Sonnen-Sucht durch Endorphine
Trotz Warnungen vor Hautkrebs oder vorzeitiger Hautalterung setzen viele Menschen ihre Haut einer Energie aus, die diese kaum verkraftet. Sonnenbaden hat offenbar Suchtcharakter, wie ein Experiment zeigt.
In weiten Bevölkerungskreisen der westlichen Welt gilt sonnengebräunte Haut immer noch als Zeichen für Attraktivität und Gesundheit. Doch dies allein kann das starke Verlangen vieler Menschen nach UV-Exposition nicht erklären. Ein Experiment unterstützt nun die Hypothese, dass es so etwas wie eine UV-Sucht gibt.
In der Studie rasierte man Mäusen die Rückenhaare und verpasste ihnen sechs Wochen lang täglich eine 30-minütige „Sommersonnen-UV-Dosis“.
Naloxon machte den UV-Effekt zunichte
Dabei produzierten die murinen epidermalen Keratinozyten vermehrt Proopiomelanocortin. Das Protein und Prohormon induziert die Bräunung ebenso wie die Beta-Endorphin-Synthese. Die Plasmaspiegel des körpereigenen Opioids waren über einige Tage erhöht, die Schmerzschwelle stieg. Nach Injektion des Opioidantagonisten Naloxon sank die Schmerzschwelle wieder und die Mäuse entwickelten Symptome wie bei einem Opiatentzug.
Bei einer Exposition gegenüber einer UV-freien „Placebo“-Sonnenstrahlung blieben die Endorphinspiegel dagegen im Normalbereich. Biologisch lässt sich die Ausschüttung von „Wohlfühlhormonen“ durch Sonnenbaden sogar erklären, schreiben die Studienautoren.
Evolutionsbiologisch ist es durchaus sinnvoll, die Sonne als Induktor für die lebenswichtige Vitamin-D-Synthese zu suchen. Allerdings überwiegen heute eher die Gefahren von UV-Strahlen für die Haut, betonen die Experten, und Vitamin D kann supplementiert werden. Möglicherweise sind UV-Blocker nicht nur für den Hautschutz nützlich, sondern bewahren ihre Anwender sogar vor einer UV-Sucht.
Gillian L. Fell et al., Cell 2014; 157: 1527-1534