Schwierigkeiten mit dem Orgasmus – wie behandeln?
Die Medikamentöse Therapie setzt heute meist am Zusammenspiel der Neurotransmitter an. Nachdem lange Zeit die erektile Dysfunktion ganz im Vordergrund stand, rücken jetzt zunehmend auch Ejakulations- und Orgasmusprobleme in den Fokus der Sexualmedizin, so die Erfahrung des in Hamburg niedergelassenen Urologen Professor Dr. Hartmut Porst, die er beim 64. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie vorstellte.
Ein Problem ist die Ejaculatio praecox, bei der man eine lebenslang bestehende (kongenitale) Form von der erworbenen unterscheidet. Als wichtige Risikofaktoren für Letztere gelten erektile Dysfunktion, Prostatitis und Hyperthyreose. Auch psychische Faktoren wie Versagensangst und Beziehungsprobleme können eine Rolle spielen.
Der vorzeitige Orgasmus ist kein Problem heißblütiger junger Spunde. Nach einer Untersuchung sind um die 30 % der über 57-Jährigen von der Ejaculatio praecox betroffen – erst ab einem Alter von 75 Jahren nimmt die Inzidenz dann auf etwa 20 % ab.
Kurz wirksamer SSRI oder PDE-5-Hemmer?
Die lange Zeit propagierten sexualtherapeutischen Ansätze sind beim vorzeitigen Samenerguss nicht wirklich erfolgreich, meinte Prof. Porst. Bei der lebenslangen Form hat diese Therapie keine Bedeutung mehr – zumal es für diese Indikation heute besser wirksame medikamentöse Angebote gibt.
Ein wichtiger Ansatzpunkt ist dabei das Serotonin. Selektive Serotonin-Reuptake-Hemmer (SSRI) können täglich oder bedarfsabhängig eingesetzt werden und führen oft zum Erfolg. Speziell zugelassen für diese Indikation ist aber nur das kurz wirksame Dapoxetin (Priligy®). Bei jüngeren Männern sollte man mit den lang wirkenden SSRI auch etwas vorsichtig sein, riet Prof. Porst. Denn unter Paroxetin und Citalopram wurden vermehrte DNA-Fragmentationen der Spermien beobachtet. Eine Dauertherapie mit SSRI kommt daher für den Hamburger Urologen nicht infrage.
Tramadol als Orgasmusverzögerer?
Auch das Opioid Tramadol ist eine sehr guter Orgasmusverzögerer – seine Nebenwirkungen und das Abhängigkeitspotenzial bei nicht retardierter Form stehen aber einer Anwendung bei der Ejaculatio praecox entgegen. Auch sympatholytische Medikamente wie Tamsulosin oder Silodosin sind oft wirksam – aber in dieser Indikation noch nicht zugelassen.
PDE-5- Hemmer haben zwar als Monotherapie keinen direkten Effekt auf die Ejaculatio praecox. Allerdings verschwindet dieses Phänomen oft zusammen mit einer gleichzeitig bestehenden erektilen Dysfunktion, sodass sich ein Versuch lohnen kann, meinte Prof. Porst. Für Männer, die keine Tabletten einnehmen wollen, kommen auch anästhetisierende Lokaltherapeutika infrage.
Sexuelle Unempfindlichkeit im Alter normal?
Viele – vor allem ältere – Männer haben ein ganz anderes Problem: Orgasmus und Ejakulation lassen sehr lange auf sich warten oder werden überhaupt nicht erreicht. Dies ist in gewisser Weise dem Alter geschuldet, da die Empfindlichkeit für sexuelle Reize mit zunehmenden Lebensjahren abnimmt. Ein Androgendefizit oder auch die Einnahme von Medikamenten wie Alphablockern, Antihypertensiva oder Psychopharmaka können das Problem noch weiter verstärken.
Gleiches gilt für eine weite Scheide bei der Partnerin nach mehreren Geburten, die beim Mann das Gefühl des „lost penis“ erzeugt. Ein knappes Viertel (23 %) der 65- bis 74-Jährigen und ein Drittel der über 75-Jährigen berichten von einer Ejaculatio tarda.
Weite Scheide operieren?
Die therapeutischen Möglichkeiten sind bei der verzögerten Ejakulation sehr begrenzt und für keines der bisher eingesetzten Mittel wie Midodrin, Ephedrin oder Yohimbin besteht eine ausreichende Evidenz, betonte Prof. Porst. Manchmal hilft eine psychosexuelle Beratung der meist älteren Paare, bei der zusätzliche Stimulationsmethoden diskutiert werden. Das Problem der „weiten Scheide“ lässt sich in manchen Fällen chirurgisch beheben.