10. Juni 2015Worauf es bei Diabetikern ankommt

Diabetiker-Nieren scharf bewachen!

Alle niedergelassenen Ärzte können dazu beitragen, der diabetischen Nephropathie – als häufigster Ursache des terminalen Nierenversagens – Paroli zu bieten. Neben einer suffizienten Einstellung des Bluthochdruck, der Diabetes häufig begleitet, kommt es dabei vor allem darauf an, eine Albuminurie aufzudecken, betonen Dr. Bettina Winzeler von der Klinik für Endokrinologie, Dia­betologie und Metabolismus am Universitätsspital Basel und Kol­legen.

Nephropatie bei Diagnose des Diabetes abklären

Daher bedarf es bereits zum Zeitpunkt der Erstdiagnose eines Typ-2-Diabetes einer nephrologischen Abklärung in Form eines einfachen Screenings. Dieses umfasst

  • die Messung der Albuminurie,
  • die Bestimmung der glomerulären Filtrationsrate (GFR) sowie
  • die Urinstreifentest-Diagnostik.

Eine beginnende diabetische Nephropathie (DNP) macht sich in Form einer Mikroalbuminurie (Ausscheidung von 30–300 mg/Tag) bemerkbar. Für diese Bestimmung braucht es einen 24-h-Sammelurin. Man kann sich aber auch mit der Bestimmung des Albumin-Kreatinin-Quotienten in einem Spot-Urin (möglichst erster Morgenurin) behelfen, schreiben die Schweizer Kollegen. Dabei entspricht ein Albumin-Kreatinin-Quotient von 3–30 mg/mmol der Mikroalbumin­urie.

Manche Kollegen verwenden zum Screening auch Mikroalbuminurie-Teststreifen, die speziell für diesen Zweck entwickelt wurden. Deren Sensitivität lässt allerdings bei wenig konzentriertem Urin zu wünschen übrig. Zudem eignen sich die semiquantitativen Resultate nicht für eine Verlaufsbeurteilung der renalen Situation.

Mikroalbuminurie-Teststreifen zu unsicher

Und was bringt Ihnen der normale Urinstreifentest in puncto Eiweißdiagnostik? Zur Albuminurie-Detektion eignet sich dieser Stix nicht, da die Nachweisgrenze dafür bei 150 mg/l liegt. Dennoch sollten Sie auf den Streifentest im Rahmen Ihres Screenings nicht verzichten, um Leukozyturie – als Hinweis auf einen Harnwegsinfekt – oder eine etwaige Mikrohämaturie nicht zu verpassen.

Leidet Ihr Diabetespatient zum Zeitpunkt der Diagnostik an einem Harnwegsinfekt, einer schweren Herzinsuffizienz, massiven Hyperglykämien oder Fieber bzw. hat er eine starke Anstrengung hinter sich, können Sie den Albuminuriebefund nur eingeschränkt verwerten. In einem solchen Fall empfehlen die Schweizer Kollegen eine Korrektur der genannten Störung vor einer erneuten Kontrolle.

Bei rascher Verringerung weitere Diagnostik

Ansonsten erlaubt der zweimalige Mikroalbuminuriebefund innerhalb von drei bis sechs Monaten die Diagnose einer beginnenden dia­betischen Nephro­pathie. Eine manifeste diabetische Nephropathie liegt vor, wenn der Albumin/Kreatinin-Quotient > 30 mg/mmol liegt. Aufgrund des fortgeschrittenen strukturellen Nierenschadens besteht dann eine wesentlich verschlechterte Prognose.

Eine Nierenbiopsie wird – obschon diagnostischer Goldstandard bei DNP-Verdacht – nicht regelhaft durchgeführt. Aufgrund der hohen Wahrscheinlichkeit der DNP als Albuminurie-Ursache bevorzugt man häufig die klinische Ausschlussdiagnose.

Zweifel an der DNP-Diagnose sind angebracht bei rascher GFR-Verringerung, rascher Zunahme der Proteinurie (nephrotisches Syndrom) und starken Entzündungszeichen im Urinsediment. Fehlt die diabetische Retinopathie oder gibt es Zeichen einer anderen Systemerkrankung streben Sie eine bioptische Diagnosesicherung an.

Bettina Winzeler et al., Ther Umsch 2015; 72: 149-155; DOI: 10.1024/0040-5930/a000658