Keimabwehr mit Wurmeiern stärken?
Lange hielten die Experten die chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen für ein primär immunologisch gesteuertes Phänomen. Die immunologischen Veränderungen scheinen aber nur aufgepfropft zu sein, die eigentliche Krankheitsursache liegt dagegen in der Darmflora und in einem verminderten Schutz der Darmmukosa vor eindringenden Darmbakterien.
Bakterielle Invasion ruft Entzündungsreaktion hervor
Es resultiert eine vermehrte bakterielle Invasion, was entsprechende Entzündungsreaktionen hervorrufen kann. Ursache der eingeschränkten Schutzmechanismen scheint laut Professor Dr. Eduard F. Stange, Stuttgart, beim Morbus Crohn eine reduzierte Bildung von Defensinen zu sein, die im Darm antibiotikaähnliche Effekte vermitteln. Die ansonsten sterile Mukusschicht ist bei Crohn-Patienten komplett mit Darmbakterien kontaminiert.
Dünne Mukusschicht erleichtert Vordringen von Darmkeimen
Bei der Colitis ulcerosa liegt der Defekt weniger im Defensinsystem als im Bereich der mukusbildenden Becherzellen, so Prof. Stange. Die Mukusschicht ist dünner als bei Gesunden, was ebenfalls das Vordringen von Darmkeimen erleichtert.
Die neuen Vorstellungen zur Pathogenese helfen bei der Suche nach kausal eingreifenden Therapieregimen, wie Prof. Stange darlegte. Eier des Schweinepeitschenwurms (Trich- uris suis ova) z.B. beeinflussen das mukosaassoziierte Immunsystem bei M. Crohn.
Auch Stuhltransplantation könnte bei Crohn helfen
Weitere Optionen heißen u.a. Stuhltransplantation und Stammzelltherapie – all diese Therapieansätze befinden sich noch im experimentellen Stadium.
Bei der C. ulcerosa setzen Experten laut Professor Dr. Axel Dignass, Frankfurt, auf ein Phosphatidylcholin (Lecithin), das die Mukusschicht verstärken hilft. Die neuen Konzepte werden derzeit in kontrollierten Studien hinsichtlich der Wirksamkeit bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen geprüft.
Quelle: Falk Symposium 188: „Inflammatory Bowel Diseases: Microbiota versus the Barrier”, Veranstalter: Falk Foundation e.V.