2. März 2012Leitlinie zur Dyslipidämie

Leitlinie Dyslipidämie – Neue Vorgaben für Gefäß-Schutz

Die neue Leitlinie, die beim Kongress der European Society of Cardiology präsentiert wurde, betont, dass die Lipidwerte stets im Zusammenhang mit dem kardiovaskulären Gesamtrisiko zu bewerten sind. Empfohlen wird dafür z.B. die Verwendung der SCORE-(Systematic Coronary Risk Evaluation-)Risiko-Charts der ESC, die im Internet unter www.heartscore.org verfügbar sind, wie der Kardiologe Professor Dr. Ian Graham vom Adelaide Meath Hospital, Dublin, berichtete.

Die Risikoeinteilung umfasst vier Gruppen mit sehr hohem, hohem, moderatem und niedrigem Risiko. Neu ist, dass Patienten mit dokumentierter kardiovaskulärer Erkrankung oder Typ-2-Diabetes oder chronischer Nierenerkrankung per se der Gruppe mit „sehr hohem“ Risiko zugeordnet werden. Bei ihnen erübrigt sich damit eine weitere Risikostratifizierung.

Als „sehr hohes Risiko“ gilt zudem, wenn das Zehn-Jahres-Risiko für ein tödliches kardiovaskuläres Ereignis laut SCORE mindestens 10 % beträgt. Möchte man auch nicht tödliche kardiovaskuläre Ereignisse erfassen, so muss diese Zahl etwa mal drei genommen werden, erläuterte Prof. Graham.

Bei Diabetes mellitus LDL-Cholesterin < 70 mg/dl anstreben

Die Ziele für den wichtigsten Interventionsparameter LDL-Cholesterin richten sich nach dem Gesamtrisiko:

•    Bei sehr hohem Risiko sollten 70 mg/dl oder eine mindes­tens 50%ige LDL-Reduktion erreicht werden.

•    Bei hohem Risiko ist das Ziel ein LDL-Cholesterin von 100 mg/dl.

•    Bei moderatem Risiko liegt das Ziel bei 115 mg/dl, in früheren Leitlinien waren bei Personen mit mittlerem Risiko nur 130 mg/dl angestrebt worden.

Anders als früher stellt ein LDL-Cholesterin unter 70 mg/dl kein „Kann“-Ziel mehr, sondern eine klare Empfehlung dar. Zudem galt dieses niedrige Ziel früher nur für Patienten mit KHK plus Diabetes. Nun reicht eines der drei Kriterien KHK, Diabetes oder Nierenfunktionsstörung allein bereits aus für die Zuordnung zur Hochrisikogruppe. Damit werden Diabetes und chronische Nierenerkrankungen eindeutig als KHK-Äquivalent eingestuft.

Augenmerk bei Dyslipidämie auf das HDL-Cholesterin richten

Neuerungen gibt es auch bei anderen Lipidparametern. So ist das HDL-Cholesterin nun als unabhängiger Risikofaktor aufgewertet worden und die HDL-Messung wird explizit empfohlen, jedoch nur, um das Gesamtrisiko besser beurteilen zu können. Eine Interventionsgrenze oder ein Therapieziel für das HDL-Cholesterin gibt es nicht. Dazu fehlt es an Daten aus Interventionsstudien, die einen positiven Effekt von HDL-erhöhenden Strategien auf klinische Endpunkte zeigen, erläuterte Professor Dr. Marja-Riitta
Taskinen von der Universität Helsinki bei der Leitlinienpräsentation.

Als besonders „lohnenswerte“ Gruppe für eine medikamentöse Intervention bei den Lipidwerten nennen die neuen Leitlinien Menschen im mittleren Lebensalter mit moderatem Risiko. Absolut sei deren kardio­vaskuläres Risiko zwar nicht so hoch, heißt es. Doch relativ trage ein hohes LDL-Cholesterin viel bei – so kann beispielsweise bei Nichtrauchern deren Gesamtrisiko relativ zu Gleichaltrigen bis zum Sechsfachen und bei Rauchern sogar bis zum Zwölffachen steigen.

Gesund essen und viel Sport für gute Blutfettwerte

Viele der Betroffenen werden mit zunehmendem Alter in die Gruppe mit hohem und sehr hohem Risiko rutschen. Die bekannten Maßnahmen zur Lebensstil-Änderung gelten nach wie vor für alle Patienten mit Dyslipidämie.  Als sekundäres Therapieziel ist das Non-HDL-Cholesterin aufgeführt. Es sollte etwa 30 mg/dl über dem entsprechenden LDL-Ziel liegen. Daraus lässt sich ein Triglyzerid-Grenzwert von 150 mg/dl errechnen.

Quelle: ESC-Kongress, 2011, Paris