17. Dez. 2013Herzkrank und Sex

Herzkranke in sexuellen Fragen beraten!

Regelmäßig beraten Hausärzte ihre KHK-Patienten hinsichtlich Fitness und körperlicher Aktivität. Dabei bietet sich eine ideale Gelegenheit, auch nach dem Sexualleben zu fragen, betonte Professor Dr. Elaine E. Steinke, Wichita/Kansas.

Fragen Sie Ihre Patienten, ob sie sich Sorgen im Hinblick auf ihr Liebesleben und dessen Auswirkungen auf das kranke Herz machen, appellierte die Kollegin. Ein solches Gespräch sollte man nach Prof. Steinke allen Patienten anbieten, „unabhängig von deren Alter, Geschlecht und sexueller Orientierung“.

Senior Paar im Bett und Verstecken sich unter der Bettwäsche
iStock/Nastasic

KHK-Patienten: Praktische Tipps zum Sexualleben geben

In der Praxis ist dies aber keineswegs gang und gäbe. „Wenn über das Thema gesprochen wird, dann meist über die Auswirkung bestimmter Pharmaka – und fast nur bei Männern“, monierte Prof. Steinke. Die Patienten brauchen praktische Tipps, wie sie ihr Sexualleben angstfrei gestalten können.

Als Arzt sollte man sie ermutigen, mit ihrem Partner offen über ihre Bedürfnisse und Sorgen zu sprechen und gemeinsam Stellungen und Praktiken zu erproben, die sie als komfortabel, schmerzfrei und wenig körperlich belastend empfinden.

Man muss sie darüber informieren, dass sie vor dem Geschlechtsverkehr körperlich ausgeruht sein und exzessive Mahlzeiten bzw. hohen Alkoholkonsum vermeiden sollten. Jede Art von Beschwerden, die bei sexueller Aktivität auftreten – ob Luftnot, Brustschmerz oder Herzrasen –, gibt Anlass für einen Arztbesuch.

Belastungs-EKG okay – dann besteht kein Grund zur Sorge

Die Beratung erfolgt stets individualisiert und abhängig vom zugrunde liegenden Krankheitsbild. Kaum erhöht ist das kardiovaskuläre Risiko bei sexuell aktiven Patienten mit milder stabiler Angina pectoris. Bei wiederholt aufgetretener instabiler Angina pectoris ist das Risiko erhöht und die Beratung sollte sich an dem Ergebnis eines Belastungs-EKG orientieren.

Patienten mit Myokardinfarkt können im Allgemeinen ein bis vier Wochen nach dem Ereignis problemlos wieder sexuell aktiv werden, sofern sie bei allgemeinen körperlichen Aktivitäten beschwerdefrei sind und im Belastungs-EKG keine Ischämiezeichen zeigen, erklärte die Referentin.

Auch Patienten nach Ballondilatation können bereits wenige Tage später wieder ihr Sexualleben aufnehmen, wenn der Eingriff erfolgreich war. Bei nur teilweise erfolgter Revaskularisierung sind zur Abklärung jedoch weitere Untersuchungen erforderlich.

Nach Bypass-OP sechs bis acht Wochen Pause

Nach einer Bypass-Operation mit Sternotomie sollte der Patient mit dem Geschlechtsverkehr laut Prof. Steinke sechs bis acht Wochen warten. Bei minimalinvasiver Operation kann es jedoch durchaus früher wieder „zur Sache gehen“.

Liegt eine Herzinsuffizienz vor, so bildet das NYHA-Stadium üblicherweise den limitierenden Faktor. Unproblematisch ist das Sexualleben meist bei NYHA I und II, bei dekompensierter Herzinsuffizienz ist von sexueller Aktivität eher abzuraten.

Stellungen finden, die keine Atemnot verursachen

Ansonsten sollten Mann und Frau versuchen, Stellungen zu finden, in denen es möglichst nicht zur Atemnot kommt, der erkrankte Partner sollte am besten die Position oben einnehmen. Tritt eine Dyspnoe auf, so heißt es, unterbrechen und warten bis die Luftnot sich gelegt hat, ehe der Kardiopatient erneut mit seinem Partner aktiv wird.

Und wie beraten Sie Patienten mit Klappen-Vitien? Bei nur gering ausgeprägter Klappeninsuffizienz und/oder nach einer operativen Korrektur darf der Patient sich verhalten wie ein Herzgesunder. Bei ausgeprägten Beschwerden ist eine individuelle Beratung wie bei der Herzinsuffizienz angezeigt.

Keine Einschränkungen bestehen im Allgemeinen bei Patienten mit Kardiomyopathie, sofern keine ausgeprägten Symptome auftreten. Selbst Patienten mit Schrittmacher oder Defibrillator können in aller Regel unbesorgt sein.

Implantierter Defi für Bettpartner ungefährlich

„Man sollte Patienten mit Defibrillator aber dahingehend aufklären, dass für den Partner keine Gefahr besteht, wenn beim Geschlechtsverkehr tatsächlich ein Schock von dem Gerät ausgelöst werden sollte“, so Prof. Steinke.

Besondere Probleme gibt es nach ihren Worten häufig nach einer Herztransplantation, da die erforderliche Medikation einen Verlust der Libido und eine sexuelle Dysfunktion bedingen kann. Manche Patienten haben zudem Bedenken hinsichtlich der sexuellen Identität des Organspenders und brauchen möglicherweise eine psychologische Betreuung. 

Liebe ins Lot bringen nach Schlaganfall

Patienten nach einem Schlaganfall haben ebenfalls oft Probleme, ihr Sexualleben wieder aufzunehmen. Es bereitet ihnen Schwierigkeiten, Stellungen zu finden, in denen das Liebesleben trotz der individuellen körperlichen Behinderung wieder funktioniert.

Es kann für Betroffene sehr hilfreich sein, wenn ihr Arzt ihnen erklärt, dass sich die Sensibilität in verschiedenen Körperbereichen durch den Schlaganfall geändert haben kann, und sie zu mehr Experimentierfreudigkeit beim Sex ermuntert.

Quelle: European Society of Cardiology - Kongress 2013 AMSTERDAM