Schwindel: Auch an Hirnblutung denken!
Die 84-jährige Patientin klagte über Schwindel beim Aufstehen und häufige Stürze. Zudem war sie seit zwei Wochen verwirrt und abwesend. Ihr Hausarzt vermutete ein Delir als Sekundärfolge einer Harnwegsinfektion.
Doch Antibiotika halfen nicht. Ein Schädel-CT führte zur richtigen Diagnose. Die Seniorin litt an einem chronischen subduralen Hämatom.
Ihre Kasuistik ist kein Einzelfall, betonen Gerontologen vom University College in London. Begünstigend für chronische Subduralhämatome wirkt sich die im Alter oder durch Demenzerkrankungen fortschreitende Atrophie des Gehirns aus: Die Verbindungsvenen zwischen Hirnrinde und Brückenvenen werden stärker gedehnt und neigen eher zu Rupturen – selbst bei trivialen Kopfverletzungen, die bei der Anamnese niemand erwähnt.
Subduralhämatom: Fehldiagnosen häufig
Zwischen Dura und Arachnoidea bildet sich ein Hämatom mit Fibrinablagerungen, die zu einer Chronifizierung führen. Gefäßneubildungen innerhalb des Hämatoms erhöhen das Risiko weiterer akuter oder chronischer Blutungen.
Die typischen klinischen Symptome von Hirnblutungen bieten Raum für Fehlinterpretationen, denn sie lassen ebenso gut an Alkoholabusus, psychische oder Demenzerkrankungen denken. Das für subdurale Hämatome vor allem bei Älteren typische Delirium kann – wie im vorliegenden Fall – leicht Infektionen oder Medikamentennebenwirkungen zugeschrieben werden.
So wundert es nicht, dass bei bis zu 80 % der Betroffenen vor der Computertomographie eine andere Verdachtsdiagnose im Raum stand. Um dauerhafte neurologische Defizite zu vermeiden, gilt es die Blutung rasch zu diagnostizieren.
Hirnatrophie verdeckt Drucksymptomatik
Leitsymptome sind Stürze oder eine erhöhte Sturzfrequenz (bei 74 % der Patienten beschrieben). Kognitive und Verhaltensänderungen treten zu 34 bis 55 % auf, Kopfschmerzen nur in 14 bis 27 % der Fälle. Erbrechen oder Übelkeit infolge erhöhten Hirndrucks sind bei älteren Patienten eher selten, da das Hämatom aufgrund der fortschreitenden Atrophie des Gehirns genug Platz hat, um sich auszudehnen.
Wie im beschriebenen Fallbeispiel gibt eine Computertomographie ohne Kontrastmittel genauen Aufschluss, ob ein subdurales Hämatom vorliegt. Steht die Diagnose fest, müssen umgehend alle Antikoagulanzien und Thrombozytenaggregationshemmer abgesetzt werden, betonen die Autoren. Kleinere Gerinnsel lassen sich auch konservativ behandeln, größere müssen operativ entfernt werden.
Quelle: Elizabeth A. Teale et al., BMJ 2014; 348: online first