Bakterielle Konjunktivitis: wann Antibiotika?
Das äußere Auge ist nicht steril. Zur bakteriellen Normalflora gehören Staphylokokken, Hämophilus spp., Korynebakterien, Streptokokken, S. aureus und saprophytische Neisserien. Die Keimzahl schwankt mit der Tageszeit, morgens nach dem Aufwachen ist sie am höchsten.
Kosmetika und Kontaktlinsen fördern Infektion
Die Besiedlungsflora ist aber auch abhängig von dem Patientenalter, dem Klima und den hygienischen Bedingungen. Der Gebrauch von Kosmetika (beispielsweise kontaminierte Wimperntusche) oder Kontaktlinsen kann zudem infektiologisch eine Rolle spielen. Mit einer erhöhten Keimzahl ist bei Patienten mit Seborrhö, Immundefekten oder Immunsuppression zu rechnen.
Patienten mit bakterieller Konjunktivitis zeigen typischerweise folgende Symptome und Befunde:
- Fremdkörpergefühl
- Brennen, Tränen, Lichtscheu
- gerötete Bindehaut, zu Beginn meist einseitig
- eitriges Sekret (verklebte Augen)
Die Diagnose „Konjunktivitis“ wird in der Regel klinisch gestellt, schreiben Professor Dr. Werner Handrick vom Institut für Medizinische Diagnostik Oderland und Professor Dr. Ina Sterker von der Universitätsaugenklinik Leipzig. Die Experten raten generell zur bakteriologischen Diagnostik bei:
- Neugeborenen und älteren Patienten
- hyperakutem oder chronischem Verlauf
- nosokomialer Konjunktivitis
- Kontaktlinsenträgern und bei negativer Akanthamöbendiagnostik
- Immunschwäche
- fehlender Besserung nach Behandlung mit Antibiotika
- Komplikationen
- MRSA-Verdacht
Bei Allergie viele eosinophile Leukozyten im Abstrich
Zum Bakteriennachweis eignen sich Konjunktivalabstriche mittels sterilem Tupfer – vorab feuchtet man diesen mit einem speziellen flüssigen Transportmedium an. Anschließend wird eine bakteriologische Kultur angelegt, außerdem erfolgen Objektträgerausstriche für die Gram- und Giemsafärbung.
Zeigen sich bei der Giemsafärbung überwiegend neutrophile Leukozyten, spricht dies eher für eine bakterielle Infektion, Lymphozyten hingegen für einen viralen Infekt. Bei Allergien finden sich vermehrt eosinophile Leukozyten. Zum Chlamydiennachweis muss der Abstrich auch Zellen enthalten – es handelt sich um intrazelluläre Erreger.
Nicht bakterielle Ursachen einer Konjunktivitis!
- Viren
- Pilze
- Amöben
- Allergien
- Chemische Ursachen
- Autoimmunprozesse
- Fremdkörper
Doch wie ist ein Bakteriennachweis klinisch zu interpretieren? S. aureus, Enterobakterien oder P. aeruginosa können sowohl Besiedlerkeime als auch Infektionserreger sein. Ergibt die Untersuchung hingegen Pneumokokken, H. influenzae, Moraxellae oder Gonokokken, dürfte es sich meist – wenn nicht gar immer – um Infektionen handeln, schreiben die Experten.
Mit Antibiotika Komplikationsrisiko vermindern
Bei Erstdiagnose einer bakteriellen Konjunktivitis bieten sich grundsätzlich drei Vorgehensweisen an:
- sofort antibiotisch behandeln
- verzögert therapieren
- nicht behandeln
Bei den meisten Patienten geht man die Infektion mit einer kalkulierten, lokalen Antibiotikatherapie an, empfehlen die Autoren. Zur Verfügung stehen Fusidinsäure, Kanamycin und Kombinationen aus Polymyxin B, Bacitracin und Neomycin bzw. Polymyxin B, Neomycin und Gramicidin. Eine i.v. Gabe ist nur bei hyperakuter Konjunktivitis, z.B. durch Gonokokken- oder Chlamydia-trachomatis-Infektionen, erforderlich. Ggf. kann die Entscheidung für eine antibiotische Therapie auch nach 1- bis 3-tägiger Beobachtung getroffen werden. Im Vergleich zur symptomatischen Behandlung wird durch eine Antibiotikagabe der Heilungsprozess bis zu eineinhalb Tage verkürzt. Auch das Komplikationsrisiko lässt sich so senken.
Quelle: Werner Handrick und Ina Sterker, internist.prax. 2014; 54: 513-521