Darmsanierung hilft chronisch Kranken
Migräne? Herz-Kreislauf-Probleme? Neurodermitis? Asthma? Reizdarm? Dr. Robert Bachmann von der Fachklinik für Naturheilverfahren, Malteser Klinik von Weckbecker in Bad Brückenau, sieht bei vielen chronischen Erkrankungen den Darm im Mittelpunkt des Geschehens: Wir essen zu viel, zu schnell, zu oft, zu spät und bombardieren die 300 Quadratmeter Darmmukosa quasi pausenlos mit Arbeit.
Dyspepsie, Reizmagen und Reizdarm durch Stress
Infolge des stressigen Lebensstils regiert der Sympathikus unseren Körper – "uns bleibt im wahrsten Sinne des Wortes die Spucke weg", so der Referent, "zwölf Liter Verdauungssäfte täglich produzieren wir nur im vagotonen Zustand".
Der überforderte, geschädigte Verdauungstrakt reagiert u.a. mit Dyspepsie, Reizmagen und Reizdarm, aber auch der Stoffwechsel wird negativ beeinflusst (Fett, Zucker, Harnsäure). Entzündungen flammen auf und die Seele gerät aus dem Gleichgewicht, erklärte der Kollege. Mit Darmsanierung und Fasten steuert er bei seinen Patienten gegen und hat damit gute Erfahrungen gemacht – und zwar bei folgenden Indikationen:
- funktionelle Magen-Darm-Erkrankungen
- Stoffwechsel-Probleme (metabolisches Syndrom, Hyperurikämie)
- muskuloskelettale Pathologien (Arthrose, Fibromyalgie, rheumatoide Arthritis)
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Hypertonie, PAVK, Herzinsuffizienz)
- Kopfschmerzen, Migräne
- Atopien (Asthma, Allergien)
- psychosomatische Beschwerden und Erschöpfungszustände
Das Konzept zielt darauf, die Patienten aus ihrer ergotrophen sympathikotonen in eine trophotrophe vagotone Lage zu führen, den gastrokolischen Reflex wiederherzustellen und die "Galle zum Fließen zu bringen", so Dr. Bachmann. Nach körperlicher Untersuchung, Erhebung von Laborbefunden, Blutdruck, Puls und EKG sowie einer sorgfältigen Medikamentenanamnese startet er das Heilfasten mit der Darmsanierung.
Kontraindikationen fürs Fasten
- maligne Erkrankungen/Kachexie
- Anorexia nervosa/Bulimie
- Psychosen
- Hypo-/Hyperthyreose
- Demenz
- Leber-/Niereninsuffizienz
- dekompensierte Herzleiden
- akute Infektionserkrankungen
- schwere Erschöpfungszustände
Morgens trinkt der Patient eine Bittersalzlösung (Magnesiumsulfat, ein gestrichener Teelöffel auf 250 ml Wasser). Die Lösung sollte am Abend vorher angesetzt werden und muss streng isotonisch sein, warnte der Kollege. Trinkt man eine hypertone Lösung (> 4 g Bittersalz auf 250 ml), strömt zu viel Wasser in den Darm, mit Folgen wie Elektrolytverlust, Dehydratation, Kollaps und Thrombose.
In der Fastenphase verzichtet der Patient auf feste Nahrung. Er darf z.B. Karottensuppe und Gemüsesäfte zu sich nehmen sowie vor allem viel Flüssigkeit – 3 bis 6 Liter bei einem Körpergewicht zwischen 50 und 100 kg – in Form von Kräutertees, Mineral- und Heilwässern, gutem Leitungswasser und Gemüsebrühe.
Trotz der Vorgabe "Verzicht auf feste Nahrung" darf der Patient mittags auch Gemüse essen, sofern er sich genügend Zeit dafür nimmt. "Wenn Sie Nahrung nur lange genug kauen und sie somit gut einspeicheln, fasten Sie eigentlich schon", erklärte Dr. Bachmann. Dass sich die Mukosabarriere dadurch regeneriert, könne man an den subjektiven Symptomen ablesen: Völlegefühl, Blähungen, Krämpfe, Druck und Schmerzen lassen allmählich nach.
Aufbautage mindestens über ein Drittel der Fastenzeit
Die Dauer des Fastens gestaltet sich individuell und kann bis zu vier Wochen betragen. Es gibt jedoch auch kürzere alltagstaugliche Versionen wie die Mini-Darmsanierung, bei der zweimal pro Woche das Abendessen weggelassen wird
Ziele des Fastens
Mit Darmsanierung und Fasten soll u.a. erreicht werden:
- vegetative Umstimmung (in Richtung Vagotonus)
- Entzündungshemmung (BSG)
- Schmerzlinderung (ab 3./4. Tag)
- Gewichtsreduktion (bis 1 kg/Tag in den ersten Tagen, dann 300–450 g/Tag)
- Blutdrucksenkung (cave: Überwachung, ggf. Dosisreduktion der Antihypertensiva)
Auf das Fasten folgt ein stufenweiser Kostaufbau über mindestens ein Drittel der Fastenzeit – sowie eine eingehende Beratung, damit der Patient auch auf Dauer profitiert.
Dr. Bachmann mahnt seine Schützlinge, sie sollen die langsame Essenstechnik beibehalten und sich nach Möglichkeit auch vor dem Essen Zeit zum Abschalten nehmen. Denn wer aus dem Alltagsstress heraus hektisch – vielleicht noch im Stehen – isst, landet schnell wieder in der sympathikotonen Zwickmühle.
Zur Prävention empfielt der Kollege seinen Patienten, vorbeugend ein bis zwei Fastenwochen im Jahr einzulegen. Auf Kontraindikationen des Darmsanierungsprogramms – vom akuten Infekt bis zur Anorexie (s. Kasten) – gilt es auf jeden Fall zu achten. Auch in der Stillzeit rät Dr. Bachmann vom Fasten ab.
Quelle: practica 2015