4. März 2014Ältere Patienten, die unter Pruritus leiden

Senioren-Juckreiz: Finden Sie die Ursache!

Schwerer Pruritus kann die Lebensqualität genauso beeinträchtigen wie chronischer Schmerz. Drei wesentliche biologische Prozesse begünstigen den Juckreiz von Senioren: nachlassende Barrierefunktion der Haut, schwindende dermale Immunität und neuropathische Vorgänge. Allein der Verlust der Barrierefunktion führt schon bei mehr als der Hälfte aller über 65-jährigen Patienten zu einer Juckreiz verursachenden Xerose.

Das Dermatologenteam um Dr. Timothy Berger von der Universität von Kalifornien in San Francisco rät, zuallererst nach behandelbaren Ursachen zu suchen.

So evaluieren Sie Ihre Senioren mit Juckreiz

    • Schweregrad (Skala von 0–10), Lokalisation und modifizierende Faktoren (z.B. Baden) erheben
    • Medikation überprüfen
    • auf dermale Veränderungen (Scabies!) untersuchen
    • Basislabor mit Blutbild, Nüchternglukose, TSH, Leberwerten, Harnstoff, Kreatinin, Elektrolyten
    • Xerose bzw. Scabies behandeln
    • Bei hartnäckigen Exanthemen zum Dermatologen schicken
    • Bei fehlendem Ausschlag auf metabolische Störungen testen (Schilddrüse, Nebenschilddrüse, Eisenmangel), Neuropathie und evtl. malignes Geschehen abklären

Neben der vermehrten Hauttrockenheit und „echten“ dermatologischen Erkrankungen sind das in erster Linie Medikamente und Nervenreizungen (systemisch oder lokal). Juckreiz überwiegend an den Extremitäten und Flanken, der feuchtere Regionen wie Leisten oder Achselhöhlen ausspart und sich durch Baden bzw. Duschen bessert, spricht für die Xerose als Ursache.

Pruritus mit Läsionen, wie Erythemen, Papeln oder Blasen, z.T. aber auch sehr leichten Hauterscheinungen kann durch Medikamente ausgelöst werden.

Pruritus durch ACE-Hemmer

Als medikamentöse Pruritusquelle kommen v.a. Kalziumkanalblocker, ACE-Hemmer, Salicylate, HCT und Chloroquin in Betracht. Kalziumkanalblocker und ACE-Hemmer können zudem wie Thiazide, Tetrazykline, NSAR, Chinin und Amiodaron eine Photosensibilität induzieren, die unter Einfluss von UV-Licht zu Juckreiz und Rötungen führt.Wenn Sie keine primären dermalen Läsionen finden, kann Labordiagnostik weiterhelfen. Generalisierter, stammbetonter Pruritus weist eventuell auf eine sensorische Neuropathie hin.

Neben dem Diabetes gilt es an internistischen Störungen auch Eisenmangel, Hyper-/Hypothyreose, Leberentzündungen, Cholestase, schweres Nierenversagen und Hyperparathyreoidismus abzuklären, wenn der Juckreiz ohne Hautveränderungen auftritt. Lokalisierte Beschwerden, z.B. im Genitalbereich, können auf einer lokalen Nervenirritation – etwa im Rahmen einer Lumbalstenose – basieren.

Schließlich darf man insbesondere bei Pflegeheimbewohnern die Skabies nicht vergessen. Als typische Zeichen nennen die Autoren schweren Juckreiz mit Läsionen zwischen den Fingern, an Handgelenken, Fußsohlen, im Genitalbereich und an der weiblichen Brust.

Bei trockener Haut hilft Kombi von Bad und Creme

Bei behandelbaren Grunderkrankungen schafft oft schon deren Therapie Abhilfe. Aber auch sonst lassen sich die Symptome effektiv lindern. Bei Xerose steht die Befeuchtung der Haut im Vordergrund. Die Kollegen schlagen dafür ein- bis zweimal täglich ein aufweichendes Bad in warmem Wasser vor.

Danach folgt behutsames Trocknen mittels Abklopfen und dann das Auftragen einer Feuchtigkeitscreme. Anschließendes Abdecken stark befallener Hautregionen (z.B. mit Frischhaltefolie) steigert den Effekt. Bei sturzgefährdeten Patienten kann man das Bad auch durch Auftragen eines dünnen Wasserfilms ersetzen.

Lotionen mit Menthol, Kampfer oder Phenol – vor allem gekühlt – lindern ebenfalls die Beschwerden. Bei Entzündung und mangelnder Besserung durch befeuchtende Maßnahmen eignen sich kurzfristig mittelstarke topische Steroide (z.B. Triamcinolon 0,1 %), am besten unter Okklusion. Eine Alternative bieten topische Calcineurininhibitoren.

Manche Patienten profitieren von einer UVB-Therapie

Der renal bedingte Pruritus von Dia­lysepatienten spricht gut auf Gabapentin (300 mg) oder Pregabalin (75 mg) an – verabreicht nach jeder Blutwäsche. Cholestatischer Juckreiz reagiert auf Opioidantagonisten wie Naltrexon.

Für lokale, neurologisch verursachte Beschwerden bietet topisches Lidocain oder Capsaicin eine Option. Generell hilft einigen Pruritus-Patienten eine begleitende UVB-Therapie, Antihistaminika dagegen zeigen nur begrenzte Wirkung. Alternativ kann ein Versuch mit Gabapentin (Startdosis 100 mg zur Nacht, maximal 1800 mg) lohnen. 

Quelle: Timothy G. Berger et al., JAMA 2013; 310: 2443-2450