Kalium entgleist – Ursachen im Überblick
Die zahllosen Ursachen, die den Elektrolythaushalt durcheinanderbringen, geraten bei multimorbiden Patienten oftmals aus dem Blickfeld. Nicht selten bestehen Nierenfunktionsstörungen, die für eine reduzierte Kalium-Exkretion sorgen.
Ebenso können Erkrankungen der Nebenniere via Hyper- oder Hypoaldosteronismus das Natrium-Kalium-Gleichgewicht verändern. Ursache eines massiven Anstiegs des Serumkaliums ist möglicherweise ein Zelluntergang, wie er im Rahmen von Verletzungen, Verbrennungen oder einer Rhabdomyolyse vorkommt. Gleiches gilt für starke Blutzuckerentgleisungen.
Ein Schwerpunkt heißt Ernährungs-Anamnese
Eine sehr wichtige Rolle bei Störungen des Kaliumhaushaltes spielen auch Ernährungsfaktoren, schreibt Pharmazeutin Dr. Iris Hinneburg aus Halle. Probleme treten z.B. auf, wenn eine parenterale Ernährung zu viel oder zu wenig Kalium enthält. Kalium-Mangel-Situationen enstehen im Rahmen einer Anorexia nervosa, bei Malabsorptionssyndromen, als Folge von Alkoholabusus oder bei Magen-Darm-Infekten mit Erbrechen und Durchfall.
Sofern keine schwere Entgleisung vorliegt, bei der eventuell ernste Herzrhythmusstörungen oder Muskellähmungen ins Haus stehen, können Sie Ihre Patienten ambulant behandeln. Bei Hypokaliämie raten Sie dem Betroffenen, kaliumreiche Nahrungsmittel zu sich zu nehmen. Dieser Rat gilt auch präventiv für Patienten, die Arzneimittel mit einem Risiko für Hypokaliämien einnehmen (s. Kasten). Bei leichter Hyperkaliämie empfehlen Sie wiederum eine kaliumarme Kost.
Vorsicht mit Kochsalzersatz und Mineralstoffen!
Viel Kalium liefern bekanntlich Früchte (v.a. Trockenobst), diverse Gemüsesorten, Hülsenfrüchte, Nüsse und Vollkorngetreide. Warnen Sie Ihre Patienten aber, dass beim Kochen etwa von Kartoffeln und Gemüse viel Kalium im Kochwasser landet. Durch Trocknen und Braten bei hohen Temperaturen steigt hingegen die Kaliumkonzentration in den Nahrungsmitteln. Um Ernährungs-Fallen zu umgehen, die für gefährliche Elektrolytentgleisungen sorgen können, müssen Sie Ihren Patienten eine Reihe weiterer wichtiger Informationen an die Hand geben.
So glauben manche Hypertoniker, sich selbst etwas Gutes zu tun, wenn sie Kochsalzersatz verwenden, wissen aber nicht, dass Letzterer meist aus Kaliumsalzen besteht. Beinhaltet die Antihypertensiva-Therapie dann noch ACE-Hemmer oder kaliumsparende Diuretika, kann der Patient leicht in eine Hyperkaliämie rutschen.
Mit Abführmittel zur Hypokaliämie
Auch wenn Patienten mit kardiovaskulären Leiden Sie nach Nährungsergänzungsmitteln mit „gesunden Herzmineralien“ fragen, sollten bei Ihnen die Alarmglocken schrillen: Diese Supplemente enthalten nicht selten Kaliumsalze, die eventuell im Verbund mit Herzinsuffizienz-Medikamenten oder Antihypertensiva eine Kaliumüberschwemmung heraufbeschwören.
Daneben kommen simple sprachliche Missverständnisse als Auslöser einer Hyperkaliämie infrage. Man kennt zum Beispiel Fälle, in denen Patienten beim Apotheker Kaliumpräparate verlangten, aber eigentlich „Kalzium“ meinten, berichtet Dr. Hinneburg.
Umgekehrt kann auch die regelmäßige Frage nach Verstopfung Unheil abwenden: Hinter einer mysteriösen Kaliumverarmung steckt eventuell der chronische Gebrauch von Abführmitteln. Und auch eine Vorliebe für Lakritze ist mitunter die verborgene Ursache einer Hypokaliämie.
Welche Medikamente stören den Kaliumhaushalt?
- Hypokaliämie als Nebenwirkung folgender Arzneistoffe oder -gruppen: z.B. Thiazide, Schleifendiuretika, Glukokortikoide, Betamimetika, Theophyllin, Laxanzien, Insulin
- Hyperkaliämie als Arzneimittelnebenwirkung: z.B. ACE-Hemmer, Sartane, aldosteronantagonistische Diuretika, andere kaliumsparende Diuretika, NSAR, Heparin, Pentamidin, Cotrimoxazol (in hohen Dosen), Ciclosporin A
Quelle: Iris Hinneburg, Pharmazeutische Zeitung; online 2014