Locken Statine Diabetes an?
Die positiven Wirkungen von Statinen bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom oder KHK-Risikofaktoren sind unumstritten: Mit Absenkung des LDL-Spiegels geht die Mortalität deutlich zurück und das Risiko für Myokardinfarkt, Schlaganfall und erneute Revaskularisationen nimmt ab.
Statine: Instabile Angina und Todesfälle um 44 Prozent reduziert
Demgegenüber steht offenbar ein erhöhtes Diabetesrisiko, schreibt eine Kollegin aus Boston. So wurde z.B. in der JUPITER-Studie* bei mehr als 17 000 zu Beginn nicht zuckerkranken Patienten, dass das Risiko für einen Typ-2-Diabetes in der Statingruppe vs. Placebo um 25 % anstieg. Auf der anderen Seite profitierten die Patienten trotz relativ niedriger LDL-Werte deutlich von der lipidsenkenden Therapie: Ihr Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse wie Herzinfarkt, Schlaganfall, arterielle Revaskularisation, instabile Angina und Tod sank innerhalb von nur 1,9 Jahren um 44 %.
Erhöhtes Diabetes-Risiko nachgewiesen bei hochdosierter Statintherapie
In zwei Metaanalysen bestätigte sich die erhöhte Diabetesrate – auch wenn der Anstieg deutlich geringer ausfiel als in der JUPITER-Studie. Besonders stark kletterte das Risiko unter einer hochdosierten Statintherapie.
Weitere Prädiktoren für die Entwicklung eines Diabetes waren z.B. höheres Alter und vemehrte Nüchtern-Glukose. Die LDL-Werte spielten dagegen keine Rolle. Es könnte also sein, dass die Statine den ohnehin lauernden Diabetes nur frühzeitig „demaskieren“.
Statine: Wiegt der Nutzen das Risiko auf?
Auch die amerikanische Zulassungsbehörde FDA weist auf die erhöhte Diabetesrate hin – ihre Experten glauben aber, dass der Nutzen bei Weitem das Risiko überwiegt. Unklar ist derzeit noch, wie sich das Diabetesrisiko bei einer jahrelangen Statintherapie verhält und welchen Einfluss das auf mikrovaskuläre Komplikationen hat.
Epidemiologische Daten sind eher beruhigend. So sind die Raten für Erblindung und terminale Niereninsuffizienz trotz immer niedrigerer LDL-Zielwerte und weiterer Verbreitung der Statintherapie in den letzten Jahren eher zurückgegangen. Nach Meinung der Expertin sind die neuen Daten kein Grund, von der leitliniengerechten Statintherapie abzurücken bzw. bei einem neu aufgetretenen Diabetes die Statine abzusetzen.
Unter Statintherapie regelmäßig Zucker kontrollieren!
Grundsätzlich sollte man den Patienten aber immer eine Lifestyle-Änderung mit vermehrter Bewegung, gesunder Ernährung und Gewichtskontrolle ans Herz legen. Dies gilt vor allem bei bereits gestörter Glukosetoleranz und metabolischem Syndrom. Außerdem sollte man bei allen Patienten unter Statinen regelmäßig den Glukosestoffwechsel kontrollieren.
* Justification of the Use of Statins in Prevention: an Intervention Trial Evaluating Rosuvastatin Allison B. Goldfine, N Engl J Med 2012; online first