Brustkrebsgen positiv – Wann sollte die Brust ab?
Frauen mit familiärer Brustkrebsbelastung tragen ein sehr hohes Risiko an einem aggressivem Mammakarzinom zu erkranken. Abhilfe kann eine prophylaktische Mastektomie schaffen. So ließ sich Angelina Jolie vorsorglich beide Brüste entfernen, weil sie das besonders brustkrebsgefährliche BRCA-1-Gen in sich trägt.
Wohin wenden sich Frauen mit familiärem Brustkrebs?
Eine Frau, deren Familienangehörige am Mamma- oder Ovarialkarzinom erkrankt sind, möchte wissen wie hoch ihr eigenes Brustkrebsrisiko ist. Kompetente Antworten und eine ausführliche, nicht direktive Beratung bekommt sie in einem der 15 spezialisierten Zentren für familiären Brust- und Eierstockkrebs. Die Adressen sind über die Deutsche Krebshilfe oder die S3-Leitlinie Mammakarzinom erhältlich.
Grundsätzlich ist eine prophylaktische Mastektomie eine Option für Frauen, die eine Mutation in einem der beiden Hochrisikogene BRCA I und II tragen. Bei positiver Familienanamnese wird zunächst eine Stammbaumanalyse gemacht. In die Berechnungen geht ein, welche Blutverwandte in welchem Alter erkrankt ist. Mit Hilfe von Tabellen kann dann das Erkrankungsrisiko geschätzt werden. Liegt die Wahrscheinlichkeit dann bei über 20 - 30% ist eine Genuntersuchung möglich, erklärte Privatdozent Dr. Stefan Krämer vom Brustzentrum der Universitätsklinik Köln gegenüber Medical Tribune.
Herditäres Mammakarzinom - Vorsorge rechtzeitig beginnen
Eine Frau mit einer Mutation im BRCA-I-Gen erkrankt mit 80%iger Wahrscheinlichkeit irgendwann in ihrem Leben an Brustkrebs. Zudem sind diese Mammakarzinome in der Regel sehr aggressiv und somit ist, selbst wenn der Tumor früh erkannt wird, die Prognose schlecht.
Für diese Frauen empfiehlt sich eine engmaschige Vorsorge. Bereits ab dem 25. Lebensjahr wird man jährliche Untersuchungen einschließlich Ultraschall und MRT der Brust anregen. Alternativ kommt die prophylaktische Entfernung der Brust infrage. Die Entscheidung zu einem solchen einschneidenden Schritt muss aber nicht übers Knie gebrochen werden, meinte dazu Dr. Krämer.
Die Frauen können sich ruhig Zeit lassen, eine psychologische Beratung und genaue Aufklärung über die komplexen medizinischen Zusammenhänge sind wichtig. Auch müssen die Frauen wissen, dass die Mastektomie das Risiko nur zu etwa 97 % bannen kann. Einzelne evtl. versprengte Brustdrüsenzellen können zurückbleiben und dann immer noch irgendwann entarten.
Brustwiederaufbau - Implantat oder Eigengewebe?
Hat sich die Frau zu einer Operation entschieden, stellt sich die Frage nach der Methode. Da es sich ja meist um junge bis dato gesunde Frauen handelt, ist der Anspruch an die Sicherheit des Eingriffs und auch an das kosmetische Ergebnis ganz besonders hoch. Es gilt zu entscheiden, ob der Wiederaufbau mittels Implantaten oder mit Eigengewebe erfolgen soll und ob die Brustwarze erhalten bleibt oder mitentfernt wird. In Deutschland entscheiden sich etwa 80 % der Betroffenen zu einem Implantat aus Silikon. Jede fünfte Frau möchte dagegen keinen Fremdkörper implantiert bekommen und es wird Eigengewebe verwendet.
