Wann der akute Durchfall Antibiotika braucht
Wer mehr als drei flüssige Stühle am Tag absetzt, hat eine Diarrhö. Dauert der Durchfall weniger als zwei Wochen an, bezeichnet man ihn als akut, bestehen die Symptome zwei bis vier Wochen, als persistierend. Die chronische Diarrhö währt länger als vier Wochen.

Darminfektionen meist viraler Genese
Bei normalem Verlauf des akuten Durchfalls beschränkt man sich auf supportive Maßnahmen, denn der Nutzen einer generellen empirischen Antibiotikatherapie ist nicht erwiesen. Das liegt nicht zuletzt auch daran, dass in Deutschland die meisten (meldepflichtigen) infektiösen Darmkrankheiten viraler Natur sind. Laut einer Statistik des Robert Koch-Instituts wurden im Jahr 2012 rund 112 000 Fälle von Norovirus-Erkrankungen und rund 39 000 Fälle von Rotavirus-Erkrankungen gemeldet.
Bei den bakteriellen Infektionen steht die Campylobacter-Enteritis mit ca. 62 000 Fällen an erster und die Salmonellose mit rund 20 000 Fällen an zweiter Stelle. Alle anderen bakteriellen Darminfektionen z.B. mit EHEC (enterohämorrhagische E. coli) oder EPEC (sonstige enteropathogene E. coli) traten mit 1529 bzw. 7027 gemeldeten Fällen viel seltener auf. Infektionen mit Yersinien, Kryptosporidien und Shigellen fanden sich noch weniger häufig.
Tee mit viel Zucker und dazu Salzgebäck
Als Basismaßnahmen bei akuter Diarrhö nennt Dr. Christoph Lübbert von der Universitätsklinik Leipzig die orale Rehydratation mit zucker- und salzhaltigen Flüssigkeiten. Man kann den Patienten „Tee mit viel Zucker und dazu Salzgebäck“ empfehlen – oder mit Zucker und Salz angereicherte Fruchtsaftverdünnung bzw. Reisschleimsuppe. Fertigprodukte wie Oralpädon® oder Elotrans® entsprechen in ihrer Zusammensetzung den Anti-Dehydratations-Empfehlungen der WHO.
Die orale Rehydratation zieht der Kollege der intravenösen Flüssigkeitssubstitution (z.B. mit Vollelektrolytlösungen) vor. Bei einem Dehydrierungsgrad von über 10 % des Körpergewichts, bei Kreislaufschock, Bewusstseinsstörungen oder fortbestehendem Erbrechen kommt man um die stationäre Infusionstherapie aber nicht herum.
Bei bestimmten Symptomkonstellationen können zusätzlich Medikamente helfen: Antiemetika wie Metoclopramid bei Erbrechen und Spasmolytika bei krampfartigen abdominellen Beschwerden. Meist genügt Metamizol mit seinen analgetischen und spasmolytischen Effekten. N-Butylscopolamin hilft ebenfalls, kann aber anticholinerge Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit und Herzrasen hervorrufen.
Kein Loperamid bei blutigem Durchfall
Motilitätshemmer wie Loperamid sollte man nicht ohne triftigen Grund einsetzen. Die Hemmung der Darmperistaltik fördet u.U. eine starke Vermehrung der Erreger bzw. die Anreicherung von Bakterientoxinen. Außerdem stoppen die Motilitätshemmer die verstärkte Flüssigkeitssekretion in den Darm nicht, sodass sich trotz verminderter Stuhlgangfrequenz eine Exsikkose entwickeln kann.
Hat der Patient dringende Verpflichtungen oder befindet er sich auf Reisen, darf er Loperamid ggf. über zwei Tage einnehmen – aber nur bei unblutigen Stühlen und Fieberfreiheit. Bei Shigellosen geht der Gebrauch von Motilitätshemmern mit prolongiertem Fieber, bei EHEC mit erhöhtem Risiko für ein hämolytisch-urämisches Syndrom und bei C.-difficile-Infektionen mit der Gefahr für ein toxisches Megakolon einher. Daher sind diese Substanzen bei blutiger Diarrhö oder bei Verdacht auf Clostridium difficile strikt kontraindiziert.
Eine Antibiotikatherapie empfiehlt sich nur in einer Minderheit der Fälle. Erwogen werden kann eine empirische Antibiotikagabe bei schwer erkrankten Patienten mit hoher Stuhlfrequenz (> 8/Tag), bei Immundefizienten, bei Patienten in hohem Alter oder bei relevanter Komorbidität. Als Mittel der Wahl wird zurzeit noch Ciprofloxacin empfohlen – allerdings steigt die Resistenzquote deutlich an. Als Alternative kommt Azithromycin (1 x 500 mg p.o. über drei Tage) in Betracht – oder die Einmalgabe anderer Fluorchinolone bzw. Makrolide.
Bei Salmonellen ggf. Resistenz prüfen
Diese Antibiotika sind prinzipiell auch bei nachgewiesenen Infektionen z.B. mit Campylobacter jejuni, Salmonellen, Shigellen und Yersinien indiziert (siehe Tabelle). Bei dieser gezielten Antibiotikagabe sollten die Stuhlproben mikrobiologisch untersucht und gegebenenfalls die Resistenzmuster überprüft werden.
- Christoph Lübbert et al., Internist 2013; 54: 1383-1392