24. Mai 2016

Venöse Insuffizienz „à la carte“ behandeln

Eine chronisch-venöse Erkrankung liegt vor, wenn morphologische oder/und funktionelle Anomalien des Venensystems und gleichzeitig entsprechende klinische Symptome oder Zeichen bestehen, schreiben Dr. Rolf P. Engelberger vom Centre Hospitalier Universitaire Vaudois, Lausanne, und Kollegen. Der Begriff chronisch-venöse Insuffizienz (CVI) bleibt fortgeschrittenen Stadien vorbehalten: Die Symptome reichen dabei von Ödemen ohne topische Hautveränderungen bis zum aktiven venösen Ulkus. Teleangiektasien und eine Beinvarikose fallen nicht unter diese Definition.

Um die optimale Behandlung der chronisch-venösen Insuffizienz festzulegen, genügt in den meisten Fällen eine Dopplersonographie der tiefen und oberflächlichen Beinvenen durch einen Angiologen oder Phlebologen. Nur wenn klinisch der Verdacht auf eine iliokavale Venenobstruktion besteht, sollte zusätzlich ein nichtinvasives oder invasives phlebographisches Bildgebungsverfahren erwogen werden.

Was die Patienten selbst tun können

  • Regelmäßige körperliche Aktivität (Gehen, Wassergymnastik)

  • Beine in Ruhe hochlegen

  • Haut sorgfältig pflegen

  • Gut passende Schuhe tragen, hohe Absätze vermeiden

  • Normalgewicht anstreben

 

Interventionelle Therapie bei Hautveränderungen

Kernstück der konservativen Behandlung ist und bleibt die elastische Kompression, betonen die Autoren. Denn Stützstrümpfe oder elastische Binden bessern die Muskelpumpe und verringern den venösen Reflux sowie die venöse Hypertonie, was Symptome und Ödeme reduziert. Die Wirkung kann zusätzlich durch „venenaktive“ Medikamente gesteigert werden, die den Gefäßtonus erhöhen und die Freisetzung von Entzündungsmediatoren bremsen. Die Patienten sollten aber auch selbst aktiv werden (s. Kasten).

Ob zusätzlich zur konservativen Therapie eine interventionelle Behandlung erfolgen sollte, hängt in erster Linie vom Stadium der Erkrankung, vom Schweregrad der Symptome und auch von den ästhetischen Ansprüchen des Patienten ab. Eine eindeutige Indikation zur interventionellen Therapie besteht bei Hautveränderungen (Pigmentierung, Atrophie blanche etc.) und abgeheiltem sowie aktivem Ulkus. Es gibt verschiedene Methoden, mit denen die Varizen mechanisch, thermisch oder chemisch entfernt bzw. abladiert werden können. In letzter Zeit wurden die endovenösen Techniken stark vorangetrieben, z.B. die endovenöse Thermoablation und die Schaum-Sklerotherapie.

Fibrose durch Wärmeenergie

Entsprechend aktueller Empfehlungen gilt die Thermoablation als Methode erster Wahl zur Behandlung der insuffizienten Vena saphena magna und parva. Am weitesten verbreitet sind die endovenöse Lasertherapie und die Radiofrequenzablation. Bei beiden Verfahren wird über eine ins Lumen eingeführte Sonde thermische Energie an der Venenwand appliziert, was einen fibrotischen Verschluss bewirkt. Die klassische chirurgische Therapie (Crossektomie und Stripping) ist heute nur noch Methode zweiter Wahl und kommt bei besonderen anatomischen Verhältnissen zum Einsatz.

Rezidive mit chemischen Verfahren angehen

Hinzu kommen chemische Verfahren wie die ultraschallkontrollierte Schaum-Sklerotherapie, die sich besonders für die Behandlung von Rezidiven eignet. Diese Methode zielt darauf ab, mit einer sklerosierenden Substanz das Endothel zu verletzen und dadurch eine progressive Fibrose der Gefäßwand zu erreichen. Während das Sklerosemittel früher in flüssiger Form verabreicht wurde, verwendet man inzwischen Schaum. Dies und die ultraschallgesteuerte Injektion haben dazu geführt, dass die Sklerosetherapie zu besseren Ergebnissen führt und mit weniger Komplikationen behaftet ist.

Insgesamt kommt es mit den neuen, endovenösen Techniken zu weniger postoperativen Schmerzen und kürzeren Arbeitsunfähigkeitszeiten. An weiteren chemischen endovenösen Methoden erwähnen die Autoren pharmakomechanische Verfahren und „Venenkleber“. Bei letzterem wird die Vene mit einem medizinischen Klebstoff verschlossen. Der klinische Nutzen dieser Methode muss allerdings noch in weiteren Studien überprüft werden.

Quelle: Rolf P. Engelberger et al., Schweizerisches Medizin-Forum 2016; 16: 337-343