27. Aug. 2013Nagel-Psoriasis

Wie behandeln Sie Nagel-Psoriasis?

In Deutschland leiden mehr als zwei Millionen Menschen an einer Psoria­sis. Bei etwa 40 % von ihnen sind auch Finger und Fußnägel betroffen. Vor allem Patienten mit Gelenkbefall weisen besonders häufig Nagelveränderungen auf, berichten Privatdozent Dr. Marc Alexander Radtke aus der Fachpraxis Hamburg Dermatologie und Kollegen.

Nagelpflegeset für Maniküre
iStock/ksena32

Die typischen Tüpfel- oder sogar Krümelnägel entstehen durch abnorme Keratisierung und Ansammlungen von Kernresten an der Nageloberfläche. Ölflecken dagegen resultieren aus einer Verhornungsstörung im Nagelbett. Verstärkte Proliferation im Nagelbett führt zu verdickten Nagelplatten, die sich oft weiß und undurchsichtig präsentieren (Leukonychie).

Bei der Acrodermatitis coninua suppurativa (Hallopeau) mit Nekrosen kann sich die gesamte Nagelplatte ablösen. Wenn zudem die angrenzende Haut und sogar der distale Knochen betroffen sind, spricht man von Pachydermoperiostitis (POPP-Syndrom). Die Diagnose stellen Sie bei meist gleichzeitig vorhandenen Hautveränderungen klinisch. Der seltene isolierte Nagelbefall dagegen muss eventuell per Biopsie abgeklärt werden.

Nagel-Psoriasis von Onchomykose abgrenzen!

Und denken Sie an die Onychomykose, die sich in diesen locus minoris resistentiae leicht entwickelt. Die Infektion kann dabei alle Facetten der Nagelpsoriasis imitieren. Die Diagnose wird mittels Mikroskopie oder Kultur bzw. Histologie gestellt. Als Beleg für einen Pilzbefall gelten Hyphen und Sporen im subungualen hyperkeratotischen Gewebe.

Weitere Differenzialdiagnosen der Nagelpsoriasis sind unter anderem Ekzeme mit Nagelbeteiligung, Lichen ruber planus, bei Befall einzelner Nägel auch Tumoren. Das Ausmaß des Nagelbefalls lässt sich mit dem üblichen Psoriasis-Score PASI1 nicht beurteilen. Besser eignen sich der NAPSI2- oder der neue und am besten validierte NAPPA3-Score. Letzterer erlaubt eine einfache Einteilung in Schweregrade und wird in klinischen Studien wie auch in der Versorgung eingesetzt, schreiben die Dermatologen.

Da es sich bei psoriatrischen Nägelveränderungen i.d.R. nicht um Narben, sondern „nur“ um Störungen bei der Zellkinetik handelt, sind selbst schwere Läsionen reversibel, ermutigen die Autoren ihre Kollegen. Damit eine topische Therapie greift, muss der Wirkstoff Nagel, Nagelbett und Matrix in ausreichender Konzentration erreichen. 

Differenzierung der Nagelpsoriasis

  • Onychomykose
  • Ekzeme mit Nagelbeteiligung
  • Lichen ruber planus
  • Akute Pustulosis palmoplantaris
  • M. Reiter, M. Darier, M. Bowen
  • Pitryasis rubra pilaris Typ I
  • Lupus erythematodes
  • Mycosis fungoides
  • Alopecia areata
  • Erythema exsudativum multiforme
  • Akrokeratosis paraneoplastica Bazex
  • Antiphospholipid-Syndrom
  • Dermatomyositis, Sklerodermie
  • Pemphigus vulgaris und Pemphigoide
  • Allgemeinerkrankungen (Hepatopathie, Amyloidose, Anämie, Gicht)
  • Vitaminmangel, Noxen mit Nagelschädigung

Vor der Lokaltherapie Nageldicke reduzieren

Um die Nageldicke zu reduzieren wird Harnstoff eingesetzt, z.B. in Nagellack, dessen Anwendung nach etwa sechs Monaten zu einem glatteren Aussehen der Nägel führt. Steroide werden als Cremes oder Lösungen, evtl. unter Okklusion, aufgebracht. Einen noch besseren Effekt scheint die intraläsionale Injektion zu haben, sie erfolgt entweder mit einer Nadel oder per Dermojet.

Die Therapie wirkt – gemäß der verfügbaren Evidenz – gut gegen Nagelmatrixveränderungen und Tüpfelbildung. Sie wird einmalig, wöchentlich oder auch monatlich angewandt, die beste Injektionsfrequenz ist unklar. Als Nachteile nennen die Kollegen Schmerzen beim Spritzen und die Gefahr von Atrophien.

Erfolgreich in der Lokalbehandlung werden auch Calcipotriol (zusammen mit Steroiden), das topische Retinoid Tazaroten, Fototherapie und PUVA eingesetzt. Wenn die topische Therapie nicht ausreicht, aber auch bei schwerer Erkrankung, bei zusätzlicher Haut- und vor allem bei Gelenkmanifestation steht die systemische Therapie als Nächstes auf dem Plan.
 

Systemische Therapie: MTX wirkt auch bei Nagelpsoriasis

Auch wenn es speziell zur Nagelpsoriasis keine umfangreiche Evidenz gibt, kann man den Einsatz von Fumarsäureester versuchen. Gute Erfahrungen gibt es auch mit Immunsuppressiva wie Ciclosporin A und Methotrexat oder dem Vitamin-A-Derivat Acitretin. Hier müssen die jeweiligen Kontraindikationen und Nebenwirkungen beachtet werden.

Mit TNF-α-Antikörpern (Adalimumab, Golimumab, Infliximab), dem Fusionsprotein Etanercept und dem T-Helferzellen blockierenden Antikörper Ustekinumab erreichte man in Studien ebenfalls deutliche Besserungen des Nagelbefundes bzw. Reduktionen der NAPSI-Scores.

Unterstützend zur medikamentösen Therapie sollte der Patient penibel auf die Nagelpflege achten und Verletzungen an Händen und Füßen vermeiden. Mahnen Sie, nach dem Waschen auf sorgsames Abtrocknen zu achten, um Feuchtigkeit an den Nägeln zu vermeiden. Sind die Zehennägel betroffen, ist gut sitzendes atmungsaktives Schuhwerk wichtig.

Quelle: M. A. Radtke et al., JDDG 2013: online first

1 Psoriasis Area and Severity Index
2 Nail Psoriasis Severity Index
3 Nail Assessment in Psoriasis and Psoriatric Arthritis