5. März 2015Gewichtsmanagement von Typ-2-Diabetikern

Den Blutdruck senken mit Antidiabetika

Einige Antidiabetika behindern leider direkt oder indirekt das Gewichtsmanagement von Typ-2-Diabetikern, betonte Professor Dr. Stephan Jacob vom Kardio-Metabolischen Institut in Villingen-Schwenningen.1 Ungünstig sind beispielsweise blutzuckersenkende Medikamente, die Hypoglykämien begünstigen. Denn Unterzuckerungen müssen durch Kohlenhydratzufuhr bekämpft werden, der Kalorienkonsum steigt.

Von Sulfonylharnstoffen, Pio­glitazon und Insulin ist bekannt, dass sie bei vielen Diabetikern zu einer Gewichtszunahme führen, was wiederum den Blutdruck verschlechtert. Studien belegen, dass eine Therapie mit Antihypertensiva und/oder Lipidsenkern die Rate an kardiovaskulären Ereignissen bei Typ-2-Diabetikern reduziert.

Gewichtszunahme unter Antidiabetika beachten

Deshalb sollten Sie bei der Wahl des passenden Antidiabetikums nicht nur auf die blutzuckersenkende Wirkung achten, sondern auch berücksichtigen, wie sich die jeweilige Substanz auf Gewicht und Blutdruck von Diabetes-Patienten auswirkt. In den letzten Jahren sind deshalb zunehmend antihyperglykämische Medikamente in den Mittelpunkt des Interesses gerückt, die außer dem Blutzucker auch den Blutdruck senken können.

Viel Beachtung fanden in diesem Zusammenhang zwei Substanzklassen – die GLP-1-Analoga und die SGLT2-Inhibitoren, die in Studien der Phasen II bis IV antihypertensive Effekte unterschiedlicher Ausprägung zeigten, schreiben Professor Dr. Ulrich Kintscher vom Center for Cardiovascular Research der Charité – Universitätsmedizin Berlin und Kollege.2

GLP-1-Analoga unabhängig von Gewichtsreduktion

Zielblutdruck bei Diabetes: <85

Die 2013 aktualisierte Leitlinie der European Society of Hypertension (ESH) und der European Society of Cardiology (ESC) nennt als Zielblutdruck für fast alle Hypertoniker < 140/90 mmHg. Für Diabetes-Patienten empfiehlt die Guideline allerdings einen etwas niedrigeren diastolischen Wert, nämlich < 85 mmHg.

Zwei Metaanalysen fassten kürzlich die Ergebnisse zu den blutdrucksenkenden Wirkungen dieser beiden Medikamentenklassen zusammen. In insgesamt 33 Studien mit 12 469 Patienten zeigte sich für die GLP-1-Analoga Liraglutide und Exenatide, dass sie gegenüber Placebo bzw. aktiven Vergleichssubstanzen eine ausgeprägtere systolische Blutdrucksenkung bewirken (gewichtete mittlere Differenz: -2,22 mmHg).

Der Unterschied im Hinblick auf den diastolischen Blutdruckwert lag mit einer gewichteten mittleren Differenz von -0,47 mmHg deutlich niedriger. Experten vermuten, dass die blutdrucksenkenden Effekte von GLP-1-Analoga mit einer Beeinflussung von Endothel, glatten Gefäßmuskelzellen oder Vorhofzellen zusammenhängen.

Eine Metaanalyse mit 27 Studien und 12 960 eingeschlosenen Patienten prüfte, wie sich die SGLT2-Inhibitoren Canaglifozin, Dapaglifozin, Empaglifozin, Ipraglifozin und Remoglifozin auf den Blutdruck auswirken. Dabei führten die SGLT2-Hemmer zu einer signifikant ausgeprägteren Blutdrucksenkung als Placebo oder Vergleichssubstanzen.

SGLT2-Inhibitoren senken auch Blutdruck

Die gewichtete mittlere Differenz lag für den systolischen Blutdruck bei -4,0 mmHg und für den diastolischen Blutdruck bei -1,6 mmHg. Man erklärt sich diesen Einfluss mit der natriuretischen und osmotisch-diuretischen Wirkung der SGLT2-Inhibitoren.

Sowohl bei den GLP-1-Analoga als auch unter den SGLT2-Inhibitoren trat die Blutdrucksenkung vor und unabhängig von einer Gewichtsreduktion auf. Dies weist auf eine eigenständige und direkte antihypertensive Wirkung der beiden Substanzklassen. Die signifikanten blutdrucksenkenden Effekte könnten dazu beitragen, das kardiovaskuläre Risiko von Typ-2-Diabetikern zu verringern, fassen die Autoren zusammen. Bei den GLP-1-Analoga beschränkt sich der antihypertensive Effekt jedoch auf den systolischen Blutdruck.

Quellen:

1 38. Wissenschaftlicher Kongress der Deutschen Hochdruckliga

 2 Ulrich Kintscher et al., Dtsch Med Wochenschr 2014; 139: 2468-2469,  10.1055/s-0034-1387420