Wirken Statine auch bei MS?
In den primären Stadien der Multiplen Sklereose dominieren entzündliche Prozesse, die sich mit immunmodulatorischen Medikamenten zurückdrängen lassen. Dadurch gehen Schubrate und Anzahl neu auftretender Entmarkungszonen im Gehirn zunächst zurück. Ob sich dadurch aber das Fortschreiten der Erkrankung mit zunehmendem Axonverlust und Gehirnatrophie langfristig aufhalten lässt, ist noch nicht hinreichend erwiesen. Bisher geht die Erkrankung bei den meisten Patienten ein bis zwei Jahrzehnte nach der Erstdiagnose in die sekundär progrediente Form über. Und dann stehen kaum noch Medikamente zur Verfügung, die den Verlauf bremsen könnten.
Statine wirken über ihre immunmodulatorischen Eigenschaften
Hoffnung kommt nun von unerwarteter Seite: Möglicherweise könnten sich Statine auch bei der Multiplen Sklerose als wirksam erweisen, schreiben britische Forscher aufgrund der Ergebnisse einer Doppelblindstudie. Darin hatten sie 140 Patienten mit sekundär progredienter MS über einen Zeitraum von drei Jahren mit hoch dosiertem Simvastatin (80 mg) oder Placebo behandelt. Primäres Zielkriterium war die per MRT nachgewiesene Abnahme des Gehirnvolumens – ein anerkannter Surrogatmarker für den Krankheitsfortgang.
Die jährlich durchgeführten Hirnvolumenmessungen dokumentieren einen deutlichen Einfluss des Statins auf den Krankheitsverlauf: Die zerebrale Atrophie schritt bei den Patienten der Simvastatin-Gruppe signifikant langsamer voran als in der Kontrollgruppe, die adjustierte Differenz bei der jährlichen Atrophierate betrug 43 %.
Weitere Studien müssen nun zeigen, ob die im Kernspin nachweisbare Verzögerung der Progression auch klinisch relevant ist, das heißt, ob Statine das Fortschreiten der Behinderung verlangsamen können. Der Wirkmechanismus beruht wahrscheinlich auf den immunmodulatorischen Eigenschaften dieser Lipidsenker, muss aber noch genauer untersucht werden, so die Studienautoren.
Quelle: J. Chataway et al., Lancet 2014; online first