20. Apr. 2013Chronisch obstruktive Tubenfunktionsstörung

Ballondilatation funktioniert auch im Ohr

Ein unangenehmes Druckgefühl vor allem beim Fliegen und bei Berg- und Talfahrten, ohne dass ein Valsalva-Manöver hilft – hinter solchen Problemen kann eine chronisch obstruktive Tubenfunktionsstörung stecken.

Eine Ballondilatation der eustachischen Röhre kann eventuell helfen. Die Ohrtrompete oder Tuba Eustacchii zwischen Nasenrachenraum und Paukenhöhlenöffnung trägt entscheidend zum Luftdruckausgleich bei. Bei etwa einem Prozent der Bevölkerung ist diese Funktion durch eine chronische Obstruktion gestört, was häufig als sehr unangenehm empfunden wird.

Endoskop durch die Nase und die Tube weiten

Dr. Stefanie Schröder und ihre Arbeitsgruppe von der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde des Klinikums Bielefeld haben mit der Ballondilatation der eustachischen Röhre eine neue Methode entwickelt, betroffenen Patienten zu helfen. Bei diesem Eingriff wird das Tubenendoskop in einer kurzen Vollnarkose durch die Nase bis in den Rachen geschoben und vor dem Tubenwulst platziert. Anschließend wird der 2 cm lange Ballon in den knorpeligen Anteil der Tuba auditiva positioniert und hier für zwei Minuten mit einem Druck von 10 bar aufgepumpt.

Doch soll diese Dilatation langfris­tig funktionieren? Die HNO-Ärzte vermuten, dass es unter der akuten Druckapplikation möglicherweise zu Mikrofrakturen im Knorpel kommt, die wiederum für eine dauerhafte Erweiterung der verengten Tuba auditiva sorgen. Ihre Methode haben die Kollegen bei 120 Patienten bzw. 209 Eustachio-Röhren getestet. In allen Fällen lag eine klinisch erfassbare, chronisch obstruktive Tubendysfunktion mit nicht durchführbarem Valsalva-Manöver vor.

Nach der Dilatation für fünf Tagen Antibiotika

Der Eingriff ließ sich bei fast allen Patienten problemlos durchführen – nur in einem Fall musste man wegen einer massiven Vernarbung des Tubenostiums aufgeben. Der durchschnittliche Krankenhausaufenthalt betrug drei Tage und die Patienten erhielten für fünf Tage eine Antibiotikaprophylaxe. Die Nachbehandlung bestand in der Anwendung eines Xylometazolin/Dexpanthenol-Nasensprays für sieben Tage und eines kortisonhaltigen Nasensprays für zwei Monate. Komplikationen traten nicht auf.

Etwa 20 % der Patienten gaben schon zum Zeitpunkt der Entlassung eine Besserung der Beschwerden an. Bei 66 Patienten erfolgte eine Nachuntersuchung nach zwei Monaten – jetzt gaben 44 eine erhebliche und 14 Patienten ein leichte Besserung an. Etwa 67 % der Dilatierten waren mit dem Ergebnis sehr zufrieden.

Bei 60 Prozent deutliche Besserung durch Ballondilatation

Im Tubenscore zeigte sich bei 60 % eine deutliche Befundbesserung. Die ers­ten zwölf Patienten konnten nach einem Jahr nachuntersucht werden – zu diesem Zeitpunkt verspürten zehn von ihnen eine deutliche und zwei eine leichte Besserung. Nur bei zwei von 20 behandelten Ohren war immer noch kein Valsalva-Manöver möglich.

Wichtig ist die richtige Indikationsstellung, betont Dr. Schröder. Für eine Dilatation besonders geeignet sind Patienten mit wiederholt nicht durchführbarem Valsalva-Manöver, fehlender Tubenöffnung in der Tubenmanometrie und klassischen Beschwerden. Problematisch sind dagegen beispielsweise sog. „Tubenneurotiker“ mit starken, aber diffusen Beschwerden ohne objektivierbares Korrelat.

Quelle: Stefanie Schröder et al., HNO 2013; 61: 142-151