Interdisziplinäre Ablationen bei Vorhofflimmern
Welches ist die optimale Therapie für einen Patienten bei einem hartnäckigen Vorhofflimmern? Mit dem Zürcher Herz & Rhythmus Zentrum existiert seit kurzem eine Institution, in der zwei Herzchirurgen und ein Kardiologe mit Schwerpunkt Elektrophysiologie ein Heart-Team bilden und interdisziplinär vorgehen.
Das Herz & Rhythmus Zentrum ist als selbständiges Zentrum der Klinik Im Park und der Klinik Hirslanden angegliedert. Sein Gründer ist Professor Dr. med. Sacha P. Salzberg, Facharzt für Herz- und thorakale Gefässchirurgie (FMH). Ergänzend zu den klassischen Herzoperationen ist er Experte im Bereich von minimal-invasiven Eingriffen am Herz und hat die thorakoskopische Ablation bei Vorhofflimmern in der Schweiz eingeführt. Seine Partner sind der Thorax- und Herzchirurg Dr. med. Wim-Jan van Boven (PhD) und der Kardiologe Dr. med. Thomas Zerm.
Das Team am Herz & Rhythmus Zentrum ist spezialisiert auf minimalinvasive Herzchirurgie und im speziellen die chirurgische Ablation bei hartnäckigem Vorhofflimmern sowie alle anderen komplexen Ablationen.
In dem Zentrum werden verschiedene Ablationsverfahren durchgeführt. Dazu gehört die Katheterablation bei Vorhofflimmern über die Leiste bei symptomatischen Patienten unter elektrophysiologischer Kontrolle. Bei der Hybrid-Ablation wird eine elektrophysiologische Untersuchung und Behandlung mit dem Katheter in Kombination (entweder Gemeinsam in einer Sitzung oder zeitlich versetzt (engl. Staged) mit der chirurgischen Ablation durchgeführt, ein Vorgehen, das speziell bei lang persistierendem Vorhofflimmern, d.h. komplizierten Fällen angewendet wird.
An der Mündungsstelle der Lungenvenen in den linken Vorhof vom Herzen entsteht das paroxysmale Vorhofflimmern. Hier kommt es zu «Fehlzündungen», den Foci, die ein elektrisches Chaos verursachen – was die Patienten als Arryhthmie empfinden. Mit der Ablation wird das Gewebe verödet und es bildet sich eine Narbe. Das Narbengewebe ist die eigentliche elektrische Isolierung. Leider müssen diese Eingriffe manchmal mehrmals wiederholt werden.
Wenn keine deutliche Besserung erzielt werden kann, empfiehlt Prof. Salzberg die chirurgische Ablation. In Vollnarkose wird der Patient zunächst auf der rechten Seite operiert. Dazu wird nur die linke Lunge beatmet und die rechte abgelassen. Drei 5 mm kleine Schnitte werden für die Instrumente angelegt. Dann wird der Herzbeutel eröffnet, je nach Situation wird dann zuerst ein 3D-Mapping gemacht, danach wird die Lungenvenen-Isolation mit der Radiofrequenz-Klemme durchgeführt. Dann wird auf die linke Seite gewechselt und nach dem gleichen Prozedere fortgefahren und am Schluss das Herzohr mit einem Atriclip an der Basis verschlossen. Der gesamte Eingriff dauert ca. 90 Minuten. Der Patient bleibt in der Regel drei Tage in der Klinik und kann dann nach Hause oder in die Reha entlassen werden.
Bei den Rhythmusstörungen ist das Ziel, den Sinusrhythmus wiederherzustellen, entweder mit Medikamenten oder mit Ablation. Junge Patienten möchten nicht ihr Leben lang Medikamente einnehmen. Aktuelle Studien zeigen, dass die Mortalität und die Re-Hospitalisierung bei Vorhofflimmern langfristig zugunsten der frühzeitigen Ablation im Vergleich zu Medikamenten vermindert ist. «Vorhofflimmern führt zu Vorhofflimmern», das haben wir von der Maastrichter Schule gelernt, so Prof. Salzberg. Je früher man eine Ablation durchführt, desto besser ist es für den Patienten, auch für diejenigen ohne Symptome.
Welcher Patient mit Vorhofflimmern soll zum Herzchirurgen?
Prof. Salzberg: Ich hatte kürzlich eine 38-jährige Patientin, die seit 20 Jahren unter Vorhofflimmern leidet und drei Mal katheterablatiert wurde bevor sie zu mir kam. Nach der chirurgischen Ablation ist sie beschwerdefrei. Das einzige, was die Patientin nach dem Eingriff bedauert ist, dass man sie nicht früher auf diese unsere Technik aufmerksam gemacht hat. Für diese Methode kommen Patienten in Frage, die an einem hartnäckigen Vorhofflimmern leiden. Wir möchten die Ärzteschaft darüber informieren, dass es noch eine adjuvante Option im Therapiearsenal der Vorhofflimmer Therapien gibt. Bevor ich bei einem Patienten von einer Rhythmus- auf eine Frequenzkontrolle wechsle, was bedeutet, dass man es aufgegeben hat, den Sinusrhythmus wiederherzustellen, biete ich die Chirurgie an – wenn diese vor Ort existiert und der Patient mitmacht.
