Rheuma nach Tropenaufenthalt
PFÄFFIKON SZ – Mit der Reisetätigkeit werden heute vermehrt auch in der Schweiz wenig bekannte tropische Infektionskrankheiten eingeschleppt. Einige gehen mit persistierenden Arthralgien und Arthritiden einher. Dr. Andreas Neumayr vom Tropeninstitut in Basel gab am Symposium Rheuma Top einen Überblick.
Zu Beginn seines Vortrages präsentierte der Tropenmediziner das Fallbeispiel einer 60-jährigen Frau, die während eines Thailand-Aufenthaltes akut erkrankte. Vor Ort wurde ihr aufgrund der Klinik – Fieber, Arthralgien, makulopapulöser Ausschlag – Dengue-Fieber diagnostiziert und die Patientin mit Paracetamol und Prednisolon behandelt. «NSAR sind bei Dengue nicht indiziert, weil die Infektion mit einer Thrombozyten-Aggregationsstörung und einem starken Abfall der Thrombozyten einhergeht», erläuterte Dr. Neumayr.
Dengue-Serologie war negativ
Weil die Gelenkbeschwerden nach ihrer Rückkehr in die Schweiz persistierten, suchte die Frau das Reiserückkehrerzentrum im Basler Tropeninstitut auf, wo eine Dengue-Serologie durchgeführt wurde. Diese war negativ, doch das Beschwerde-Bild sprach dennoch für eine Infektion mit einem Arbovirus. «Wenn Arbovirus-Infektionen symptomatisch werden, verursachen sie Fieber, Ausschlag und muskuloskelettale Symptome, speziell bei Dengue und Gelbfieber selten auch Hämorrhagien sowie bei FSME und dem Westnilfieber eine Meningoenzephalitis», so der Experte.
Von den über 100 pathogenen Arten der Arboviren spielen in der Schweiz vor allem Dengue, Zika und Chikungunya eine Rolle. «Für eine Dengue-Infektion sprechen vor allem Symptome wie Myalgien, Hämorrhagien, Kreislaufschock, eine Meningoenzephalitis und ein Hautausschlag, der sich nach der Akutphase mit weissen Inseln in einer erythematös rot gefärbten Haut präsentiert», führte Dr. Neumayr aus. Ein makulopapulöses Exanthem ohne weisse Inseln in Kombination mit einer Konjunktivitis und peripheren subkutanen Ödemen spricht hingegen eher für eine Zika-Infektion. Typisch für Chikungunya wiederum sind schmerzhafte Arthralgien und Gelenkschwellungen. Mit Chikungunya hatte sich auch die Frau im Fallbeispiel infiziert.
«Bei Chikungunya persistieren die polyarthritischen Beschwerden oft über Wochen, manchmal auch über Monate und selten sogar über Jahre», so der Infektiologe. Initial ist eher ein unspezifisches generalisiertes Befallsmuster zu sehen, das sich im Verlauf auf die kleinen Gelenke fokussiert. Die Prävalenz für eine chronische Arthritis nach einer Chikungunya-Infektion beträgt 25 %. Die Hälfte dieser Patienten erfüllt die Kriterien für eine Rheumatoide Arthritis (RA) oder eine seronegative Spondylitis, die andere Hälfte der Patienten leidet eher an muskuloskelettalen Beschwerden, Polymyalgien und unspezifischen polyarthralgischen Symptomen. «Die Infizierten haben ein ähnliches proinflammatorisches Zytokin-Profil wie bei der RA und werden darum auch gleich, mit NSAR und/oder Glukokortikoiden, behandelt», so Dr. Neumayr. Methotrexat allerdings ist wie Hydroxychloroquin, TNF-α-Blocker und Etanercept bei Chikungunya ungeeignet. Das Virus kommt vor allem in den Tropen Südostasiens, Afrikas und Süd- und Mittelamerikas vor. Weil es auf einheimische Mücken überspringen kann, rechnen Experten in Zukunft mit vermehrten Chikungunya-Fällen in der Schweiz.
Auch Alphaviren verursachen Arthralgien
Polyarthralgien persistieren nicht selten auch nach einer Infektion mit dem Mayaro-Virus, ein mit dem Chikungunya-Virus verwandtes Alphavirus. Es kommt im Regenwald im Amazonasbecken, in Mittelamerika und in der Karibik vor, wird über die Haemagogus-Stechmücke übertragen und verursacht ebenfalls akut Fieber, makulopapulösen Ausschlag und Gelenkschmerzen. «Typisch sind ausgeprägte Polyarthralgien der kleinen peripheren Gelenke mit einem symmetrischen Befall», erläuterte Dr. Neumayr. Initial weisen die betroffenen Gelenke auch Schwellungen auf. Behandelt werden die persistierende Arthralgien bei Mayaro-Infektion bis zur Beschwerdefreiheit mit einem NSAR.
Muskuloskelettale Beschwerden sind neben Fieber und Ausschlag auch klassische Symptome bei einer Infektion mit dem Ross-River- und Barmah-Forrest-Virus. «Diese Alphaviren sind insbesondere in Australien verbreitet, wo es in endemischen Gebieten jedes Jahr einige tausend Fälle gibt», so der Referent. Der Erreger wird über Kängurus und Wallabys durch Stechmücken übertragen. Nach einer Infektion persistieren Arthralgien nach sechs Monaten bei 50 % der Infizierten, nach einem Jahr noch bei 25 %. Die meisten dieser Patienten können mit NSAR erfolgreich behandelt werden.
«Ursache von persistierenden muskuloskelettalen Beschwerden bei Reiserückkehrern aus den Tropen kann mitunter auch noch eine andere durch Alphaviren verursachte Infektion sein, etwa nach einem Afrika-Aufenthalt mit O’Nyong Nyong und nach einer Nordeuropa-Reise mit dem Sindbis-Virus», führte Dr. Neumayr aus. Zudem kann sich bei einer reaktiven Arthritis auch immer eine Infektion mit einem einheimischen Virus (Parovirus B19, HIV, Hepatitis B/C, Enteroviren) oder mit Bakterien wie Salmonellen, Shigellen, Campylobacter, Clostridium difficile oder Chlamydia trachomatis verbergen.
CB