Handekzem atopisch, irritativ, allergisch?
Fall 1: Die 34-jährige Friseurin fühlt sich seit einem Monat beruflich und privat durch ein Handekzem stark belastet. Die juckenden, geröteten, teils sogar nässenden Läsionen führt sie auf ein neues Haarfärbeprodukt in ihrem Salon zurück.
Fall 2: An beiden Händen hat der 50-jährige Landwirt spröde und trockene Haut mit tiefen, schmerzenden Einrissen über den Fingergelenken – die Ekzeme bestehen bereits seit Jahren.
Anamnese hilft bei Ursachenfahndung
Die Befunde der jungen Friseurin weisen auf ein akutes Handekzem hin. Juckreiz, Rötung und Schwellung oft in Kombination mit dyshidrosiformen Bläschen, Nässen und Krustenbildung gelten als Charakteristika. Demgegenüber sprechen Schuppung, Hyperkeratosen und Rhagaden – wie sie der Landwirt aufweist – für ein chronisches Handekzem.
Die Erythembildung ist bei dieser Form weniger ausgeprägt. Je nachdem, ob Bläschen oder Rhagaden dominieren, bezeichnet man Handekzeme als dyshidrosiform oder hyperkeratotisch-rhagadiform, schreiben Privatdozentin Dr. Barbara Ballmer-Weber vom Universitätsklinikum Zürich und Kollegen.
Gezielt nach Wasser und Gummihandschuhen fragen
Welche Differenzialdiagnosen sind zu beachten?
Als wichtigste Differenzialdiagnosen kommen Mykosen (Tinea manuum) und Psoriasis in Betracht. Pilzinfektionen können duch die Untersuchung von Hautschuppen ausgeschlossen werden.
Bei V.a. Schuppenflechte ist der gesamte Körper – einschließlich Nägel – nach psoriastypischen Läsionen – abzusuchen. Als eher seltene Differenzialdiagnosen gelten z.B.: Skabies, Lues II, Herpes simplex, palmoplantare Keratosen oder Ichthyosen.
Wichtige Hinweise auf Ursachen des Handekzems liefert oft schon die Anamnese. So sollte gezielt nach irritativen Belastungen der Haut gefragt werden – ob beruflich, im Haushalt, bei der Gartenarbeit, im Rahmen von Hobbys oder der Körperpflege!
So üben Patienten mit irritativen Kontaktekzemen oft Tätigkeiten aus, bei denen ständiger Kontakt mit Wasser, Reinigungs- und Desinfektionsmitteln besteht, etwa Friseure, Pflege- oder Reinigungskräfte. Auch häufiges Tragen von Gummihandschuhen kann eine Rolle spielen.
Irritative Stoffe, die bei einmaligem Kontakt unproblematisch sind, schädigen nach häufiger Exposition die Hautbarriere, führen zu Entzündungen – und letztlich zum kumulativ-subtoxischen Ekzem. Spezielle Tests zum Nachweis eines irritativen Kontaktekzems gibt es nicht.
Allergisches Ekzem mittels Epikutantest nachweisen
Bei Verdacht auf ein allergisches Ekzem ist hingegen ein Nachweis mittels Epikutantest (Pflaster-/Patchtest) möglich. Genutzt werden kommerzielle Testreihen oder vom Patienten mitgebrachte Materialen.
Zu den häufigsten Kontaktallergenen zählen Nickel, Kobalt, Kaliumdichromat (z.B. in Zement und Leder) sowie Duft-, Konservierungs-, Kleb- und Gummistoffe. Das allergische Kontaktekzem beruht auf einer T-Zell-vermittelten Spätreaktion. Bei Hautkontakt mit dem verantwortlichen Allergen kommt es zum Ekzem.
Auf eine genetische Disposition geht das atopische Handekzem zurück: Störungen der Hautbarriere und eine vorwiegend T-Helferzell-Typ-2- gesteuerte Immunantwort spielen eine Rolle. Betroffene berichten nicht selten über eine atopische Erkrankung oder Neurodermitis.
Irritatives Ekzem bahnt Allergie den Weg
Die verschiedenen Ekzemformen kommen oft kombiniert vor: So verschlechtern irritative Einflüsse ein atopischen Ekzems, weil bei gestörter Hautbarriere die Durchlässigkeit erhöht ist. Das irritative Kontaktekzem wiederum gilt als Wegbereiter für ein allergisches Ekzem (Pfropfsensibilisierung).
Management im 1. Fall: Auch bei der 34-jährigen Friseurin haben sich verschiedene Ekzemformen gleichzeitig manifestiert: Anamnestisch ergeben sich Hinweise auf eine atopische Dermatitis und die Beobachtung, dass ein Färbeprodukt den Ekzemschub ausgelöst hat, legt eine Kontaktallergie nahe. Der Epikutantest zeigt eine Sensibilisierung auf den Farbstoff p-Toluylendiamin.
Allergenkarenz bei der Kontaktallergie!
Mit topischem Steroid (Stärke 3), antiseptischen Hautbädern und Allergenkarenz bessert sich der Hautbefund. Anschließend erfolgt bis zur Abheilung eine topische Calcineurin-Inhibitor-Therapie. Außerdem wird die Frau über präventive Möglichkeiten aufgeklärt (z.B. Schutzcreme und Handschuhe), sie war drei Wochen arbeitsunfähig.
Management im 2. Fall: Bei dem Landwirt mit chronischem Ekzem kommen verschiedene irritative Faktoren, z.B. häufiges Händewaschen, mechanische Belastung und Kälte, als Auslöser in Betracht (andere Hauterkrankungen, z.B. Psoriasis, Mykosen, Kontaktsensibilisierungen, liegen nicht vor).
Die Therapie mit topischen Kortikosteroiden einschließlich Okklusion (Überziehen von Handschuhen während der Nacht) und harnstoffhaltigen Salben bessert die Hautläsionen nicht anhaltend. Erst unter 6-monatiger Alitretinoin-Behandlung heilen die Läsionen ab.
Wie wird das chronische Handekzem behandelt?
Die Therapie erfolgt in Stufen – mit begleitender Basistherapie:
Basistherapie: Rückfettung mit lipidreichen Grundlagen (Salben und Cremes vom Emulsionstyp), feuchtigkeitsspendende Topika, ggf. harnstoffhaltige Mittel (antipruriginös und keratolytisch und leicht antibakteriell)
- Stufe 1: Kortikosteroide und Calcineurin-Inhibitoren topisch, Antiseptika und Antipruriginosa
- Stufe 2: hochpotente topische Kortikosteroide und UV-Behandlung
- Stufe 3: systemische Therapie mit Alitretinoin, Kortikosteroiden (nur kurz bei akutem Schub), Immunsuppressiva und Radiotherapie
Patienten, die länger als sechs Wochen ein topisches Kortikoid benötigen, müssen auf eine Intervalltherapie umgestellt werden, um eine Schädigung der Haut zu vermeiden.
Quelle: Barbara Ballmer-Weber et al., Schweiz Med Forum 2013; 23: 453-458