Wenn Schwangeren plötzlich der Kopf dröhnt
Neu auftretender Kopfschmerz in der Schwangerschaft: Jetzt gilt es, potenziell gefährliche Ursachen auszuschließen, ohne das Ungeborene zu gefährden. Falsche Zurückhaltung mit der Bildgebung kann dabei riskant sein.
Primäre Kopfschmerzen haben die Tendenz, im Verlauf der Schwangerschaft eher besser zu werden – mit einer Ausnahme: der Migräne mit Aura. Zudem haben Migränepatientinnen in der Schwangerschaft ein etwas erhöhtes Risiko für Komplikationen wie Hypertonus und Schlaganfall, warnte Privatdozentin Dr. Stefanie Förderrheuter von der Neurologischen Klinik der LMU München.
Bloß keine Zurückhaltung: Radiologische Diagnostik und Lumbalpunktion erlaubt!
Sind Kopfschmerzen erstmals in der Schwangerschaft aufgetreten, müssen einige typische sekundäre Ursachen ausgeschlossen werden. Dazu gehören: Sinusvenenthrombose, Hypertonie und (Prä-)Eklampsie, intrakranielle Hypertension, Hypophysenapoplex, PRES (posteriores reversibles Enzephalopathiesyndrom) und Subarachnoidalblutung.
Zurückhaltung bei der Diagnostik ist bei neu aufgetretenen starken Kopfschmerzen in der Schwangerschaft eher falsch, meinte die Expertin. Bei Verdacht auf eine Blutung sollte auch bei Schwangeren ein CT durchgeführt werden – notfalls mit Kontrastmittel.
Ein MRT ist bis 1,5 T unbedenklich – lediglich Gadolinium sollte möglichst vermieden werden. Auch eine Lumbalpunktion ist bei Schwangeren kein Problem.
Die Präeklampsie tritt typischerweise von der 20. Schwangerschaftswoche bis zu vier Wochen postpartal auf. 2–8 % aller Schwangeren sind betroffen. Man findet bei ihnen einen erhöhten Blutdruck mit Werten > 140/90 mmHg bzw. eine Zunahme um > 30 mmHg systolisch und eine Proteinurie.
Massive Kopfschmerzen: An Präklampsie und PRES denken
Typisch sind bilaterale pulsierende Kopfschmerzen, deren Intensität bei Belastung zunimmt. Abgeschlagenheit und Sehstörungen können dazukommen. Als Komplikationen der Präeklampsie gelten die Eklampsie mit epileptischen Anfällen, das HELLP-Syndrom (Hämolyse, erhöhte Leberenzyme, Thrombozytenabfall) und PRES.
Das posteriore reversible Enzephalopathie-Syndrom (PRES) beruht auf einer gestörten Autoregulation mit endothelialer Dysfunktion und einer „durchlässigen“ Blut-Hirn-Schranke, die den vermehrten Übertritt von vasogenetischen Wachstumsfaktoren und Zytokinen erlaubt.
Klinisch findet man ein buntes Bild mit neurologischen Auffälligkeiten, Kopfschmerzen, Anfällen und Sehstörungen. PRES kann im Rahmen einer (Prä-)Eklampsie auftreten – aber auch bei akuter Hypertension, Sepsis und Nierenerkrankungen.
Ein vasogenes Ödem lässt sich radiologisch häufig im Bereich von weißer Substanz (parietookzipital) oder auch von Kortex, Frontallappen, Basalganglien, Hirnstamm und Kleinhirn nachweisen.
PRES-Therapie: Blutdruck senken steht im Vordergrund
Bei jedem neu aufgetretenen Kopfschmerz, der sich nicht mit einfachen Analgetika lindern lässt, sollte man an ein PRES denken, sagte die Kollegin. Ein normaler Blutdruck schließt das Syndrom nicht aus.
Zur Diagnostik gehören Laboruntersuchungen (einschließlich Urindiagnostik), cMRT und ggf. eine augen-ärztliche Untersuchung. Therapeutisch steht die Blutdrucksenkung im Vordergrund. Grundsätzlich darf der Druck aber in der Schwangerschaft nicht zu stark abgesenkt werden, was gut steuerbare Medikamente erfordert.
Auch Steroide, Magnesium und ggf. eine Anfallsprophylaxe können indiziert sein. In manchen Fällen hilft nur die Geburtseinleitung.
Klagen Schwangere über Kopfschmerzen, Sehstörungen und Doppelbilder, kann auch ein Hypophysenapoplex dahinterstecken. Pathophysiologische Grundlage ist hier die schwangerschaftsbedingte Volumenzunahme der Adenohypophyse um 30 %.
Quelle: 58. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung