Bei akuter Pharyngitis Antibiotika mit dem Streptokokken-Schnelltest sparen
Ein 16-jähriger Junge klagt sei drei Tagen über Halsschmerzen und Schluckbeschwerden, Husten hat er nicht. Bei der körperlichen Untersuchung fallen vergrößerte anteriore Halslymphknoten und gerötete Gaumenbögen auf. Die normal großen Tonsillen tragen weder Beläge noch „Stippchen“, Fieber fehlt.
Ein Fall für den Streptokokken-Schnelltest – zuvor allerdings gilt es, die klinische Wahrscheinlichkeit einer solchen Erkrankung zu erfassen, beispielsweise mit dem McIsaac-Score, der auch modifizierter Centor-Score bezeichnet wird. Der junge Patient kommt auf zwei Punkte (kein Husten, schmerzhafte Halslymphknoten), was einer Vortestwahrscheinlichkeit von 17 % entspricht.
McIsaac-Score zur Risikoeinschätzung
Schnelltests auf Gruppe-A-Streptokokken zeigen eine Spezifität von 96 % und eine Sensitivität von 86 %. Anhand dieser Parameter lässt sich mit einer Formel der negative prädiktive Wert (NPV) errechnen. Bei dem Beispielpatienten kann bei einem negativen Testresultat eine Streptokokken-Infektion mit 97%iger Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, schreiben Privatdozent Dr. Lorenz Risch, Laborarzt im schweizerischen Liebefeld, und sein Kollege.
Hätte derselbe Patient drei Score-Punkte erzielt, läge der NPV bei 93 %, bei vier oder fünf Punkten betrüge er nur noch 87 % – zu wenig für einen sicheren Streptokokken-Ausschluss. In solchen Zweifelsfällen hilft eventuell die erheblich sensitivere, aber auch langsamere Bakterienkultur weiter. Ganz anders wäre die Situation, wenn der Beispielpatient bei gleicher Anamnese ein positives Testergebnis hätte.
Streptokokken-Test hat hohe Spezifität
Dann wäre der positive Vorhersagewert (PPV) auf 81 % gestiegen, mit einer Vortestwahrscheinlichkeit von ca. 35 % (3 Score-Punkte) hätte er sogar 92 % erreicht. Die Kombination von positivem Test, mittlerer Vortestwahrscheinlichkeit (2–3 Score-Punkte) und entsprechenden klinischen Symptomen rechtfertigt somit den Beginn einer Antibiotika-Therapie.
Umgekehrt sollte man Patienten mit sehr niedriger Vortestwahrscheinlichkeit (McIsaac -1 oder 0) gar nicht erst auf Streptokokken testen. Denn weder ein negatives (NPV 99,8 %) noch ein positives Resultat (PPV 18 %) liefert in dieser Situation einen diagnostischen Gewinn („don’t treat, don’t test“).
Quelle: Lorenz Risch et al., Therapeutische Umschau 2015; 72: 105-112; doi: 10.1024/0040-5930/a000651.