Das übersehene Melanom

Ein deutsches Oberlandesgericht musste sich in einer aktuellen Entscheidung mit der Frage beschäftigen, ob hinsichtlich eines übersehenen Melanoms ein Diagnosefehler oder lediglich ein Diagnoseirrtum besteht. Im konkreten Fall hatte ein Patient einen Dermatologen wegen einer seit etwa drei Wochen auf der Fingerkuppe des linken Mittelfingers bestehenden, nicht abheilenden pustulösen und verkrusteten Verletzung aufgesucht. Dem Patienten wurden Fingerbäder und Iroxolsalbe verordnet. Nach einer leichten Verbesserung trat der Patient eine zweimonatige Urlaubsreise an.

Nach neuerlicher Konsultation wurde die Diagnose „Abszess“ gestellt und an einen Chirurgen überwiesen. Dieser stellte an der beugeseitigen Kuppe des Mittelfingers einen umfassenden granulomatösen „Tumor“ fest, den er als mögliches Granuloma pyogenicum deutete. Nach einem kurzzeitigen Therapieversuch mit Suprasorb A + Ag wurde eine Probeexzision vorgenommen, die den Nachweis eines ulzerierenden malignen Melanoms ergab. Der Finger musste amputiert werden. Nach einer umfangreichen krebstherapeutischen Behandlung mit Chemo- und Strahlentherapien starb der Patient. Die Ehefrau und Erbin des Patienten warf den behandelnden Ärzten mehrere Behandlungsfehler vor. Das Melanom sei zu spät erkannt worden. Es hätte früher eine Gewebeprobe entnommen werden und früher eine Überweisung an einen Chirurgen erfolgen müssen. Die durchgeführten Behandlungen seien jeweils ungeeignet gewesen. Die Mindesthöhe des begehrten Schmerzensgeldes hat sie mit 100.000 Euro beziffert.

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Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin CliniCum derma