28. Aug. 2014

28 Gesichter transplantiert – eine erste Bilanz

Die Verpflanzung eines Gesichtes ist nicht lebensrettend, sondern -verändernd. Teilweise sehr junge, sonst gesunde Menschen stehen danach lebenslang unter Immunsuppressiva – mit allen bekannten Risiken, was immer wieder zu ethischen Diskussionen führt. Umfassende Aufklärung, Einsicht und Motivation bezüglich der Folgen und der nötigen Rehabilitation sowie ein stabiles soziales Umfeld gelten als wesentliche Bedingungen für potenzielle Empfänger.

Chronische Abstoßung 
scheint kein Thema

Bei den bislang „bekannten“ 28 Patienten kam es im ersten Jahr nach der Operation zu akuten Abstoßungsepisoden, die durch die Behandlung mit Glukokortikosteroiden in den Griff zu bekommen waren. In der immunsuppressiven Dauertherapie bewährte sich Tacrolimus. Unter diesem Medikament konnten Steroide innerhalb weniger Monate reduziert und in einigen Fällen sogar ganz abgesetzt werden.

Dass akute Abstoßungen im Gesicht besonders schnell auffallen und entsprechend rasch eine Reaktion erfolgt, mag ein Grund dafür sein, dass chronische Abstoßungsreaktionen eher ausblieben, schreiben Kollegen der University of Maryland Medical Center in Baltimore.

Empfindungen schon drei Monate nach Transplantation

In allen berichteten Fällen ließen sich große Erfolge im Hinblick auf sensorische und motorische Fähigkeiten verzeichnen. Die Rückkehr von Empfindungen begann teilweise schon drei Monate nach der Gesichtstransplantation, für die (mimische) Beweglichkeit brauchte es in der Regel sechs bis acht Monate.

Entscheidenden Anteil am funktionellen Outcome hatte der Schluss von Maxilla und Mandibula. Die simultane Verpflanzung beider Kieferteile brachte die besten Ergebnisse. Eine umfassende Rehabilitation mit Sprechtraining, Bewegungsübungen und sensorischer Re-Edukation begünstigt die kortikale Reorganisation sowie das Wiedererkennen und die Integration von transplantierten Muskeln in den motorischen Kortex.

Weniger Depressionen zur Folge

Was die Folgen für die Psyche betrifft, haben alle bisher Betroffenen erheblich profitiert. Weniger Depressionen und signifikante Besserungen von Körperbild, Selbstwahrnehmung und sozia­ler Wiedereingliederung ließen sich verzeichnen. Anfängliche Bedenken in Bezug auf Depersonalisierungsgefühle gegenüber dem fremden Gesicht oder der Spender­identität konnten nicht bestätigt werden.

Quelle: Saami Khalifian et al., 
Lancet 2014; online first