16. Juni 2016Belastungsdyspnoe

So sichern Sie die Myokarditis-Diagnose

Wichtige Hinweise auf eine Myokarditis kann bereits die Anamnese liefern. Allerdings sind häufige Angaben wie kürzlich durchgemachte Infekte, Angina pectoris, Dyspnoe und Rhythmusstörungen keineswegs spezifisch für eine Entzündung des Herzmuskels, erklärte Professor Dr. Carsten Tschöpe vom Charité Centrum Herz-, Kreislauf- und Gefäßmedizin CC 11 Berlin. Auch das EKG kann in die Irre führen, denn mit ST-Hebungen und negativem T sieht es oft eher aus wie bei einem Herzinfarkt.

Mann sitzt auf dem Sofa und hat thorkale Beschwerden
iStock/Deepak Sethi

Troponin- und CRP-Wert liefern wichtigen Hinweis

Labordiagnostisch braucht man vor allem zwei Werte, den kardialen Muskelschädigungsmarker Troponin und den Entzündungsmarker CRP. Nach Ausschluss einer KHK spricht ein erhöhter Troponin-Wert ebenso wie ein erhöhtes CRP für eine Myo­karditis. Von einer Virusserologie riet Prof. Tschöpe dagegen ab. Denn die im Blut bestimmten Antikörper sagen nichts über einen Herzbefall. Auch die nuklearmedizinische Dia­gnostik wird heute nur noch bei konkretem Verdacht – z.B. auf eine Sarkoidose – eingesetzt.

Fest ins diagnostische Programm gehört dagegen die Echokardiographie: Sie erlaubt den Nachweis bzw. den Ausschluss einer funktionellen Einschränkung über die Bestimmung der linksven­trikulären Ejektionsfraktion (LV-EF). Außerdem lassen sich morphologische Veränderungen (z.B. Wandverdickung) oder die Beteiligung von Begleitstrukturen (z.B. Perikarderguss) erkennen. In Zweifelsfällen, etwa bei Patienten mit Adynamie trotz normaler Ejektionsfraktion, können neuere Techniken wie das Strain-Echo evtl. doch noch eine kardiale Schädigung aufspüren, erklärte Prof. Tschöpe. Wenig Sicherheit gibt ein MRT.

Neue Verfahren wie das T1- und T2-Mapping bieten zwar mehr Sensitivität, aber auch hier liegt der negativ prädiktive Wert in der Akut­phase nur bei 40 % bis 70 % und in der chronischen Phase knapp unter 50 % – möglicherweise, weil viele Patienten nur diskrete Veränderungen zeigen. Der definitive Nachweis der Myo­karditis und eine Einschätzung der Prognose gelingt nur mit der Myokardbiopsie, die deswegen nach wie vor als Goldstandard gilt. Die Entnahme von Gewebeproben mittels Herzkatheter ist vor allem in schweren Fällen indiziert, z.B. bei Patienten mit neu aufgetretener instabiler Herzinsuffizienz bzw. dilatativer Kardiomyopathie ohne bekannte Ursache. Bei ihnen findet man in der Histologie häufig eine Riesenzell- oder eosinophile Entzündung. Unbehandelt haben beide Formen eine schlechte Prognose.

Grundsätzlich sollten bei jeder Endokardbiopsie neben der histologischen Aufarbeitung des Gewebes auch eine Immunhistologie und eine molekulare Diagnostik erfolgen, betonte Prof. Tschöpe. Mithilfe der Immunhistologie lassen sich besonders gefährdete Myokarditis-Patienten identifizieren. Einen Risikomarker stellt beispielsweise das vermehrte zelluläre Auftreten von Perforin dar, das bei seiner Freisetzung die Kardiomyozyten „perforiert“. Mit einer ungünstigen Prognose muss man auch beim vermehrten Nachweis von CD3-positiven T-Zellen, T-Memoryzellen (CD45RO-positiv) oder CD20-positiven B-Zellen rechnen.

Schleichende Inflammation trübt die Prognose

Die molekulare Untersuchung dient dem Nachweis eines kardialen Befalls mit kardiotropen Viren wie Parvovirus B19, Adenoviren und (inzwischen selten) Coxsackie-Viren. Bisher ungeklärt bleibt der Krankheitswert von Parvovirus B19, dessen Erbsubstanz auch viele Gesunde in ihren Organen bergen. Bei 50–70 % der Patienten mit ungeklärtem EF-Verlust oder dilatativer Kardiomyopathie kann die Myo­kardbiopsie eine relevante Entzündung im Herzmuskel nachweisen. Dabei trüben vor allem schleichende „low grade“-Inflammationsprozesse die Prognose.

Patienten mit gesicherter Myokarditis werden nach Ausschluss einer Virusinfektion immunsuppressiv behandelt (Kortison, Azathioprin). Bei Enteroviren und Adenoviren kommt eine immunmodulatorische Therapie mit Interferon ß infrage. Unklarheit herrscht noch darüber, ob auch Patienten mit Parvovirus B19 Immunsuppressiva erhalten dürfen. Prof. Tschöpe ermittelte in einer kleinen Studie mit 28 Patienten keinen Nachteil gegenüber der virusfreien Kontrollgruppe, die LV-EF besserte sich und eine Virus-Reaktivierung blieb aus.

Quelle: 122. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Medizin