Zoster: Augen retten, Neuralgie verhindern
Bei jungen Menschen (< 50 Jahre) ohne Risikofaktoren heilt ein umschriebener Zoster an Stamm oder Extremitäten zwar meist von selbst ab, eine systemische antivirale Therapie verkürzt aber den Verlauf und lindert die Akutschmerzen.
Ein günstiger Einfluss auf die Inzidenz der postherpetischen Neuralgie konnte in einer Metaanalyse jedoch nicht gezeigt werden, schreibt der Infektiologe Dr. Jeffrey I. Cohen von den National Institutes of Health in Bethesda.
Von der antiviralen Behandlung profitieren vor allem Patienten mit Komplikationen oder einem erhöhten Risiko dafür. Entsprechend halten die Autoren der deutschen Leitlinie* eine Behandlung für dringend indiziert bei:
- Patienten ab dem 50. Lebensjahr (alle Lokalisationen)
- Zoster im Kopf-Hals-Bereich (in jedem Alter)
- schwerem Befund an Stamm oder Extremitäten
- immunsupprimierten Patienten
- Patienten mit schwerer atopischer Dermatitis und anderen ausgedehnten Ekzemen
Unter der Rubrik „Abwehrschwäche“ werden dabei maligne Grundleiden erfasst und selbstverständlich sollten alle Patienten mit Befall von Hirnnerven behandelt werden, besonders dringlich erscheint dies bei Z. oticus bzw. ophthalmicus. Letzterer gilt neben dem Alter über 50 Jahre als wesentlicher Risikofaktor für die Entwicklung einer Postzosterneuralgie.
Auch immer dann, wenn die Bläschen die Dermatomgrenzen überschreiten, hämorrhagische Läsionen bestehen oder die Schleimhaut mitbefallen ist, plädieren die Leitlinienexperten für eine antivirale Therapie.
Beim Auftreten des Exanthems zeitnah behandeln
Damit die Behandlung greift, sollte sie möglichst früh nach dem Beginn des Exanthems einsetzen, d.h. innerhalb 48 bis maximal 72 Stunden. Allerdings kann in bestimmten Situationen auch ein Therapiestart jenseits der Dreitagesfrist noch sinnnvoll sein.
Die Leitlinienautoren raten dazu z.B. bei Patienten mit bekannter Immunschwäche bzw. Zoster disseminatus oder Befall innerer Organe und bei schon länger bestehendem Z. ophthalmicus bzw. oticus.
Bei Sehstörungen zum Augenarzt
Patienten mit Beteiligung des N. ophthalmicus (Sehstörungen, Läsionen an Stirn, Oberlid oder Nase) sollten zwecks spezieller Therapie außerdem immer einem Augenarzt vorgestellt werden, ergänzt Dr. Cohen.
Die Therapie des unkomplizierten Zoster erfolgt in der Regel über sieben Tage oral, vier verschiedene Substanzen stehen dafür zur Verfügung (s. Tabelle).
Leitliniengerechte Therapie
- Valaciclovir oral 1000 mg 3 x täglich über 7 Tage
- Aciclovir oral 800 mg 5 x tägl. 7 Tage
- Aciclovir i.v. 5–7,5 mg 3 x tägl. 7 Tage
- Aciclovir i.v.* 8–10 mg 3 x täglich über 7–10 Tage
- Famciclovir oral 500 mg 3 x täglich über 7 Tage
- Brivudin oral 125 mg 1 x täglich über 7 Tage
*bei immundefizienten Patienten
Für die neueren Nukleosid-Analoga Famciclovir und Valaciclovir spricht im Vergleich zu Aciclovir der einfachere Einnahmemodus (nur drei- statt fünfmal täglich) sowie die bessere Bioverfügbarkeit und antivirale Aktivität, so Dr. Cohen.
Schon den Akutschmerz konsequent angehen
Bezüglich Akutschmerzen und Postzosterneuralgie schnitten Valaciclovir und Famciclovir vergleichbar ab, schreiben die Leitlinienautoren. Am bequemsten ist die Therapie mit Brivudin – es muss nur einmal täglich eingenommen werden und stoppt die Virusreplikation rascher als Aciclovir, was vor allem bei besonders neuralgiegefährdeten älteren Patienten zum Tragen kommt.
Der Nachteil: Immunsupprimierte, Kinder, Schwangere und stillende Frauen können nicht mit Brivudin behandelt werden, desgleichen Personen, die 5-Fluorouracil oder andere fluoropyrimidinhaltige Medikamente einnehmen.
Kontrovers diskutiert wird derzeit noch der Einsatz einer (hoch dosierten) Steroidtherapie bei der unkomplizierten Gürtelrose, betont Dr. Cohen. Glukokortikoide verringern zwar den Akutschmerz und beschleunigen evtl. auch die Abheilung der Bläschen, beugen aber nicht der postherpetischen Neuralgie vor.
Kein Steroid geben ohne Virostatikum
Gegen Zoster impfen?
Die in den USA empfohlene Herpes-zoster-Vakzine verhindert die Erkrankung in 64 % der Fälle bei 60- bis 69-Jährigen. Auch rund zwei Drittel der postherpetischen Neuralgien lassen sich durch eine Impfung vermeiden. In Deutschland wurde eine entsprechende Vakzine (Zostavax®) kürzlich für Personen ab 50 Jahre zugelassen, sie wird von der sächsischen Impfkommission bereits empfohlen.
Quelle: Jeffrey I. Cohen, N Engl J Med 2013; 369: 255-263