7. März 2013

Welche Allergietests helfen in der Praxis?

Am Anfang jeder Allergiediagnostik steht nach wie vor die Anamnese. Hauttests, die Bestimmung von IgE-Antikörpern und ggf. auch Provokationen leisten wertvolle Dienste. Aber was ist von den zellulären Tests zu halten?

Kein blindes Allergie-Screening!

Besteht bei einem Patienten der Verdacht auf eine Allergie, heißt es: Genau nachfragen und zuhören! Nur so können anamnestisch infrage kommende Auslöser abgeklärt werden. Außerdem sind die Angaben der Betroffenen wiederum die Voraussetzung, um später Zusammenhänge zwischen nachgewiesener Sensibilisierung und Krankheitssymptomatik zu interpretieren.

Eine sorgfältige Anamnese schützt auch vor einem „blinden Allergie-Screening“ bei Nicht-Erkrankten, betont Professor Dr. Monika Raulf-Heimsoth vom Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung der Ruhr-Universität Bochum.

Bei Schimmelpilzallergie IgE und Hauttest

Erhärtet die Anamnese den Verdacht auf eine IgE-vermittelte Soforttyp-Reaktion, kann man entweder Hauttests mit dem vermuteten Allergen durchführen oder allergenspezifische IgE-Antikörper bestimmen. Bei der Hauttestung kommt es entscheidend auf die Qualität der verwendeten Allergene an, erklärt die Allergologin.

Da positive Hauttestreaktionen und IgE-Antikörper nicht unbedingt korrelieren, kann es sinnvoll sein, beide Untersuchungen durchzuführen. Das gilt insbesondere für Schimmelpilz-Sensibilisierungen. Die Bestimmung allergenspezifischer IgE-Antikörper ist auch heute noch die wichtigste und praxistauglichste In-vitro-Untersuchung. Ihr Nachweis bedeutet, dass eine Sensibilisierung gegenüber dem Allergen vorliegt. Doch dies ist nicht mit einer klinisch relevanten Allergie gleichzusetzen!

Spezifischer Allergennachweis ist abhängig von Qualität des Extraktes

Die Befunde dürfen nur im Zusammenhang mit Anamnese und eventuell Allergenprovokation interpretiert werden. Auch beim spezifischen IgE-Nachweis kommt es auf die verwendeten Allergenextrakte an: Testergebnisse mit Systemen verschiedener Hersteller sind kaum vergleichbar und für Verlaufskontrollen ungeeignet, so die Expertin.

Neben Einzelextrakten stehen heute verschiedene Multiallergen-Screeningtests zur Verfügung, die Mischungen aus Nahrungsmittel- und Inhalationsallergenen enthalten. Zunehmend gibt es auch rekombinant hergestellte Extrakte, die sich durch eine gleichbleibende Qualität und Quantifizierbarkeit der Ergebnisse auszeichnen. Als häufiges Problem gelten Kreuzreaktionen, die auf gleichen oder ähnlichen Protein-Epitopen beruhen. Solche Glykoproteine (Cross-reactive Carbohydrate Determinants, CCD) können auch zur Bildung von spezifischem IgE führen.

Gesamt-IgE hat keinen diagnostischen Wert

Um diesen Kreuzreaktionen auf die Spur zu kommen, stehen verschiedene CCD-Screeningtests zur Verfügung. Als klinisch bedeutsam hebt die Autorin auch den jüngsten Nachweis eines Kohlenhydrat-Epitops (Galaktose-alpha-1,3-Galaktose; alpha-Gal) hervor: So scheinen bei einigen Patienten anaphylaktische Reaktionen z.B. gegen Cetuximab auf IgE-Antikörper gegen alpha-Gal zurückführbar zu sein. Zudem spielt dieses Epitop offenbar pathophysiologisch bei Allergien auf rotes Fleisch oder Innereien eine Rolle.

Die alleinige Bestimmung des Gesamt-IgE hat keinen diagnostischen Wert, sie gibt aber Hinweise auf eine allergische Disposition und kann die Interpretation von spezifischen IgE-Spiegeln erleichtern. Ebenfalls meist bedeutungslos ist der Nachweis von spezifischen IgG-Antikörpern, denn diese zeigen lediglich an, dass sich der Körper mit diesem Fremdstoff auseinandergesetzt hat. Ausnahme ist die exogene allergische Alveolitis.

Basophile aktivieren und Histamin messen?

Als Zusatzdiagnostik werden verschiedene zelluläre Testverfahren, z.B. CAST1, FlowCAST2, LTT3 bzw. LST4, und Bestimmungen von Entzündungsmediatoren angeboten. Die zellulären Testverfahren sind alle sehr aufwendig, anspruchsvoll in Durchführung und Interpretation und für die Routinediagnostik nicht geeignet, betont die Kollegin. Auch die Bestimmung von Entzündungsmediatoren wie Histamin, Tryptasen und eosinophilem kationischem Protein sind nichts für die Praxisroutine und bleiben speziellen Fragestellungen vorbehalten.

1Cellular-Antigen-Stimulation-Test

2Basophilen-Aktivierungstest

3Lymphozytentransformationstest

4Lymphozytenstimulationstest

Quelle: Monika Raulf-Heimsoth, internist. prax. 2013; 53: 41-53