Wenn nach dem Schlaganfall die Worte fehlen
Zwar hatten bereits in der Vergangenheit mehrere Studien die Effektivität einer intensiven Sprach- und Sprechtherapie in dieser Situation belegt. Doch wegen zu geringer Patientenzahl und/oder methodischer Mängel wurden sie häufig nicht anerkannt. Hier setzt eine aktuelle Studie aus Münster an: Sie schloss insgesamt 156 Patienten im Alter von maximal 70 Jahren ein. Alle hatten einen Schlaganfall und litten danach mindestens sechs Monate an einer Aphasie.
Die Hälfte von ihnen erhielt eine intensive Sprach- und Sprechtherapie von mindestens zehn Stunden pro Woche über drei Wochen. Bei der anderen Hälfte wurde der Beginn der Therapie auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Vor Beginn und nach drei Wochen wurde beurteilt, wie gut die Patienten in Situationen des täglichen Lebens verbal kommunizieren konnten. Als Gradmesser für die Fortschritte diente die Amsterdam-Nijmegen-Everyday-Language-Test-A-Skala (ANELT).
In der Gruppe, die eine intensive Sprach- und Sprechtherapie erhalten hatte, verbesserte sich die verbale Kommunikationsfähigkeit signifikant. Dagegen blieb sie in der Wartelisten-Kontrollgruppe ohne Behandlung über drei Wochen unverändert. Der Therapieeffekt blieb auch nach sechs Monaten noch stabil.
Wie die Autoren betonen, besteht neben der Grösse ein weiterer Vorteil dieser Studie darin, dass nicht einzelne linguistische Funktionen, sondern die verbale Kommunikationsfähigkeit in Alltagssituationen untersucht wurde.
Abbruchrate von 0 % spricht für sich
Die Einschlusskriterien waren vergleichsweise liberal, sodass Patienten mit unterschiedlichen Schlaganfällen sowie verschiedenen Formen der Aphasie teilnehmen konnten. Deshalb lassen sich die Ergebnisse für alle Patienten mit Aphasie nach Schlaganfall – bis zu einem Alter von 70 Jahren – verallgemeinern.
Die intensive Sprach- und Sprechtherapie wurde unter normalen klinischen Bedingungen durchgeführt. Da kein Patient die Behandlung abbrach, ist durch die Studie gleichzeitig nachgewiesen, dass diese Form der Behandlung in der Praxis umsetzbar ist.
Breitenstein C et al. Lancet 2017; 389: 1528–1538.