Ein weiterer Aspekt ist, dass einige Patienten mit Vorhofflimmern die Antikoagulanzien absetzen möchten, oder auch müssen. Wir verschliessen mit einem Clip das linke Herzohr, was beim chirurgischen Eingriff von aussen einfach ist, im Vergleich zum Setzen eines Schirms von Innen. Nach dem Herz-ohr-Verschluss braucht es keine Antikoagulanzien mehr, auch kein Aspirin oder Plavix. Das ist ein schlagendes Argument.
Welchen Stellenwert hat die thorakoskopische Ablation?
Prof. Salzberg: Die Lungenvenen-Isolation ist der wichtigste Baustein jeder Vorhofflimmer-Ablation. Die prospektiv randomisierte STAR-AF-II-Studie hat das bestätigt.1 Wir veröden bei der thorakoskopischen Ablationen epikardial und abladieren eine grosse Fläche. Da wir zwischen zwei Polen arbeiten und nicht so sehr auf andere Strukturen achten müssen, können wir viel höhere Energien einsetzen und viel effektiver das Gewebe veröden. Zusätzlich hat das Clippen des Herzohrs auch noch den Vorteil, dass das linke Herzohr elektrisch isoliert ist.
Warum wird diese thorakoskopische Ablation in der Schweiz nur in Ihrem Zentrum angeboten?
Prof. Salzberg: Die Methode ist chirurgisch anspruchsvoll und benutzt lungenchirurgische Techniken. Es liegt sicherlich an der Ausbildung der hiesigen Herzchirurgen, die keine Thoraxchirurgen sind. In den Niederlanden und im angelsächsischen Raum ist das anders, weil dort die Herzchirurgen per Ausbildung Thoracic Surgeons sind. In der Schweiz bin ich seit zehn Jahren der einzige, der das macht. Ich habe ein Jahr lang in den Niederlanden gelernt.
Ich habe mich auch die Vorhofflimmer-Nische festgelegt und sehe, dass es dort ein Wachstumspotenzial gibt. Die Herzchirurgen, die sich für das Vorhofflimmern interessieren, bilden eine kleine Gruppe, die aber stetig wächst. Für die Schweiz ist ein Zentrum ausreichend. Wir brauchen Patientenzahlen, um oft zu operieren und damit eine hohe Qualität garantieren zu können. In den Guidelines hat die thorakoskopische Ablation eine IIa-Indikation. Insgesamt ist für 90 % der Patienten mit Vorhofflimmern die Katheterablation das Mittel der Wahl, aber bei ca. 10 % kann die Chirurgie sehr effektiv unterstützen.
Ein Patient mit paroxysmalem Vorhofflimmern sollte eine Katheterablation bekommen, wenn nötig auch eine zweite, danach sollte man die Chirurgie in Betracht ziehen.
Bei persistierendem Vorhofflimmern kann man genauso verfahren, oder wir schlagen das sogenannte «Staged Hybrid» vor, nämlich zuerst die Chirurgie und nach drei Monaten einen Zweiteingriff mit dem Katheter, um dann die chirurgisch gesetzten Narben zu prüfen und ggf. zusätzlich im Herzinneren weitere Herde zu veröden. Der Hybrid-eingriff kombiniert die Vorteile der minimaleninvasiven Chirurgie mit der Katheterablation.*
Wie häufig führen Sie die Eingriffe durch?
Prof. Salzberg: Mittlerweile sind 95 % der Eingriffe, die ich mache, thorakoskopische Ablationen. In der Schweiz werden etwa 3000 Katherablationen im Jahr durchgeführt mit steigender Tendenz. Mit den vermehrten Katheterablationen, wird es auch mehr Patienten mit Rezidiven geben. Patienten mit Risikofaktoren für schlechtes Outcome nach Katheterablation wie langjähriges Flimmern, langjährige Hypertonie und vergrösserte Vorhöfe sind ebenfalls Patienten, die für die thorakoskopische Ablation in Frage kommen.
Welche Vorteile bietet ein Zentrum wie Ihres?
Prof. Salzberg: Da wir dem Patienten alle Behandlungsmöglichkeiten beim Vorhofflimmern anbieten können, gibt es bei uns keinen Interessenskonflikt bezüglich der ausgewählten Methode. Bei uns kommt alles in einen Topf und wird dann geteilt. Der Heart-Team-Gedanke muss gelebt werden, nur so kann dies zu guten Resultaten und hoher Patientenzufriedenheit führen. Dies bringen wir im Herz & Rhythmus Zentrum einen Schritt weiter, indem wir uns auf die Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern konzentrieren. Wir besprechen im Heart-Team objektiv, welche Behandlung für den Patienten am besten ist.
Vielen Dank für das Gespräch.
Interview:
Winfried Powollik
Referenzen:
- Frankel AD, Dixit S. Beyond Pulmonary Vein Isolation for Persistent Atrial Fibrillation. Circulation: Arrhythmya and Electrophysiology 2018; 11: e006102.