14. Apr. 2016

Retschitzegger: Die Sinnfrage (II)

„Aber das hat doch keinen Sinn mehr…!“, hören wir von mehr oder weniger alten und/oder kranken Menschen. Direkt am Krankenbett – oder in Medien, wenn schwere Krankheit, hohes Alter oder die letzte Lebensphase thematisiert wird. Wenn Menschen uns die – oft vielleicht rhetorisch klingende, aber existenziell gemeinte – Frage stellen: „Was hat denn das noch für einen Sinn?“, dann bringt uns das an unsere Grenzen. Was darauf sagen? Ja – was für einen Sinn hat „es“ denn wirklich noch…? Sehe ich selbst einen? Kann ich der PatientIn helfen, bei der Suche nach einer Antwort? „Naturgemäß“ – würde Thomas Bernhard sagen – führt uns diese Frage zu mehr Fragen als zu Antworten.

Wie also damit umgehen? Im Glück stellt sich die Sinnfrage nicht. Aber im Leid stellt sie sich. Leid hat keinen Wert – und wenn etwas wertlos ist, dann hat es keinen Sinn. Leid hat etwas Destruktives und (zer)stört oft Lebenspläne. Erst wenn es wieder neue Lebenspläne gibt, kann es trotz Krankheit wieder mehr als nur Leid geben. Jedenfalls können wir zu den PatientInnen sagen: „Sie sind nicht allein mit dieser Frage!“ Die Solidarität des Nicht-Wissens ist zu diesem Zeitpunkt wichtig.

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Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune