4. Mai 2014Gallenblasenstein

Gallensteine – von Nichtstun bis Notfall-Op.

Ein unkomplizierter Gallenblasenstein wird nicht behandelt. Darin sind sich die Experten inzwischen einig, erklärte Privatdozent Dr. Thomas Rabenstein vom Diakonissen-Stiftungs-Krankenhaus Speyer.

Menschlicher Körper Organe mit Gallenblase
iStock/magicmine

Mehr Diskussion gibt es um die unkomplizierte Gallenkolik bzw. die biliären Schmerzen. Klar, dass die Gallenblase raus muss, die Frage ist nur, wann. Es gibt nur eine prospektiv-randomisierte Studie an 75 Patienten, welche die frühe Cholezystektomie innerhalb der ersten 24 Stunden mit der späten nach im Mittel vier Monaten vergleicht.

Bei Schmerzen Gallenblase sofort raus!

Nach diesen Daten geht der frühe Eingriff nicht mit einer erhöhten Mortalitäts- oder Komplikationsrate einher, „ist also von der Sicherheit her machbar“, so der Referent. Zudem verkürzt sofortiges Handeln die Krankheitsdauer.

Bei später Cholezystektomie (CE) fiel in der Studie u.a. die lange Wartezeit negativ ins Gewicht. 14 von 40 Patienten wurden während dieser Phase stationär eingewiesen. Es gab mehr Komplikationen wie Cholezys­titis, rezidivierende Koliken, Pankrea­titis und Perforationen. Insgesamt bezeichnete Dr. Rabenstein jedoch die Datenlage als „etwas dünn“.

Die unkomplizierte akute Cholezystitis mit rechtsseitigem Oberbauchschmerz, Fieber, Leukozytose, Gallenblasenentzündung (und meist Steinen) wird stationär zunächst supportiv mit Nahrungskarenz, Infusionen und dem Ausgleich von Elektrolytstörungen behandelt.

Zur Analgesie empfiehlt Dr. Rabenstein NSAR, die sich als überlegen gegenüber Placebo und Spasmolytika und mindestens gleichwertig mit Opioiden erwiesen haben. Opioide eignen sich bei Cholezystitis und Cholangitis aber ebenfalls.

Bei hohem Fieber Antibiotika geben!

Doch braucht der Patient auch Antibiotika? Immerhin handelt es sich primär um einen rein inflammatorischen Prozess. In einer Studie an 467 Patienten ließ sich nur bei etwa jedem zweiten Cholezystitis-Fall eine sekundäre Infektion nachweisen. Erfolgt die Cholezystektomie früh, kann man daher auf Antibiotika verzichten, meint Dr. Rabenstein. Empfohlen werden Antibiotika unter anderem bei:

  • starken Entzündungszeichen, hohem Fieber,
  • älteren Patienten,
  • Kortisontherapie und
  • Immundefizit.

Zur Frage des optimalen Operationszeitpunkts existiert für Patienten mit Cholezystitis bzw. Cholangitis eine umfangreiche Datenlage. Während sich hinsichtlich der Mortalität und der Op.-Komplikationen keine Nachteile für die Früh-Intervention zeigten, stellt wiederum die Wartezeit ein Problem dar.

So entwickelten laut einer Medicare-Analyse mit umfassendem Datenpool von fast 30 000 Patienten verzögert Operierte signifikant häufiger biliäre Komplikationen (38 % Wiedereinweisungen vs. 4 %), auch lag die Zweijahresmortalität in der spät operierten Gruppe höher (HR 1,56).

Bei hohem Risiko erst aufschneiden und drainieren

Begleiterkrankungen spielen prognostisch eine entscheidende Rolle, aber auch der Zeitpunkt der Diagnosestellung fällt ins Gewicht. Patienten, die verspätet in die Klinik eingewiesen werden, „und schon eine Woche zu Hause mit der Gallenblasenentzündung herumlaboriert haben“, weisen ein ähnlich hohes Mortalitätsrisiko auf wie multimorbide High-Risk-Patienten.

Mitglieder der Hochrisikogruppe versorgt man zunächst per Cholezystotomie mit perkutaner Drainage. Die Cholezystektomie erfolgt nachdem sich der klinische Zustand gebessert hat bzw. als Notfalltherapie bei akuter Verschlechterung. In solchen Situationen kann der Eingriff aber nur offen – nicht laparoskopisch – vorgenommen werden.

Eine Cochrane-Analyse aus dem Jahr 2013 (Metaanalyse aus sechs Studien mit fast 500 Cholezystitis-Patienten) bescheinigt der frühen Cholezystektomie „keine Nachteile sowie Vorteile in puncto Klinikverweildauer“. Die meisten Daten zum Thema stammten bisher aus den USA, erklärte der Referent.

Steine nur bei Komplikationen behandeln

Doch haben deutsche Autoren mit der ACDC*-Studie inzwischen eine prospektive, randomisierte Studie vorgelegt. Rund 300 Patienten erhielten die frühe Operation innerhalb 24 Stunden nach Krankenhausaufnahme, 300 weitere einen späteren Eingriff, das heißt akut Moxifloxacin plus supportive Therapie und eine Cholezystektomie im Zeitraum von sieben bis 45 Tagen.

Hinsichtlich der Morbidität innerhalb 75 Tagen nach Studieneinschluss (primärer Endpunkt) hatte die frühe definitive Therapie die Nase vorn (12 % vs. 34 %). Hoch signifikante Vorteile ergaben sich auch bezüglich spezifischer Komplikationen (39 vs. 106) und hinsichtlich der Klinikverweildauer (5 vs. 10 Tage).

Die Schlussfolgerung der Autoren1 liest sich „sehr selbstbewusst, so Dr. Rabenstein. Nach dieser „größten prospektiven randomisierten Studie zum Thema“ sehen die Kollegen die sofortige CE bei unkomplizierter Cholezystitis als Therapie der Wahl und fordern die Umsetzung in Therapiealgorithmen.

Wann erfolgt die Notfall-Cholezystektomie?

Begriffsdefinitionen zur Cholezystektomie laut Studien:

  • Frühe Cholezystektomie: innerhalb 24 Stunden bis sieben Tage
  • Späte Cholezystektomie: nach mehr als sieben Tagen (bis vier Monate)
  • Not-Cholezystektomie: innerhalb der ersten Stunden bei Gallenblasen-Gangrän, Perforation und klinischer Instabilität mit therapieresistentem Fieber, anhaltenden Schmerzen und Herzrhythmusstörungen.

* Acute Cholecystitis – early laparoscopic surgery versus antibiotic therapy and Delayed elective Cholecystectomy

Quelle: Carsten N. Gutt et al., Ann Surg 2013; 258: 385-393,
58. Jahreskongress der Saarländisch- Pfälzischen Internistengesellschaft