Wann können Stent-Patienten gefahrlos operiert werden?
Stentthrombose oder Re-Stenose versus erhöhtes Blutungsrisiko durch Plättchenhemmer – das sind die wesentlichen Faktoren, die bei einem elektiven, nicht kardialen Eingriff nach Stent zu berücksichtigen sind.
Aktuelle Leitlinien empfehlen nach unbeschichtetem Stent eine Operation frühestens nach 30 bis 45 Tagen, nach medikamentenbeschichtetem sogar erst nach einem Jahr. Kanadische Kollegen haben nun eine Kohortenstudie durchgeführt, um mehr Klarheit bezüglich des optimalen Operationszeitpunktes zu erhalten.
Mit Medikamenten-Stent schon nach 180 Tagen?
Insgesamt 8116 Patienten im Alter von mindestens 40 Jahren, die sich zwischen 2003 und 2009 einem nicht kardialen Eingriff unterziehen mussten, waren darin eingeschlossen. Alle hatten innerhalb der vorausgegangenen zehn Jahre einen Stent erhalten, ein Drittel von ihnen einen medikamentenbeschichteten.
Als Vergleichskollektiv dienten rund 340 000 chirurgische Patienten, die keine koronare Revaskularisation hinter sich hatten. Der primäre Endpunkt hieß: großes kardiales Ereignis (Tod, Wiederaufnahme wegen akuten Koronarsyndroms oder erneute koronare Revaskularisierung) innerhalb von 30 Tagen nach der extrakardialen Operation.
Insgsamt betrug die Rate an 30-Tages-Zwischenfällen 2,1 %, schreiben Kollegen vom St. Michael's Hospital in Toronto und Kollegen in der Zeitschrift „Circulation“.1 Lag die vorangegangene Stentimplantation weniger als 45 Tage zurück, kletterte die Ereignisrate bei „nackten“ Stents auf 6,7 %, bei beschichteten auf 20 %.
Patienten mit unbeschichteten Gefäßstützen erreichten eine vergleichbare Ereignisrate wie kardial Gesunde (2,6 %), wenn sie im Zeitraum zwischen dem 45. und 180. Tag nach PTCA operiert wurden, danach verschlechterte sich die Prognose wieder. Menschen mit beschichteten Stents fielen erst nach mehr als 180 Tagen auf das gleiche Risikoniveau (1,2 %).
Die Autoren schlussfolgern, dass der früheste optimale Operations-Zeitpunkt nach Einpflanzung von unbeschichteten Stents zwischen 46 und 180 Tagen liegt. Wurden medikamentenfreisetzende Stents verwendet, sollte man nach diesen Daten möglichst mindestens 180 Tage warten, was für künftige Leitlinien von Bedeutung sein dürfte.
Leitlinie nicht zu schnell ändern
Dr. Alexis Matteau und Dr. Laura Mauri vom Brigham and Women's Hospital in Boston warnen hingegen vor einer voreiligen Änderung der Empfehlungen.2 In der vorliegenden Studie mangele es an Informationen über Komplikationen wie Blutungen, Myokardinfarkte, Stentthrombosen oder Herzinsuffizienz.
Auch das Management der plättchenhemmenden Therapie sei nur unzureichend aufgeschlüsselt. Und auch wenn ein kleiner chirurgischer Eingriff schon sechs Monate nach Implantation eines beschichteten Stents vertretbar sein kann, reichen die vorliegenden Erkenntnisse nicht aus, um generell einen früheren Operationszeitpunkt zu empfehlen, unterstreichen die Kollegen.
Außerdem sollten immer auch individuelle Faktoren wie der Zustand der Kranzgefäße insgesamt, Art und Ausmaß der PTCA und die Dringlichkeit einer Operation in die Entscheidung mit einfließen.
1. Duminda Wijeysundera et al., Circulation 2012; online first;
2. Alexis Matteau, Laura Mauri, a.a.O., online first