster-Kopfschmerz kann gestellt werden, wenn sich wenigs­tens fünf Attacken ereignet haben, die folgende Kriterien erfüllen.

  • starke einseitige orbital/temporale Schmerzen von 15–180 min Dauer
  • wenigstens ein autonomes Begleitsymptom
  • Frequenz zwischen 0,5 bis 8 pro Tag

Episoden mit häufigen Einzelattacken dauern in der Regel zwischen sieben Tage und ein Jahr (im Mittel sechs Wochen). Dazwischen kommt es zu Remissionen von mindestens einem Monat. Treten die Attacken länger als ein Jahr ohne Pause auf, spricht man von einem chronischen Cluster-Kopfschmerz.

Bunte Palette autonomer Symptome

Zu den TAC-Kennzeichen gehören:

  • Konjunktivale Injektion und/oder Lakrimation
  • Nasale Kongestion u./o. Rhinorrhö  
  • Lidödem
  • Schwitzen des Gesichts u./o. der Stirn
  • Rötung des Gesichts und/oder der Stirn  
  • Gefühl eines verstopften Ohres
  • Ptosis und/oder Miosis Körperliche
  • Unruhe oder Agitiertheit

Auch bei der paroxysmalen Hemikranie leiden die Patienten unter attackenweise auftretenden einseitigen starken orbital/temporalen Kopfschmerzen mit mindestens einem autonomen Begleitsymptom. Mit einer Dauer von 2–20 min sind die einzelnen Attacken deutlich kürzer, treten dafür aber meist häufiger am Tag auf (mindestens fünf Attacken pro Tag). Anders als beim Cluster-Kopfschmerz sind Frauen häufiger betroffen (2,5:1). Zum Teil können die Schmerzattacken durch Kopfbewegungen ausgelöst werden.

Auch hier unterscheidet man eine episodische und eine chronische Verlaufsform. Die Therapie ersetzt bei dieser Kopfschmerz-Art auch gleich die Diagnostik: Der Schmerz spricht komplett auf Indometacin an (Höchstdosis 300 mg/d, dann niedrige Erhaltungsdosis von etwa 15 mg/d). Geht der Schmerz unter Indometacin nicht weg, war höchstwahrscheinlich die Diagnose falsch, erläuterte der Experte.

Bei SUNCT-Syndrom hilft am ehesten Lidocain

Die Hemicrania continua gehört ebenfalls zu den TAC. Anders als bei den anderen Erkrankungen handelt es sich um einen einseitigen Dauerkopfschmerz (mindes­tens drei Monate) ohne schmerzfreie Intervalle. Die Intensität ist meist mittelstark, mit einzelnen Exazerbationen. Zumindest dann sollte zusätzlich ein autonomes Symptom bestehen. Auch die Hemicrania spricht auf Indometacin an.

Ein seltenes Krankheitsbild ist das SUNCT-Syndrom (shortlasting unilateral neuralgiform headache attacks with conjuctival injection and tearing). Mit 10 bis 20 Sekunden sind die Attacken noch kürzer (aber länger als bei der Trigeminusneuralgie). Die Frequenz liegt bei drei bis 200 Attacken pro Tag. Es sind vorwiegend ältere Menschen betroffen (mittleres Alter bei Erstmanifestation 52 Jahre). Männer erkranken doppelt so häufig wie Frauen. Das SUNCT-Syndrom ist ausgesprochen schlecht zu behandeln. Am besten hilft wohl die intravenöse Injektion von Lidocain – diese sollte aber nur auf der Intensivstation erfolgen.

Quelle: 58. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung
Abb.: © Francisca Mesa Navarro, erstellt im Rahmen des Arte Cluster Projects von Claudio Geraci