29. Dez. 2015

Rheuma mit Begleiterkrankungen – was tun?

Unter der Basistherapie mit biologischen DMARDs* stellt die mögliche Reaktivierung chronischer Infektionen ein besonderes Problem dar. Deshalb steht vor dem Therapiestart ein Screening auf chronische Virushepatitiden (HBV, HCV) und Tuberkulose auf der Agenda. Patienten mit unbehandelter chronischer Hepatitis B oder einer behandelten Infektion mit eingeschränkter Leberfunktion (Child-Pugh-Stadium ≥ B) dürfen kein Biologikum erhalten, betont das American College of Rheumatology (ACR).

HBs-Antigen-positive Patienten werden zunächst antiviral behandelt (z.B. mit Entecavir oder Tenofovir). Diese Therapie startet eine Woche vor der Rheumabehandlung und wird währenddessen fortgeführt. HBsAg-negative Patienten mit HBc-Antikörpern

Auf Tuberkulose screenen!
Zum Screening auf eine latente Tbc eignen sich Tuberkulin-Hauttests (TST) und Gamma-Interferon-Test (IGRA) – letzterer besonders für BCG-Geimpfte.

Bei positivem Ergebnis erfolgt zunächst ein Rö-Thorax (aktive Tbc?). Liegt eine latente Tuberkulose vor, wird einen Monat vor der Biologika-Therapie tuberkulostatisch behandelt.

Unter Biologika oft Reaktivierung chronischer Infektionen

Chronisch Hepatitis C-Kranke können ggf. auch ohne antivirale Therapie mit einem Biologikum behandelt werden (hepatologisches Konsil). Am ehesten eignet sich dann Etanercept. Schwere Leberschäden (Child-Pugh B und C) gelten auch hier als Ausschlussgrund.

Weit häufiger als an Hepatitis und Tbc leiden Rheumapatienten hierzulande allerdings an kardiovaskulären Erkrankungen – mit deutlich erhöhtem Mortalitätsrisiko. Denn die chronische Gelenkentzündung steigert die Gefäßgefahr beträchtlich. Umso wichtiger ist deshalb eine optimale Kontrolle der klassischen kardiovaskulären Risiken, betonen die Autoren.

Antikörper ab NYHA III kontraindiziert

Patienten, die einen Myokardinfarkt ohne Herzinsuffizienz überstanden haben, können mit TNF-Blockern behandelt werden. Ab NYHA II wird bei dieser Biologika-Gruppe zur Vorsicht geraten, ab NYHA III sind sie kontraindiziert. Ab NYHA IV darf man dann auch den CD20-Antikörper Rituximab nicht mehr verwenden.

Und wie gelingt die Therapie, wenn Rheuma und Krebs zusammentreffen? Schließlich modulieren biologische DMARDs das Immunsystem, was einerseits die Entwicklung, andererseits aber auch die Suppression von Malignomen fördern kann. Die Verbindung zwischen Biologika und Krebs ist sehr komplex, konstatieren die Autoren. Bei bestehenden Malignomen rät die kanadische Fachgesellschaft für Rheumatologie (CRA) von einer Biologika-Therapie ab, solange noch operative Eingriffe, Chemotherapie oder Radiatio anstehen. Liegt die Behandlung eines soliden Tumors schon länger zurück, sollten Biologika mit Bedacht eingesetzt werden.

Rechtzeitig impfen!
Idealerweise sollten RA-Patienten ihren Impfschutz bereits vor der Biologika-Therapie komplettieren. Während der Behandlung kann die Immunantwort, z.B. bei der Grippeschutzimpfung, deutlich schwächer ausfallen.

Lebendvakzine (z.B. MMR, Varicella zoster, Gelbfieber, Polio-Schluckimpfung) sind unter Biologika kontraindiziert, sie müssen spätestens vier Wochen vor Therapiebeginn verabreicht werden.

Vorsicht bei Malignomen: Biologika schwächen das Immunsysthem!

Nicht zu unterschätzen ist auch die interstitielle Lungenerkrankung (ILD), unter der bis zu 50 % der RA-Patienten leiden. Aktuellen Daten zufolge tritt diese unter TNF-Blockern ebenso häufig auf wie z.B. unter Methotrexat. Auch Rituximab und Tocilizumab können eine Pneumonitis auslösen oder eine vorbestehende ILD verschlimmern. Eine Biologika-Therapie sollte deshalb bei ILD-Patienten nur unter entsprechendem Monitoring der Lungenfunktion und in Absprache mit einem Pneumologen eingeleitet werden.

Rheumatoide Arthritis und chronisch obstruktive Lungenerkrankung treten nicht selten bei dem selben Patienten auf – zumal beide durch dieselbe Noxe, das Rauchen, getriggert werden. Trotz unterschiedlicher Studienresultate kommt eine Therapie mit TNF-Blockern auch für Rheumatiker mit COPD infrage, sofern Exazerbationen frühzeitig erfasst werden, schreiben die Autoren. Das Biologikum Abatacept sollte man wegen vermehrter Komplikationen bei symptomatischer COPD nicht einsetzen.

TNF-Alpha-Inhibitoren beeinflussen Diabetes positiv

Einer Therapie mit Biologika steht auch bei RA-Patienten mit Diabetes nichts im Wege. TNF-alpha-Inhibitoren erscheinen hier besonders günstig, da sie die Insulin-Resistenz reduzieren. Sie werden meist auch gut vertragen, allerdings sollte man auf das erhöhte Infektionsrisiko hinweisen, betonen die Autoren. Zudem sollten Patienten mit schlecht einstellbarem Diabetes beim Therapiestart besonders auf Hypoglykämien achten.

*Disease Modifying Antirheumatic Drug

Quelle: John S. Richards et al., BMJ 2015; 315: h3658;  doi: http://dx.doi.org/10.1136/bmj.h3658