EAU 2019: Studie an Pflegekräften – Nachtarbeit fördert Blasenprobleme bei Jüngeren

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Eine italienische Forschungsarbeit, die am EAU19 präsentiert wurde, zeigt, dass Nachtarbeiter häufiger von Blasenhyperaktivität betroffen sind, was zu Abschlägen in der Lebensqualität führt.

600.000 Menschen arbeiten laut einer Erhebung der Statistik Austria aus dem Jahr 2011 in Österreich im Schicht-, Turnus- oder Wechseldienst. Nachtarbeiter arbeiten dabei häufig in weniger qualifizierten manuellen Tätigkeits- oder Dienstleistungsbereichen und führen beispielsweise Tätigkeiten im Sicherheits-, Transport-, Reinigungs- und Wartungsbereich aus. Die Verschiebung der Arbeitszeit in die Nachtstunden kann nicht nur belastend für das Familien- und Sozialleben sein; Nachtarbeiter haben außerdem ein höheres Risiko, an Depressionen, kardiovaskulären Erkrankungen und Krebs zu erkranken.1,2

Am 34. Jahreskongress der EAU (EAU19) wurde nun eine Studie präsentiert, die zeigt, dass Nachtarbeiter häufiger unter Blasenhyperaktivität leiden, durch die sie signifikante Einbußen der Lebensqualität hinnehmen müssen.3 Die Studie wurde an Pflegekräften durchgeführt, die alle unter 50 Jahre alt waren, was dafür spricht, dass diese Erkrankung durch die Nachtarbeit ungewöhnlicherweise bei Jüngeren auftritt.

Die Forscher vom Sant’Andrea Krankenhaus in Rom untersuchten zwischen März und Oktober 2018 136 Angestellte des nationalen öffentlichen Gesundheitswesens, die in Pflegeberufen tätig waren. Die 68 Männer und 68 Frauen waren zwischen 30 und 50 Jahre alt. Sie hatten weder chronische Erkrankungen, noch nahmen sie Medikamente ein. 66 von ihnen arbeiteten in Nachtschichten, die im Durchschnitt elf Stunden dauerten, zusätzlich arbeiteten sie im Schnitt noch 13 Stunden pro Woche tagsüber. Die restlichen 79 Probanden hatten eine klassische Tagesarbeitszeit von sechs bis 14 Uhr und arbeiteten durchschnittlich 9,1 Stunden pro Tag bei einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 46,7 Stunden.

Häufigeres Urinieren und schlechtere Lebensqualität bei Nachtarbeitern

Bei den Probanden wurde mittels des Overactive Bladder Questionnaire (OABq) überprüft, ob sie eine hyperaktive Blase haben. In diesem Fragebogen werden die Häufigkeit des Urinierens bei Tag und Nacht, unabsichtliche Harnabgänge und die psychischem Beeinträchtigung durch einen dieser Punkte abgefragt. Menschen, die in Nachtschichten arbeiteten, erreichten im Durchschnitt eine Gesamtpunkteanzahl von 31 auf dem OABq-Score, während die über Tag arbeitenden Probanden aus der Kontrollgruppe nur auf durchschnittlich 19 Punkte kamen. Sieben Nachtarbeiter berichteten von übermäßig starkem nächtlichem Harndrang, im Vergleich dazu litt in der Gruppe der Tagesarbeiter nur eine Person darunter (10,6 vs. 1,3%; p=0,02).

Zusätzlich wurde die Lebensqualität mittels des European Organisation for the Research and Treatment of Cancer Quality of Life Questionnaire (EORTC QLQ-30) analysiert. Bei dieser Auswertung erreichten Nachtarbeiter eine signifikant schlechtere Lebensqualität, mit Gesamtwerten von 41 versus 31 bei über Tag arbeitenden Personen. Die schlechteren Scores bei den Fragen zur Lebensqualität im OABq-Fragebogen suggerieren außerdem, dass die schlechtere Gesamt-Lebensqualität zum Teil auf die hyperaktive Blase zurückzuführen ist.

Blasenprobleme bei jüngeren Personen besorgniserregend

Erstautor Dr. Cosimo De Nunzio findet besonders eine Tatsache beunruhigend: „Alle Probanden in unserer Gruppe waren unter 50 Jahre alt. Wir erwarten Blasenprobleme normalerweise erst bei Älteren, aber hier haben wir junge Menschen, deren Lebensqualität sich aufgrund der Blasenhyperaktivität offenbar verschlechtert.“ Ob die in der Studie beschriebenen Veränderungen bei Nachtarbeitern etwas mit äußeren Einflüssen wie einer Veränderung des Trinkverhaltens oder des Koffeinkonsums zu tun haben oder ob die Ergebnisse aufgrund von veränderter renaler Harnproduktion zustande kamen, wurde in der Studie nicht untersucht.

Referenzen

1 Wang XS et al.: Shift work and chronic disease: the epidemiological evidence. Occup Med (Lond). 2011 Mar; 61(2): 78–89

2 Øyane NM et al.: Associations between night work and anxiety, depression, insomnia, sleepiness and fatigue in a sample of Norwegian nurses. PLoS One. 2013 Aug 7; 8(8): e70228

3 De Nunzio et al.: Night shift workers have a higher overactive bladder score with an impairment of quality of life: A prospective cohort study. EAU 2019, Abstract 659

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin CliniCum uro&gyn