19. Juni 2015

Retschitzegger: „Im Delir“

Nein, dieser Kommentar beschäftigt sich nicht mit der aktuellen Koalitionsbildung im Burgenland –aber doch auch mit einem Krankheitsbild, das viel Leid, Aufregung und Einschränkungen mit sich bringt. Bis zu 30 Prozent aller in einem Akutkrankenhaus aufgenommenen älteren PatientInnen entwickeln ein Delir. Somit ist es ein hochrelevantes Syndrom bei dieser Patientengruppe. Ausgelöst werden kann es durch fast jede somatische Erkrankung und durch viele Medikamente. Dieser „akute Verwirrtheitszustand“ wird klinisch zunehmend relevant, weil angesichts der demographischen Entwicklung eine rasch steigende Zahl von älteren Menschen in unseren Krankenhäusern aufgenommen wird. Und gar nicht selten werden mittlerweile Krankenhausträger und AbteilungsleiterInnen mit Vorwürfen und Anzeigen konfrontiert, die mit akut deliranten geriatrischen PatientInnen und Folgekomplikationen in Zusammenhang stehen.

So führt das Delir von PatientInnen häufig zu Vorgangsweisen, die mit meldepflichtigen freiheitsbeschränkenden – oft auch medikamentösen – Maßnahmen einhergehen. Würde man das bereits vorhandene Wissen zum Delir breit prophylaktisch im stationären Setting anwenden, könnte man diese häufige Komplikation des Krankenhaus- und auch Pflegeheimaufenthaltes deutlich reduzieren und oft vermeiden. Die wichtigste Maßnahme gegen das Auftreten eines Delirs ist das frühzeitige und prophylaktische Daran-Denken! So sollten wir nicht überrascht sein, wenn ein hochaltriger Patient, welcher auf eine chirurgische Abteilung zu einem geplanten Eingriff aufgenommen wird, dort – ohne vertraute Begleitpersonen in fremder Umgebung, zusätzlich vielleicht beginnend demenzkrank – nach Aufnahme in der Nacht ein Delir entwickelt und die diensthabende DGKS spontan ihre hohe Krisenkompetenz unter Beweis stellen muss.

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Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune