8. Juli 2015

Trockenes Auge? Schluss mit dem Reizzustand!

Beim Trockenen Auge gibt es zwei Unterformen: die hyposekretorische und die hyperevaporative Keratokonjunktivitis. Bei der hyposekretorischen Form ist die wässrig-muzinöse Zusammensetzung des Tränenfilms gestört. Es kommt unter anderem zu Problemen mit den Fließeigenschaften und der Kon­tinuität des Tränenfilms.

Risikofaktoren Alter, Rauchen und weibliches Geschlecht


   Mittel gegen Blepharitis

Die Blepharitis, welche die hyperevaporative Störung oft begleitet, lässt sich aber nur selten mit den o.g. Medikamenten beheben. Mehrere Zyklen mit lokal angewandtem Azithromycin bringen oft erst den gewünschten lang anhaltenden Effekt.


Systemisch kann man auch Doxycyclin oder Tetracyclin über Monate mit niedrigen, nicht antibiotisch wirkenden Dosierungen geben.


Ergänzend kommen semioperative Eingriffe (thermodynamische Therapie, exprimierende Kontaktlinsen) zum Einsatz.

Die hyperevaporative Form des Trockenen Auges dagegen basiert auf einer Störung der Lipidkomponenten der Tränen. Die Meibomdrüsen des Lidrandes produzieren weniger und qualitätiv veränderte Lipide. Die Verdunstungsbarriere sinkt und konsekutiv auch das Tränenvolumen, schreibt der Heidelberger Augenarzt Dr. Thomas Kaercher.

Als wichtigste Ursache für trockene Augen wird eine Funktionsstörung der Meibomdrüsen angesehen. Entweder produzieren sie zu viel (hypersekretorisch) oder zu wenig (hyposekretorisch) Sekret, das zudem qualitativ verändert ist. Hinter zu geringer Ausschüttung stecken häufig auch verstopfte Ausführungsgänge der Drüsen (Obstruktion).

Am PC Lider beim Blinzeln ganz schließen

Risikofaktoren für das Trockene Auge sind höheres Alter und – zumindest in Mitteleuropa – weibliches Geschlecht. Auch das Tragen von Kontaktlinsen, Rauchen, Arbeiten am Computer, Klimaanlagen und Zugluft spielen eine Rolle. Hautkrankheiten, wie Akne, Neurodermitis, seborrhoisches Ekzem und vor allem die Rosazea, kommen ebenfalls häufig gemeinsam mit trockenen Augen vor.

Beim hyposekretorischen Trockenen Auge klagen die Patienten vor allem über Brennen, Trockenheits-, Fremdkörper- und Sandkorngefühl im Auge. Auch kommen müde Augen und Lichtscheu vor. Bei entzündlicher Komponente sammeln sich inflammatorische Proteine in der Nacht im Auge an und die Patienten haben bereits morgens Beschwerden. Ein reiner Volumenmangel dagegen macht erst im Laufe des Tages Probleme. Lipidstörungen verursachen häufig eine Rötung und Verdickung der Lidkante.

Regelmäßig lüften

Therapeutisch sollte man das Problem kombiniert mit Allgemeinmaßnahmen und Medikamenten angehen, so der Augenarzt. Sinnvoll sind das Befeuchten der Raumluft, im Winter regelmäßiges Lüften und Vermeiden von Zugluft, z.B. im Auto. Vor allem bei Arbeiten am PC rät Dr. Kaercher den Patienten explizit, die Lider beim Blinzeln vollständig zu schließen. Damit wird die gesamte Kornea zuverlässig benetzt. Bei Kosmetika sollten die Patienten darauf achten, dass die Augenoberfläche nicht gereizt wird.

Für die medikamentöse Therapie ist der Unterschied zwischen hypo- und hypersekretorischer Keratokonjunktivitis sicca wichtig. Wird zu wenig Sekret gebildet, kommen Benetzungslösungen zum Einsatz. Die Augentropfen enthalten Polyvinyl-Alkohol, Polyvinyl-Pyrrolidon, Zellulose, Polyacrylsäure oder Hyaluron. Je nach Erkrankungsschwere wird zunächst mit wässrigen Ersatzstoffen behandelt. Bei schwerer Erkrankung kommen eher Gele zum Einsatz. Treten die Probleme nachts auf, sollte man Salben einsetzen.

Antiinflammatorische Therapie fast immer sinnvoll

Ein neues Verfahren stellt die Osmoprotektion dar. Dabei setzt man kompatible Tropflösungen mit L-Carnitin, Erythritol oder Trehalose ein, um das Auge vor osmotisch bedingter zellulärer Reaktion zu schützen. Bei schwerer Erkrankung kann man mit Verschluss-Plugs (aus Kollagen, Polymeren oder Silikon) im Tränenröhrchen den „Flüssigkeitsstand“ im Auge erhöhen. Durch Stimulation der Tränendrüse vermehren sich vor allem die wässrigen Sekretanteile. Verwendet wird dazu Eledoisin, das über die internationalen Apotheke erhältlich ist.

Unter Acetylcholinantagonisten, wie Pilocarpin und Cevimelin, leiden die Patienten häufig unter Nebenwirkungen. Bei Muzinüberschuss wird mittels 5%iger Acetylcystein-Lösung, bei Muzinmangel mit muzinanalogen Substraten (Tamarindensamen, HG-Guar) behandelt. Zurzeit werden auch chemisch muzinstimulierende Substanzen entwickelt. Bei ausgeprägten Benetzungsstörungen eignen sich Serum-Augentropfen, die aber nur in Blutbanken hergestellt werden dürfen.

Die hyperevaporative Keratokonjunktivitis wird mit Lipidsubstitution und Lidrandpflege behandelt. Zur Basistherapie gehören regelmäßige Massagen der Meibomdrüsen, feuchte Kompressen und Reinigung mit Tupfern oder feuchten Pads oder die Zuführung von feuchter Wärme über Brillensysteme. Für die Substitution verwendet man Handelspräparate mit Tränenersatzmitteln, in denen Triglyzeride, mittelkettige Fettsäuren und Phospholipide enthalten sind.

Fast immer ist zusätzlich eine antiinflammatorische Therapie sinnvoll. Will man schnelle Wirkung erzielen, können lokale Kortikoide, zum Beispiel Dexamethason, über zwei bis drei Wochen eingesetzt werden. Über einen längeren Zeitraum von bis zu sechs Monaten, allerdings mit verzögertem Wirkeintritt, kann Cyclosporin (internationale Apotheke oder Spezialzubereitungen) verwendet werden. Gute entzündungshemmende Wirkung erzielt man auch mit systemisch oder lokal angewandten Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren. Parallel wird die Tränenersatztherapie aber weitergeführt.

Quelle: Thomas Kaercher, Z. Prakt. Augenheilkd. 2015; 36: 17-28