Für eine Lappenplastik wird Gewebe vom Bauch, in einigen Fällen auch vom Rücken (M. latissimus dorsi) oder vom Gesäß (M. gluteus) verwendet. Das ist allerdings nur möglich, wenn es genügend Speck für einen beidseitigen Brustaufbau gibt. Oft ist z.B. die Bauchdecke der meist jungen Frauen dafür einfach zu flach, so die Erfahrung des Senologen. Als Nachteil der Eigengewebespende müssen die Frauen auch eine recht lange Narbe an der Entnahmestelle in Kauf nehmen. Trotz moderner Operationsverfahren besteht eine etwa 3 %ige Gefahr einer Lappennekrose.
Ohne zusätzlich Narben und meist mit gutem kosmetischem Ergebnis geht der Aufbau mit Fremdgewebe, also Silikon, einher. Dafür werden in Köln nur Brustimplantate verwendet, die auch in den USA von der FDA zugelassen ist. Mit diesem Material gibt langjährige Erfahrung.
Brustimplantate - Risiken und Nebenwirkungen
Die Vorteile der Silikon-Rekonstruktion liegen in der geringeren Belastung der Patientin mit kürzerer Op.- und Krankenhausaufenthaltsdauer. Nachteile sind potenzielle Schwierigkeiten bei der Bedeckung der Implantate caudal und es kann eine Pectoralisretraktion auftreten. Die wichtigste Komplikation der Silikonimplantate aber ist die Kapselfibrose.
Nach fünf bis zehn Jahren kommt es bei 20 % der Frauen mit Silikonimplantaten zu dieser Nebenwirkung, die mit Schmerzen und Verziehungen einhergehen kann. Betroffenen Frauen wird man dann eine Reoperation anbieten. Da man heute davon ausgeht, dass hinter der Fibrose eine subklinische Infektion steckt, werden der Sterilität und dem Infektionsschutz allerhöchste Priorität eingeräumt, erklärte der Experte.
Bei Frauen mit genetischer Disposition ist auch das Ovarialtumorrisiko besonders hoch. Es beträgt z.B bei einer Mutation des BRCA-2 Gens je nach Alter der Frau bis zu 60%, erinnerte Dr. Krämer. Daher wird man den Frauen auch zur Ovarektomie raten. Die Eierstöcke entarten in der Regel jedoch später als das Mammagewebe, sodass der Abschluss der Familienplanung abgewartet werden kann. In der Regel operiert man erst nach dem 40. Lebensjahr prophylaktisch. Dr. Krämer hat die Erfahrung gemacht, dass sich fast alle Frauen, die eine prophylaktische Mastektomie vornehmen lassen, später auch die Ovarien entfernen lassen.
Der richtige Brustaufbau
Für den Brustaufbau mit Silikon stehen je nach Ausgangssituation verschiedene Operationsverfahren zur Verfügung. Entweder wird eine Skin Sparing Mastektomie (SSM) angewandt, bei der man auch die Brustwarze entfernt. Bei dieser Methode erfolgt in der Regel ein sofortiger Neuaufbau mit Tätowierung des neuen Vorhofes. Allerdings entscheiden sich 70 % der Frauen zum Erhalt ihrer Brustwarzen (NSM: Nipple Sparing Mastektomie. So bleibt natürlich auch etwas mehr Brustdrüsengewebe hinter der Mamille erhalten, was wiederum das Restkrebsrisiko um etwa 1 % erhöht. (96 % Reduktion anstatt 97 % ohne Erhalt der Brustwarze).
Für die Planung der hautsparenden Mastektomie ist die präoperative Form der Brust entscheidend. Bei Makromastie mit Ptose reduziert und strafft man den Hautmantel, ähnlich wie bei einer Brustverkleinerung. Dann wird das Implantat partiell subpectoral eingesetzt und der untere Brustpol mit einem inferioren Coriumlappen stabilisiert. So verhindert man, dass der Pectoralis sich nach kranial retrahiert.
Ist bei primär euplastischer Brust keine Verkleinerung und Hautmantelreduktion nötig, wird ebenfalls das Silikonimplantat unter den Pectoralismuskel implantiert. Hier muss der Operateur den untere Brustpol aber mit einem titanisierten Polypropylennetz oder einer azellulärer Matrix stabilisieren oder verstärken, um die Retraktion des M. pectoralis major zu verhindern.
Quelle: Gespräch mit PD Dr. Stefan Krämer, Uniklinik Köln