Trotz Blutkrebs – ein ganz normales Leben leben
Erstaunlicher Fortschritt. Das ist die gute Nachricht für alle CML-Patienten: Bei der chronischen myeloischen Leukämie handelt es sich um eine Form von Blutkrebs, die Ärzte sehr gut unter Kontrolle bekommen.
„Bei der Behandlung dieser Krankheit hat eine Weiterentwicklung stattgefunden, die in der gesamten Krebsmedizin ihresgleichen sucht“, sagt Professor Dr. Martin Müller, Oberarzt für Hämatologie und Internistische Onkologie am Universitätsklinikum Mannheim. „Mit den heutigen medikamentösen Therapieverfahren können die Patienten fast ausnahmslos mit einer guten Lebensqualität vollkommen normal leben!“
Gute Lebensqualität – normale Lebenserwartung
Tatsache ist: In den letzten 15 Jahren gab es ganz erstaunliche Therapieerfolge. Wurde in den 1990er-Jahren die Diagnose CML gestellt, dann lag die durchschnittliche Lebenserwartung der Patienten bei lediglich fünf bis sechs Jahren. Als wichtigste Behandlungsmethoden wurden in erster Linie die Therapie mit Interferon sowie die Stammzellentherapie mithilfe einer Stammzelltransplantation angewendet. „Heutzutage können CML-Patienten dagegen von einer ganz normalen Lebenserwartung ausgehen“, erläutert Professor Müller. „Wir haben die Krankheit also im Griff.“
Auch hier gilt, wie bei allen Krebserkrankungen: Sicherlich darf man – genau genommen – noch nicht von Heilung sprechen, solange noch Spuren der Erkrankung im Körper nachweisbar sind. Deshalb dauert die Therapie auch ein Leben lang. Doch das ist mittlerweile für die Patienten unproblematisch geworden.
Die Therapie der CML erfolgt mit zielgerichteten Medikamenten, die in Tablettenform genommen werden. Es handelt sich dabei um die Wirkstoffgruppe der sogenannten „Tyrosinkinase-Inhibitoren“ abgekürzt TKI. Mit diesen Substanzen liegen aus umfangreichen klinischen Studien der letzten Jahre sehr gute Erfahrungen vor, die sich auch langfristig bestätigt haben.
CLL: Patient muss eingenverantwortlich handeln
Und so wirkt diese Behandlung: Die Wirkstoffe in diesen Medikamenten hemmen eine sogenannte Tyrosinkinase. Das ist ein spezielles Protein, das in den Leukämiezellen überaktiv ist. Damit gelingt es in den meisten Fällen, die Leukämie wirkungsvoll zurückzudrängen. Zudem sind aktuell neue Mittel in der klinischen Prüfung, die eine noch wirkungsvollere Behandlung versprechen und auch nicht mehr lange bis zur Marktreife benötigen werden. Aufgrund des überzeugenden Erfolges wird die Behandlung mit TKI heute unter anderem von der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie und von internationalen Fachgesellschaften wie dem European Leukemia Net als Therapie der ersten Wahl empfohlen.
„Die Medikamente müssen allerdings ein Leben lang genommen werden“, sagt Professor Müller. Deshalb kommt der Eigenverantwortlichkeit der Patienten eine besondere Bedeutung zu. „Außerordentlich wichtig ist die Einhaltung der exakten Dosierung“, mahnt der Mediziner, „bereits zehn Prozent weniger Tabletten können zu einem Versagen der Therapie führen.“
Wichtig zudem: Es sind Regeln bei der Einnahme zu beachten, einer der Tyrosinkinasehemmer muss z.B. während der Mahlzeiten genommen werden. Das kann entscheidend sein für den Erfolg der Behandlung. Wie quasi bei allen Medikamenten gilt: Was Wirkung zeigt, hat auch Nebenwirkungen: Beobachtet werden Übelkeit, Wadenkrämpfe und Wassereinlagerungen um die Augen. Doch sie sind ausgesprochen harmlos gegenüber der Krankheit selbst.
Außerdem können Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten auftreten – etwa mit Mitteln gegen Bluthochdruck oder Diabetes. Alle behandelnden Ärzte müssen daher über die Krebstherapie im Bilde sein. „Patienten müssen lediglich daran denken, im Falle anderer Krankheiten darüber zu sprechen“, sagt Professor Müller. Auch sollten sie, wenn nötig, ihre Lebensweise so umstellen, dass keine neuen Krankheiten entstehen. Eine ausgeglichene Ernährung, kein Übergewicht und viel Bewegung oder Sport sind gute Weggefährten, um die CML als Betroffener völlig beschwerdefrei zu meistern.
Erfolgskontrolle – Blutuntersuchung genügt
Zu Beginn und während der Leukmie-Therapie werden die Fortschritte überprüft und der Erfolg kontrolliert. Das geschieht über spezielle Bluttests auf Basis der sogenannten Polymerasekettenreaktion (PCR), die zu bestimmten Zeitpunkten durchgeführt werden und zeigen, ob der Verlauf als optimal zu bewerten oder ob eine Änderung der Medikation sinnvoll ist. Wichtig für die Patienten: Die Befunde verschiedener Labore müssen vergleichbar sein. Wenn dieser Standard erfüllt ist, sind die Befunde mit einem (IS) gekennzeichnet, was für „Internationale Skala“ steht. „In Deutschland sind zurzeit etwa 20 Labore standardisiert“, erklärt Professor Müller.
Leukämie ist nicht gleich Leukämie
Je nach Art der weißen Blutkörperchen, die böse entarten, werden „myeloische“ und „lymphatische“ Leukämien unterschieden. Beide Leukämie-Formen können akut oder chronisch verlaufen. Akute Leukämien verlaufen sehr rasch, verursachen schwere Krankheitssymptome und Fieber. Ohne Behandlung überleben die Patienten oft nur wenige Monate.
Chronische Leukämien bleiben oft längere Zeit unbemerkt und verlaufen relativ langsam. Die akute lymphatische Leukämie (ALL) tritt meistens bei Kindern und jungen Erwachsenen auf. Die akute und chronische myeloische Leukämie (AML und CML) betrifft vor allem Erwachsene im mittleren Lebensalter, die chronische lymphatische Leukämie (CLL) tritt meist bei über 50-Jährigen auf.